100 Brauchitschdorfer Flurnamen
1944 gesammelt und veröffentlicht von Lehrer Dr. Martin Treblin
Gemeinde Brauchitschdorf














Heimat und Volkstum
Heute und Gestern im Zeitspiegel von Chronik und Überlieferung
Nr. 171 / 101. Jahr - Heimatkundliche Seite des
Lübener Stadtblattes 22./23.7.1944
Hundert Flurnamen in Brauchitschdorf
Das uralte Dorf Brauchitschdorf, im Volksmund "Bräuersdorf" genannt, wird 1259 zu deutschem Rechte ausgesetzt. Damals bestand offenbar nur eine kleine Gutssiedlung Chrustenik (von chrost = Gestrüpp), die der Herzog Boleslaus von Schlesien seinem getreuen Ritter Belislaus zusammen mit 42 großen Hufen im angrenzenden, Thessin genannten, Walde verleiht. Die Flurbezeichnung Thessin, wohl ein Eigenname, bedeutet vielleicht "Besitz des Cich" (von ciech = Rad). Außerdem bekommt der Ritter die Jagd im herzoglichen Walde Gola (von golu = nackt, kahl; Waldblöße, Lichtung, Waldöde, Wald- und Heideland). Durch eine großartige Rodearbeit ward etwas völlig Neues, ein stattliches deutsches Waldhufendorf geschaffen, das in seinem ganzen Aussehen in nichts mehr erinnerte an die winzige frühgeschichtliche Ortschaft Chrustenik. Die ungewöhnlich zahlreichen deutschen Flurbezeichnungen der Gemarkung Brauchitschdorf, die sich bis in die Gegenwart hinein erhalten haben, sprechen ebenfalls für die kerndeutsche Herkunft des Dorfes. Mit Hilfe von Karten und ortskundigen, hilfsbereiten Männern, haben wir folgende Flurnamen ermittelt:
Im Westen der Flur liegen:
1. Der Plenz (Wald). 2. Die Plenzwiese (Waldwiese). 3. Die Brandlinie (Forstweg). 4. Der Brandfleck (Waldstück). 5. Rothkirchswinkel (dreieckiger Acker an der Flurgrenze). 6. Alte Haynauer Straße (führt von Steinau durch Brauchitschdorf nach Haynau). 8. Die große Sorge (schlechter Acker mit massenhaft Ortstein, der früher zur Kotzenauer Hütte gefahren wurde). 9. Die kleine Sorge (Acker mit schlechtem Boden). 10. Die Alten Schanzen, auch Schwedenschanzen (Entstehung umstritten. Nach dem Volksmund von den Schweden angelegt, nach anderen vorgeschichtlich. Wahrscheinlich aber Naturgebilde, aufgelöste Dünen). 11. Am Hasenbrunnen (Quellen). 12. Der Dachsbau. 13. Schmettow-Tanne (zur Erinnerung an den Helden von Mars-la-Tour). 14. Eisenhübel-Teich (Wiese, früher Teich). 15. Der Eisenhübel (Acker, Alte Eisenschmelze?). 16. Der Kalkeberg (Sandiger Wald). 17. Kalkberg (Acker). 18. Das Heidel (Wald). 19. Der Kesselteich. 20. Die Fleischbänke. 21. Kleiner Neugarten (Acker). 22. Großer Neugarten (Acker). 23. Das große Gericht (Acker, früher Wiese). 24. Das kleine Gericht. 25. Die Haula (Acker, Rodeland). 26. Die Fasanerie (Gehölz). 27. Der Roßgarten (Acker). 28. Der Oberteich (Wiese, früher Teich). 29. Das Hünengrab (Kleiner Hügel von (heute) trockenem Graben umzogen, Laubwäldchen, Flurname sicher sehr jung. Grabungen ergaben mittelalterliche Scherben. Wohl kleiner ritterlicher Wohnturm). 30. Der Ziemerberg (Wiese).
Im Norden der Flur:
31. Der Steinweg (Straße nach Liegnitz). 32. Das Eichvorwerk. 33. Eichwald (Abbau). 34. Der Streit-Teich (Wiese, früher Teich). 35. Der Wolfsteich (Wiese, früher Teich). 36. Die obere Scheibe (Acker). 37. Ober-Vorwerk oder Oberhof. (Auf dem westlich anschließenden Felde Fundstelle früheisenzeitlicher Gefäßteile). 38. Der Wall, mundartlich: Das Wahl (früher Wasserburg, Turmhügel, mittelalterlich. Vor
50 Jahren Mauerreste z. T. zu einer künstlichen Ruine mit Tor und Zugbrücke ausgebaut. Mittelalterliche Scherbenfunde). 39. Schloß-Vorwerk. (In der Nordostecke des Hofes, wo sich noch ein Teich befindet, soll ein altes Schloß gelegen haben). 40. Die Mittelscheibe (Acker). 41. An der Wassermühle. 42. Die Kälberwiese. 43. Am Fischteich. 44. Die Mittelwiese. 45. Die Furtwiese. 46. An den Furtwiesen. 47. Das Mühlfeld (Acker). 48. Das Kirchvorwerk. 49. Der Mühlberg (Sandiger Hügel mit Windmühle). 50. Das Trap-Vorwerk (Ehemaliges Vorwerk). 51. Das Lindigt, auch Im Linnig, Linch (Misch- und Nadelwald. Name bedeutet: Lindengehölz. Kunststraße Lüben-Liegnitz durchschneidet an höchster Stelle ein großes Urnenfeld der ausgehenden Bronze- und frühen Eisenzeit). 52. Der Kätel- oder Kadelberg (Sandiger Hügel. Fundort eines jungsteinzeitlichen bearbeiteten kleinen Feuersteins und vieler früheisenzeitlicher Scherben. Wohl alte Siedlungsstelle). 53. Der Galgenberg (Sandiger Hügel. Hier soll der Galgen gestanden haben). 54. Lindigtwiesen (mundartlich: Linchwiesen, jetzt auch Ziegelwiesen genannt nach einer verfallenen Ziegelei; hier soll das Alte Dorf, der Vorläufer von Brauchitschdorf gestanden haben). Für eine Wüstung sprechen auch Flureinteilung und 55. Der Born in den Linchwiesen. (Nie zufrierender Born. Nahebei Fundort einer Diabassteinart der jüngeren Steinzeit). 56. Die Ischerei. Mundartlich: Die Aischer (Wald an der Flurgrenze).

Im Osten der Flur:
57. Das schmale Stück (Acker). 58. Das Bauernstück (Acker). 59. Dreizipfel über der Bahn (Acker). 60. Das Gräfinstück (Acker). 61. Das Grenzstück (Acker an der Grenze). 62. Das Friedrichstück (Acker). 63. Der Dreizipfel vor der Bahn (Acker). 64. Das große Bauernstück (Acker). 65. Die goldene Hube. (Unfruchtbarer, dürrer Acker, also Spottname). 66. Das kleine Bauernstück (Acker). 67. Hinter der Weiche (Acker). 68. Der Goldfischteich. (Hat nie Goldfische gesehen. Wohl Spottname). 69. Petschkendorfer Winkel 2 (Wald und Acker). 70. Die Wacholdertraube (Wald, nach einem Wacholderbaum genannt). 71. Petschkendorfer Winkel 1 (Waldstück. Gehörte wohl zur Flur eines auf Ossiger Gebiet gelegenen untergegangenen Dorfes).

Im Süden der Flur:
72. Der Wilhelmsschlag (Waldstück). 73. Der Schulbusch (Wald). 74. Der Schützke (Wald). 75. Der Gemeindebrunnen (Born). 76. Der Brehmwinkel (Waldstück). 77. Der Gaurockwinkel (Wald an der Grenze). 78. Hinter der Seeremise. 79. Die Kaltwasserspitze. (Dreieckiges Ackerstück). 80. Der Juckswinkel, heute Guckswinkel. (Waldstück). 81. Die Juckswinkelwiese. (Waldwiese). 82. Die Vespereiche. 83. Rotenburgshau. (Waldstück). 84. Der Kreuzhau. (Waldstück). 85. Die Suhle. (Waldstück). In der Mitte der Flur: 86. Torfwiesen im Juckswinkel. (Torfstich). 87. Tietzeberg. (Acker). 88. Der Finster- oder Dunkelgang. (Weg). 89. Der Schöneich-Fußsteig. 90. Der Sandberg. (Acker). 91. Hinterkleiner. (Feld). 92. Pohl- oder Schloßallee. 93. Vor der Seeremise. (Seeremise ist ein Graben). 94. Der Schreibersee. (Acker, früher Teich). 95. bis 97. Vor dem Paradies, Das Paradies, Hinter dem Paradies. (P. ist ein Wäldchen).

Dr. Martin Treblin