Meine Vorfahren aus Brodelwitz
Meine Oma Erika Fechner wurde 1916 in Brodelwitz als erste Tochter des Bauern Heinrich Menzel (1886-Februar 1945) und dessen Frau Ida Menzel geb. Weber (1885-1934) geboren. Fünf Jahre später kam ihre Schwester Asta zur Welt. Außerdem lebte bis Ende der 1920er Jahre eine Oma mit auf dem Hof.
Heinrich Menzel hatte noch zwei Schwestern: Berta (verh. Rabe oder Raabe) und Anna (verh. Leuschner). Berta wohnte mit ihrem Mann in Kotzenau und soll "gut" geheiratet und die Menzel-Mädchen bei ihren Besuchen immer reich beschenkt haben. Sie selbst war kinderlos. Anna Leuschner wohnte in Töschwitz.
Die beiden Mädchen Erika und Asta wuchsen in einem Elternhaus auf, das von anstrengender Arbeit und bescheidenem Wohlstand, aber auch der Schönheit der Landschaft und den damit verbundenen Freiheiten geprägt war.
Viel zu früh, bereits 1934, verstarb Mutter Ida, was wohl vor allem für Asta ein Ende ihrer Kindheit und viel Arbeit im Haus und auf dem Feld bedeutete.
1938 heiratete Erika Menzel in der evangelischen Kirche zu Alt-Raudten einen gewissen Ewald Fechner. Die Geburtsurkunde des Bräutigams sagt aus, dass er aus Essen stammte und sein Vater Karl Wilhelm Fabrikarbeiter war. Er wird in Annekatrin Thomas' Buch "Erinnerungen an Dorf und Gut Brodelwitz" als Jungbauer bezeichnet. Wie mag er nach Brodelwitz gekommen sein?
1938 wird der gemeinsame Sohn Hartmut geboren, 1940 dann mein Vater Ewald. Auf den Taufscheinen der beiden Jungen werden für Hartmut als Paten folgende Personen genannt: Asta Menzel (Brodelwitz, Erikas Schwester), Anna Fechner (Töschwitz), Berta Rabe (Kotzenau, Schwester von Heinrich Menzel). Als Ewalds Paten werden auf seinem Taufschein genannt: Emma Förster (Töschwitz), Anna Fechner (Töschwitz), Selma Scholz (Glogau).
Es muss also in Töschwitz eine Familie Fechner gegeben haben. Ein altes Foto zeigt Ewald Fechner senior zusammen mit einem Jungen in einem Vorgarten. Auf der Rückseite steht "Töschwitz" und "Helmut". Hatte Ewald Fechner einen Bruder?
Kann jemand Näheres dazu berichten?
Asta Menzel heiratete im März 1941 im Standesamt zu Raudten Herrn Erich Birgel. Dieser war von 1935 bis 1940 als selbstständiger Inspektor bei Herrn Teichmann in Brodelwitz tätig. In dieser Zeit lernten sich die beiden wahrscheinlich kennen und lieben. Im gleichen Jahr wurde Erichs und Astas Tochter geboren.
In das Leben der jungen Familien brach der Krieg mit aller Härte ein. Ewald Fechner blieb für seine Söhne nahezu ein Unbekannter. Bei der Feldarbeit mussten in den Kriegsjahren französische Kriegsgefangene helfen. Mein Vater, Ewald Fechner jun., erinnert sich, dass einer von ihnen für ihn wie ein Ersatz-Vater war. Erst 1967 sollte Erika erfahren, dass ihr Mann bereits 1945 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gestorben war.
Die beiden Schwestern flohen Ende Januar 1945 gemeinsam mit den Kindern und den Tanten Anna und Berta Richtung Westen. Heinrich Menzel war noch im Januar 1945 zum Volkssturm einberufen worden und wird seitdem vermisst. Er soll bei Kämpfen in Parchwitz ums Leben gekommen sein.
Asta und Erika lebten nach der Flucht aus Schlesien in unterschiedlichen Teilen Deutschlands. Getrennt durch die innerdeutsche Grenze und die damit verbundenen Restriktionen, lernten sich beide Familien nie kennen.
Mein besonderer Dank gilt der Gestalterin dieser Website Heidi T., ohne die ich wohl nie auf den Dorfplan von Brodelwitz gestoßen wäre, der für mich zum Auslöser meiner Nachforschungen wurde. Außerdem danke ich dem gebürtigen Brodelwitzer, Herrn Ernst Gehlich, dessen Erinnerungen und wertvollen Reisetipps ich viel zu verdanken habe!
Jana Härtel
Ergänzungen aus dem Jahr 2018