Kotzenauer Wappen
Aus "Zeitgeschichte der Städte Schlesiens" von Fischer und Stuckart, 1819
Kotzenau



















Zeitgeschichte
der
Städte Schlesiens
mit
Abbildungen
herausgegeben
von
Dr. Christian Friedrich Emanuel Fischer
und
Carl Friedrich Stuckart
Band I - III
Schweidnitz
bei Carl Friedrich Stuckart
1819


Abschnitt Lüben
Abschnitt Raudten





Kotzenau

Ein sehr alter Marktflecken, der, wenn aber
ist unbekannt, dazu gemacht worden ist, und
itzt 61 Häuser enthält, bewohnt von 160 See-
len.
1348 war Besitzer Peter Busewoy.
1390 Rampold von Bronau. (Braunau.)
1412 Herzog Ludwig II. von Brieg, wel-
cher am 11. Nov. d. J. dem Heinrich v. Al-
zenau das Jagdrecht in dasiger Heide schrift-
lich zusagte.
1444 belehnte damit die Herzogin Elisa-
beth zu Brieg die Gebrüder Christoph und
Nikolaus von Dornheim. Einer aus dieser
Familie erbaute
1487 zu Kotzenau eine Kapelle, worinne





der Priester aus Seebnitz wöchentlich Messe
las. Im Anfange des 16. Jahrhundert ließ
Friedrich v. Nostiz darinne einen Schwenkfel-
der predigen.
1596 aber bestellte der Grundherr Aßmann
v. Nostitz den Kaspar Graumann aus Weißen-
fels in Thüringen zum evangelischen Prediger
und schuf jene Kapelle in eine Kirche um. Ein-
gepfarrt wurden die Dörfer Persel, Neuham-
mer und Birgfleck.
1634-1649 war Kotzenau im Laufe
des dreißigjährigen Kriegs so verwüstet wor-
den, daß es in Schutt und Asche lag und 15
Jahre lang öde stand. Nun aber fanden sich
wieder Menschen herbei und




1654 wohnten bereits 57 Wirthe im Flek-
ken, der einem Wolf Alexander von Stosch ge-
hörte. Joachim Kutsche erhielt das evangel.
Predigeramt.
1746 d. 30. Oct. brannte ganz Kotzenau
nebst Kirche und Pfarrhaus ab. Durch die
Bemühung des Pastor Christ Gottlieb Voigt,
der in ganz Schlesien Beiträge sammelte, stand
schon
1747 die Kirche zum Gottesdienste wie-
der fertig.
Von den Schicksalen des Flecken im sie-
benjährigen Kriege, so wie im ersten französi-
schen 1806 fehlen mir Nachrichten; allein desto
ausführlicher hat sie der dasige Prediger
Henke von
1813 mitgetheilt. Am 25. Mai erfolgte
in der Kirche die feierliche Einsegnung des 3.
Landwehrregiments unter Befehl des Kotzenauer
Grundherrn Grafen von Dohna. von der
aus der Bautzner Schlacht sich zurückziehenden
Armee der Verbündeten ging viel Fuhrwerk
durch nach Liegnitz und Breslau.
Den 27. Mai Nachts erschienen 4 Fran-
zosen und forderten Lebensmittel für die Trup-
pen bei Hainau.
Den 29. Mai kam ein Offizier mit ei-
nem Trupp Chasseurs aufs Schloß und begehrte
einen Bothen nach Primkenau. Ohnerachtet
dieser Mann, den man nebst seinen Leuten
speiste, äußerst ruhmredig von seinem Kaiser
und verächtlich von Friedrich Wilhelm sprach,
betrug er sich doch menschenfreundlich und ge-
stattete seinen Soldaten keine Gewaltthätig-
keit.
Den 30. Mai plünderten 6 Franzosen
die bei dem Hammervorwerk gelegene Mühle.
Das Geschrei darüber verbreitete Angst und
Schrecken im Flecken, und alle Zuhörer liefen
eiligst aus der Kirche. Der Müller, auf den
die Feinde geschossen hatten, war entsprungen.






Er verlor Wagen und Pferde, sammt allem,
was seine Wohnstube enthalten hatte, Geld
und Linnenzeug. - Nachmittags kamen nach
und nach mehr als 20 feindliche Streifpar-
thien, erhielten auf dem Schlosse Beköstigung
und entfernten sich besänftiget und befriediget
durch den Justizverweser Albinus, welcher stets
den Offizier durch den Ort begleitete und so
das Plündern einzelner verhütete. Nach An-
fang des Waffenstillstandes,
den 8. Juny wurden 2 Schwadronen Kü-
rassiere in den Flecken gelegt. Unverschämte
Gäste! Hohn und Prügel begleiteten ihre über-
triebenen Forderungen. Sie zogen Tages da-
rauf ab und nahmen vom herrschaftlichen Hofe
noch 20 Rinder und etliche Schafe mit.
Den 10. Juny quartierten sich 30 Mann
Mariniers ein, deren Sergeant in seinem Be-
tragen ganz den Feind vergessen ließ, so daß
die Einwohner seinen Abmarsch nach 14 Tagen
ordentlich bedauerten. Zumal da ihm ein Kom-
mando von 10 Mann badenscher Dragoner
folgte, welche such äußerst grob betrugen, auf
dem Schlosse verschlossene Zimmer, Kisten und
Schränke gewaltsam erbrachen, was ihnen be-
liebte nahmen, ja sogar im Garten die Sta-
tuen verstümmelten. Zum Glück rückte gegen
Ende des Juny eine Kompagnie reitender Ar-
tillerie nebst 3 Offizieren und einem Haupt-
mann Namens Ducros ein und verdrängte
jene Unholde. Der Hauptmann hielt während
seines Aufenthaltes von 7 Wochen die strengste
Mannszucht, forderte nicht mehr als die un-
entbehrlichsten Bedürfnisse und Kotzenau genoß
Ruhe, als in der Nachbarschaft die Franzosen
nach ihrer Weise hauseten, und allen erdenkli-
chen Unfug verübten, wozu freilich der Mar-
schall Marmont selbst das schlechteste Beispiel
gab. Er wohnte in dem Schlosse des Herrn
v. Bißing zu Thomaswaldau, kam
den 5. Aug. unvermuthet in Begleitung





von mehr als 100 Personen nach Kotzenau
und jagten im Thiergarten zwei Tage lang
schonungslos. Mehr als 80 der schönsten Hir-
sche wurden erlegt und zum Behuf des Napo-
leonfestes fortgefahren. Überdies ließ er sich
und sein Offizierspersonal auf Kosten der Herr-
schaft herrlich bewirthen und seine Soldaten
und Bedienten plagten in dieser Rücksicht die
Bürger, ihre Wirthe. Gleich darauf kamen
französische Kommissare, trieben die aufgeleg-
ten Kriegssteuern ein, zeichneten die Bestände
auf und sogar gemeine Soldaten mußten dre-
schen helfen um Getreide nach Lüben und Lieg-
nitz abführen zu können, wohin auch mehreres
Schlachtvieh geliefert werden mußte.
Den 15. Aug. Morgens zog die stehende
Einquartierung ab und nun begannen mit al-
len Greueln des Kriegselendes die Durchzüge
feindlicher Truppen. Die erste Abtheilung kam
von Polkwitz, sammelte sich bei dem Flecken
und während solches geschah fielen einzelne Sol-
daten in die Häuser und plünderten oder miß-
handelten die Bewohner. Außerhalb Kotzenau
hatte sich Artillerie gelagert und machte Mit-
tag. Man holte Koch- und Tischgeschirr aus
den Häusern, raubte nebenbei Lebensmittel,
weidete die Haferfelder ab und wühlte Kar-
toffeln aus. Aus den Scheunen und von den
Heuböden wurden ebenfalls die Vorräthe ins
Wachelager geschleppt und wie gewöhnlich mehr
verdorben als verbraucht.
Bald nachher folgte wieder Fußvolk, des-
sen Anführer unter Brand- und Plünderungs-
Bedrohung, Brot, Fleisch, Branntwein und
Pferdefutter forderte. Vergebens stellte man
ihm die Unmöglichkeit dieser Lieferung vor,
er machte Anstalt seine Drohung zu verwirkli-
chen. Nun sahen die Einwohner sich genöti-
get, den Rest ihrer Lebensmittel herzugeben.
Kaum hatten sich diese Menschen Abends 7 Uhr
entfernt, so erschienen um 10 Uhr wieder 800




Mann Fußvolk und quälten wie jene um Un-
terhalt. Man bat um etliche Stunden Geduld,
um von den benachbarten Dörfern Mundvor-
rath herbeizuholen; allein unterdessen brachen
die Soldaten in die Häuser, plünderten meh-
rere rein aus und nahmen beym Abzuge um
Mitternacht vom herrschaftlichen Hofe noch viel
Rinder und Schafe mit. Noch schrecklicher
ging es
den 16. August, wo unter General Se-
bastiani 15000 Mann Reiterey in und um
den Flecken lagen. Es regnete stark und des-
halb suchten Offiziere und Gemeine, so viel es
sich thun ließ, in den Häusern unterzukommen,
für die Wirthe eine abscheuliche Lage. Seba-
stiani hatte befohlen, daß jeder seiner Mann-
schaft sich selbst Beköstigung verschaffen solle
und nun ging das Elend an. In kurzer Zeit
waren Ställe, Kammern und Böden erbrochen,
den größten Theil des Federviehs schleppten
die Wütheriche fort und nebenbei auch Wäsche
und was ihnen sonst anstand. Aus den Korn-
garben wurden Hütten errichtet, Gartenzäune
und Planken abgebrochen, und gleich Thüren,
Tischen, Stühlen usw. im Lager verbrannt.
Eine Leiche warf man aus dem Sarge, weil
man darinne verborgenes Geld vermuthete. Noch
mehr, ein vornehmer Offizier, den selbst die
Soldaten nicht kannten oder kennen wollten,
der aber ein Großer seyn mochte, weil nicht
nur alles von seinem Befehl abhing, sondern
auch Sebastiani, so wie die übrigen Offiziere
ihm mit größter Ehrfurcht begegneten - sah
ruhig zu, als die Soldaten seines Wirths
Kramladen ausräumten, von dem er vorher un-
gestüm Wein zum waschen gefordert hatte, und
übergab endlich einen kupfernen Kochtopf vom
Herde diesen Plünderern eigenhändig, densel-
ben mit anzupacken.
Nur wenige Generäle dachten menschlicher
und steuerten dem Unfug ihrer Leute. Am


mehresten hatten die guten Einwohner vor ei-
ner Brandstiftung sich zu fürchten, da überall,
selbst an den gefährlichsten Stellen Wachfeuer


loderten. Doch Gott schützte sie und den 17.
Aug. verließ der Feind diese Gegend für immer.