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Kotzenau [1939]
Stadt, Kreis Lüben, 24 km, Postamt Kotzenau, mit Ortsteil Raupenau,
5255 Einwohner, 1402 Haushalte, Flurgröße 1122 ha, 10 Ratsherren, hauptamtlicher Bürgermeister Hawranke, Fernsprecher 8 und 80,
Landratsamt, Finanzamt, Amtsgericht, Versicherungsamt, Landkrankenkasse, AOK Lüben / Regierungsbezirk, Landgericht, Arbeitsgericht, Versorgungsamt Liegnitz / Arbeitsamt Liegnitz, Nebenstelle Lüben / Standesamt, Schulgemeinde Kotzenau / nächster Personen- und Güterbahnhof Kotzenau 0,5 km / nächste Kraftposthaltestelle Kotzenau
Vorhanden: Gas-, Elektrisches Stromverteilungsnetz, Wasserleitung, Volksschule, Kanalwerk, NN 148-596 m
Raupenau [1939]
Ortsteil, Gemeinde Kotzenau, Kreis Lüben, Postamt Kotzenau, nächster Personen-/Güterbahnhof Dohna 1 km nächste Kraftposthaltestelle Kotzenau 3 km
aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939
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Kotzenau [1913]
Stadt (mit Ziegelei 1 km): Kreis Amtsgericht Lüben 24 km; Post Eisenbahnstation Amtsbezirk Standesamtsbezirk evangelisches Kirchspiel katholisches Kirchspiel Kotzenau (Kreis Lüben, Schlesien); 4243 Einwohner
Raupenau [1913]
Kolonie und Vorwerk [Rittergut Klein Kotzenau]: Kreis Lüben 23 km; Post Kotzenau (Kreis Lüben, Schlesien) 4 km; Eisenbahnstation Dohna (Schlesien) 1 km; [88 Einwohner]
aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913 |
Gasthof zur Erholung mit Garten in Raupenau bei Kotzenau
Kotzenau in Nachschlagewerken von 1789 und 1845
Raupenau im Nachschlagewerk von 1845
Birkfleck in Nachschlagewerken von 1789 und 1845, zeitweise gehörte Birkfleck zum Kreis Goldberg-Haynau. |
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Raupenau
1913 - Gasthaus zur Erholung mit Garten. Raupenau in Schlesien wird der spätere Ortsteil von Kotzenau hier noch genannt!
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Kotzenau
Kotzenau, in der Niederschlesischen Heide gelegen, war ringsum von Wald umgeben, der so nahe kam, daß er stellenweise fast zum Fenster hereinschaute. Die Straßen der Stadt waren gepflastert, die Häuser gut gebaut und gepflegt. Sie gaben in ihrer Vielfalt dennoch ein einheitliches Bild. Kanalisation, Wasserleitung, Gas und elektrisches Licht fand man in jedem Hause. Selten stand eine solche Kleinstadt im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts so da wie unser Kotzenau. Dieser Aufschwung war der Industrie, der Marienhütte, zu verdanken. Die nicht unwesentlichen Einnahmen flossen der Stadt zu, wodurch eben manche besondere Gestaltung und Erhaltung bestritten werden konnte. Die Folge davon war, daß auch Handel und Gewerbe eine gewisse Blüte erreichten, und so auch kulturelle Werte geschaffen werden konnten.
Marktplatz mit evangelischer Kirche in Kotzenau. Mit einem herzlichen Dank an Max Michael Viol.
In dem erbauten Vereinshaus konnten die verschiedensten Veranstaltungen durchgeführt werden, so daß den Kotzenauern nach einem arbeitsreichen Tage Gelegenheit geboten wurde, Stunden der Freude, je nach seiner Einstellung, zu genießen. Es wurde auch versucht, den Anschluß an die Außenwelt (nicht nur durch Schaffung von guten Straßen) zu behalten und zu erweitern. Und hier war wieder die Industrie bahnbrechend. Da es nicht gelang, die Bahnstrecke von Liegnitz über Kotzenau, Primkenau nach Sagan und weiter genehmigt zu erhalten, wurde die Nebenstrecke Reisicht - Waltersdorf durch Kotzenau geführt. Dadurch erhielt die Stadt eine gute Verbindung mit der Bezirksstadt Liegnitz. Später erhielt Kotzenau durch die Kleinbahnstrecke Lüben - Kotzenau noch eine weitere Verbindung, die besonders für das landwirtschaftliche Gebiet von großer Bedeutung war. So wurde auch hier die schnelle Erreichung der Kreisstadt Lüben ermöglicht.
Die Marienhütte als größtes Industrieunternehmen beschäftigte ca. 1200 Arbeiter und fertigte in der Hauptsache das beliebte Mariengeschirr an. Durch die schweren wirtschaftlichen Verhältnisse mußte 1930 auch dieses Unternehmen schließen. 1933/34 wurde die Arbeit in einigen der großen Hallen wieder aufgenommen. Die Fa. Wagner & Co. aus Warmbrunn nahm die Produktion von Papierglättzylindern auf. In den übrigen Hallen fertigte Fa. Schrottke aus Haynau Lastwagenanhänger.
Darüber hinaus besaß Kotzenau eine Armaturen- und Metallwarenfabrik, mehrere Maschinenfabriken, zwei Sägewerke, eine moderne Ziegelei, Gas- und Wasserwerk, eine Buchdruckerei, in der das "Kotzenauer Stadtblatt" erschien, eine Sandbahn für Motorrad-Rennen, eine Badeanstalt, ein Hotel, viele Gaststätten.
Das Schloß mit seinem 56 m hohen Turm, seinen schön gegliederten Fronten und seinem wundervollen Park wurde in der ersten Hälfte des 18. Jhs. unter Herrschaft des Grafen von Reder begonnen. Zu der Zeit bestand Kotzenau aus drei Gemeinden, die dem Grafen unterstanden, verwaltungsmäßig jedoch getrennt waren: Marktflecken Kotzenau, Dorf Kleinkotzenau und Gut Kleinkotzenau. So konnte es passieren, daß sich ein Einwohner, der ins Nachbarhaus zog, regelrecht ummelden mußte. Dieser Zustand blieb bis zum Jahr 1885. Erst da wurden die drei Gemeinden zur Stadt Kotzenau zusammengelegt. Das Schloß und die Wirtschaftsgebäude sind sogar erst 1933 zu Kotzenau eingemeindet worden.
aus verschiedenen Ausgaben des LHB zwischen 1952 und 1954 von Lehrer i. R. Willy Metze
Im Vordergrund Schloss und Gut "Gräfl. zu Dohna'sche Verwaltung", im Hintergrund Marktplatz mit evangelischer Kirche. Dank an M. M. Viol!
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Mein Traum von Kotzenau
Ich war in Kotzenau, alles war wie in früheren Jahren. Frühzeitig erwacht, blickte ich zum Fenster hinaus, ein echter Wintermorgen, die Schneeflocken trieben ihr lustiges Spiel. Mir wurde plötzlich zu eng in meinen vier Wänden, ich mußte hinaus! Ich ging bis zur Tankstelle, um den altgewohnten Rundblick zu genießen. Zur Rechten thronte die alte Windmühle majestätisch auf ihrem Hügel, in stummer Sprache berichtete sie von den vielen Jahrzehnten, die sie nur schon allen Witterungseinflüssen getrotzt hatte. Mein Blick ging die Chaussee entlang nach Groß-Kotzenau, bis auf die Höhe mit dem Waldstück, dann nach links über die Randsiedlung, die hohen Siedlungshäuser bis hinunter zum baumbestandenen Bahnhofsgarten. Aus dem Hintergrunde grüßte "Amerika" herüber und dahinter der Wald. Mit langsamen Schritten ging ich der Stadt zu. Alle Nachbarhäuser lagen in tiefem Schlaf, kein Hammerschlag in Nerlichs Maschinenfabrik, keine Malerleitern in Dorzok's Einfahrt, bei Seitzt scharrten die Pferde im Stall, beim Tierarzt führte eine Autospur im Schnee zur Garage. Dann tauchte die freundliche Fassade des "Reichspräsidenten" im Vordergrunde auf. Bei Schreibers krähte der Hahn.
Ich ging an der Pfarrgartenmauer entlang, da begannen die Glocken der katholischen Kirche mit hellem Klang zu läuten. Links lag Gehlichs kleines Fachwerkhäuschen in die Straßenecke gedrückt, aus dem Schaufenster von Liersch nickten mir einige Rodelschlitten traurig zu, weil sie zum Weihnachtsfest keine Verwendung gefunden hatten. Ich las: Alfred Hermann, Schmiedemeister, und blieb dann an der Kreuzung der Bahnhofstraße am "Grauen Elend" stehen, der Blick ging nach rechts die Straße hinunter bis zum Bahnhof. Überall diese kleinstädtische, wohltuende Ruhe. Aus dem Schornstein von Raasch kam heute keine Rauchsäule. Dann ging der Blick geradeaus die Glogauer Straße. Zuerst kam die hohe Formerei der Marienhütte ins Blickfeld, rechts das Gaswerk und dahinter der Hammerwald, dessen dunkles Grün von dem hohen Ziegelschornstein überragt wird.
Kotzenau-Sand
Ich gehe links über die Straße auf den Marktplatz zu, rechts der "Preußische Adler" und da - bei Rohleders Ladentür der erste Mensch! Meister Rohleder persönlich. Er hatte am 1. Januar Geburtstag, und das war immer Anlaß zu einer langausgedehnten Feier der alten Krieger von 1914-18 bei Reinsch-Heinrich. Ich entledigte mich kurz meiner Geburtstags- und Neujahrswünsche und setzte meine Wanderung fort. Aus Wieses Gartenecke grüßte der Zwerg, in Hartliebs Stall brummte eine Kuh. Dann kam der massive Komplex von Manegold, die Kohlenberge in Kröhls Hofe, nun schnell noch einen Sprung in Reinkes Vorgarten und ans Fenster geklopft. Im Bäckerladen dahinter lockten eine Bismarckeiche und einige Mohrenköpfe, mein Sinn aber ging in anderer Richtung. An der Marktecke stieß ich unerwartet mit dem Bildhauer Hönsch zusammen, auch hier ein kurzer Händedruck.
Und dann nahm ich den Anblick unseres Marktplatzes auf. Ich habe immer die Überzeugung gehabt, daß Kotzenau von allen Kleinstädten des Umkreises den schönsten Marktplatz hatte. Ich grüße alle die bekannten Häuserfassaden. Mit jeder von ihnen war ich in irgendeiner Art durch eine Erinnerung verbunden. Bei Lattuch hatte ich oft mein Motorrad getankt, bei Barthel so manche Fuhre Fichtengrün abgeladen, fast alle Häuser mit Kohlen beliefert, bei Löwe, Reinsch und Tschierske gab es so manche feuchtfröhliche Sitzung, denn bei Tschierske war ja auch der "Zentralviehhof" von Kotzenau und außerdem gab's dort den guten Korn. Bei Gasde vermißte ich den Meister mit der Zigarette in der Hand in der Haustür stehend. Beim Betrachten der Auslagen unseres redseligen Rischer-Franz erinnerte ich mich, daß Kindler-Alfons im Krieg geblieben war, ebenso wie mein lieber Kamerad Richard Schmidt, der Besitzer vom Hotel Schneider. Bei Stumpe hatte ich wohl noch ein paar Geschirrteile zur Reparatur und bei Dittrich hätte ich mir gern eine gute Morgenzigarre geholt. In Menzels Schaufenster lagen, wie immer, die Qualitätshosen und das Café erinnerte an die damals in Mode gekommenen "Grünberger Weinfeste".
Kaiserliches Postamt Kotzenau im Jahr 1909. Mit einem herzlichen Dank an Reinhard Fitzner!
Schloßaue mit Postamt Kotzenau
Schloßaue mit Postamt Kotzenau
Dann wanderte der Blick die Hindenburgstraße hinunter, über die Straße und vor der Buchdruckerei gedachte ich unseres Blattmannes Rudolf Jäckel als Protektor der so bekannt gewordenen Kotzenauer Sandbahnrennen, die oft 20.000-30.000 Besucher in unser Städtchen gelockt hatten. Vor dem Laden meines alten Freundes Wilhelm Grosser wollte ich die Hand auf den Türdrücker legen, aber es war ja noch so früh am Morgen. Bei Renner hatte ich oft meine Pferde durch den Hausflur geführt. Jetzt ging ich schräg über den Marktplatz, an der evangelischen Kirche vorbei, die Haynauer Straße hinunter. Neben dem Eisengeschäft des weitgereisten Conrad steht das altehrwürdige Kaufhaus Krause mit seinen großen Schaufenstern. Rechts wohnt der Skatbruder Woite, dann kommt links die Brauerei von Gamke, dann das imposante Gebäude von Henschels Drogerie, dahinter die Maschinenfabrik von Raykowski. Mit der Weinknechtschmiede, links an der Ecke, verbanden mich besonders viele Erinnerungen. Ich bog links ein und ging die Haynauer Straße weiter am Parkzaun entlang. Da war die kleine Post, rechts über der Straße, daneben das große Gebäude des Gräfl. Rentamtes. Am Ende des Zaunes bog ich nach links und stand vor dem wuchtigen Schlosse des Burggrafen zu Dohna. Meine Wanderung ging dann durch den Park an den Feldscheunen vorbei und durch den hinteren Eingang betrat ich mein Anwesen.
Ich warf die Tür etwas unsanft zu, das Geräusch erschreckte mich und ich war wieder da, wo ich in Wirklichkeit war. Das Ganze war ein schöner Traum gewesen, in allen Einzelheiten so klar und lebenswahr, daß ich lange Zeit brauchte, bis ich mich wieder in die Gegenwart zurückfand. Und Ihr, Ihr lieben Landsleute, seid nun mit mir durch unser liebes Heidestädtchen gewandert.
Bernhard Hilscher, Kaufmann in Kotzenau, in LHB 2/1954
Gesamtansicht Kotzenau 1943
Gesamtansicht Kotzenau 1925 |
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