Die Kleinbahn Lüben-Kotzenau
Kreis Lüben














Die Kleinbahnstrecke Kotzenau-Lüben

Die Kleinbahnstrecke Kotzenau-Lüben hatte folgende Haltestellen:
Kotzenau - Der Winkel - Groß Kotzenau (Bahnhof Charlottenthal) - Seebnitz - Braunau - Niedergläsersdorf - Obergläsersdorf - Mittel-Oberau - Ober-Oberau - Lüben

Die Kleinbahn Lüben-Kotzenau

Der Kreis Lüben besaß 5 normalspurige Eisenbahnstrecken. Über eine davon, die Kotzenauer Kleinbahn, die den Kreis in Ost-West-Richtung durchquerte, möchte ich einige Erinnerungen aufschreiben. Die Kleinbahn Lüben-Kotzenau hatte im Lübener Bahnhof einen eigenen Bahnsteig, der von den beiden anderen durch einen Eisenzaun mit einem Tor abgetrennt war; aus Sicherheitsgründen, denn es gab keine Unterführung, das Liegnitzer Gleis mußte ebenerdig überquert werden. Wenn ich mich recht entsinne, war die Lokomotive eine Preußische T3.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in der Zeit von 1919 - 1945 nur einen einzigen Lokomotivführer gab, wie in dem unten veröffentlichten Artikel vermutet wird. Denn dieser konnte doch krank werden und hatte auch Urlaub. Für diese Zeiten war Ersatz nötig. Möglicherweise hatte der Heizer die Befähigung zum Führen der Lokomotive. Zum Zugpersonal muß auch der Schaffner Gutsche gerechnet werden, an dessen Namen ich mich besonders wegen eines Vorfalls zu Beginn des Krieges erinnere. Einige Fahrschülerinnen hatten mit Kreide ein Gesicht mit Eselsohren auf eine Seite des Personenwagens gemalt und "Schaffner Gutsche" dazu geschrieben, was diesen ziemlich erboste. Der Lack des Wagens war schon so rissig, daß das "Gemälde" nicht abzuwaschen war. Das Stück mußte also neu lackiert werden, alle Mädchen - auch meine beiden Schwestern - mußten anteilig zahlen, was bei den Eltern heftigen Ärger auslöste.

Eine Besonderheit des Kleinbahnzuges war das Fehlen einer Luftdruckbremse, als Ersatz diente eine sogenannte Heberlein-Bremse. Vom Packwagen aus ging über das Dach ein Seilzug zum Personenwagen, mit dem die Bremse betätigt wurde. Die Strecke war zwar weitgehend eben, doch zwischen Lüben und Obergläsersdorf gab es nicht unerhebliche Steigungen und Gefälle.

Zu meiner Zeit sah der typische Frühzug nach Lüben wie folgt aus: hinter der Lokomotive liefen - soweit vorhanden - Güterwagen, dann kam der einzige Personenwagen und schließlich der Packwagen. Gelegentlich wurde in Obergläsersdorf rangiert, um die Reihenfolge der Güterwagen zu ändern. Dazu zog die Lokomotive die Güterwagen ein Stück weit in die gleich jenseits des Bahnhofs einsetzende Steigung und ließ sie entweder in das Gütergleis oder das Hauptgleis rollen. Danach wurde der Zug wieder in der geänderten Reihenfolge zusammengesetzt. Ich habe einmal miterlebt, daß ein Güterwagen beim Zurückrollen recht heftig gegen den stehenden Personenwagen stieß, so daß einige Reisende vom Sitz fielen.

Der Personenwagen hatte in der Fahrtrichtung Lüben ein nie benutztes Abteil der damaligen 2. Klasse. Durch eine Tür ging es in die 3. Klasse mit 2 Abteilen mit Mittelgang, dann kam ein Traglastenabteil, in dem auch der Ofen für die Heizung stand. Im Winter mochte niemand freiwillig in dessen Nähe sitzen, es wurde ordentlich eingeheizt. Wir Fahrschüler wurden - wenn der Zug voll war - manchmal in das ungeheizte 2. Klasse-Abteil geschickt. Im Zorn hat der Schaffner einmal gesagt, er werde bei der Verwaltung einen Gefangenenwagen für uns beantragen, damit es Ruhe gebe...

Wolfgang Abramowski (1926-2013)


Bahnhof Lüben

Das Foto ist vom Bahnsteig der Kleinbahn Lüben-Kotzenau aus aufgenommen. Der Gitterzaun trennt ihn von den beiden übrigen Bahnsteigen.


Die Kleinbahn Lüben - Kotzenau

Lähner Anzeiger vom 24.7.1906 über die geplante Bahnlinie Lüben-Kotzenau

Im Jahre 1917 wurde diese Bahnstrecke dem Verkehr übergeben, die durch die ländlichen Bezirke die Verbindung nach Kotzenau herstellte und so für das Agrargebiet von besonderer Bedeutung war. Sie war so gelegt, daß sie die Dörfer mit großen Rittergütern berührte.
Vorstand der Kleinbahn-Aktiengesellschaft Lüben-Kotzenau, Lüben (Schlesien).
Leitung: Vorstandsmitglieder Bürgermeister Feige, Lüben; Fabrikbesitzer Gustav Gadebusch, Lüben.
Eigentümer seit 1930er Jahre: Fa. Lenz & Co. Berlin
Dauer und Datum der Hauptgenehmigung 7.7.1914 - 90 Jahre.
Datum der ersten Betriebseröffnung: 1. Oktober 1917.
Wirtschaftsform: Aktiengesellschaft.
Fa. Lenz & Co. im Berliner Adressbuch 1930 Betriebszweck: Personen- und Güterbeförderung.
Triebkraft: Dampf
Spurweite 1,435 m
Länge aller verlegten Gleise: 31,87 km (Vignolgleise, d. h. rillenlose Schienen)
Länge der öffentlichen Strecken:
28,1 km, eingleisig.
Betriebsmittel: 3 Dampflokomotiven,
3 Personenwagen, 1 Gepäckwagen,
1 Postwagen, 12 Güterwagen.
Schreiben des Amtsgerichts Lüben an die Fa. Lenz & Co. Berlin vom 21.10.1943 Verkehrsumfang: im letzten Geschäftsjahr:
32 259 Personen, 25 905 t Güter.
Betriebseinnahmen im letzten Geschäftsjahr: 85 148 M.

Max Setzepfand war von der Osthavelländischen Kleinbahnverwaltung von Brandenburg mit der Ernennung zum Verwalter dieser Strecke Lüben-Kotzenau versetzt worden. Er war bereits während des Baues zuständig.
Der erste Lok-Führer war ein Pensionär der Reichsbahn, Herr Schulz, da die jüngeren Kräfte 1917 alle an der Front waren. Nach dessen Krankheit wurde er von einem Herrn Litsche, ebenfalls Pensionär, abgelöst. Der Sohn des Bahnverwalters, Bruno Setzepfand, kehrte 1919 aus dem Kriege nach Hause zurück, ging zur Kleinbahn und legte 1921 die Lok-Führer-Prüfung ab. Er war bis 1945 der einzige Lok-Führer dieser Kleinbahn!

Bahnhof Kotzenau

Zugbegleitpersonal waren von Anfang an Herr Renner und Herr Höer. Bahnverwalter Setzepfand wurde 1923 pensioniert, danach kam Herr Riedel. Dieser wurde später von Herrn Quack abgelöst, der bis zuletzt Dienst tat. Lok-Führer Bruno Setzepfand fuhr im Januar 1945 den Personenzug der Kleinbahn mit sämtlichen Kollegen und leitenden Personen bis in die Nähe von Halle, wo dann ein jeder seinen Weg allein weiterging...
Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurden von den sieben Bahnhöfen, die die Strecke berührte, nach Lüben und weiter befördert. Für die Gemüse verarbeitenden Betriebe war dadurch eine schnelle Anlieferung gewährleistet. Besonders während der Zuckerrübenkampagne und der Kartoffelernte wurden oft bis zu 30 Güterwagen gefahren. Düngemittel kamen wieder zurück, und so war ein lebhafter Verkehr, der eine große Bedeutung für die Landwirtschaft hatte. In der Ruhezeit wurde Holz verladen, und so erfüllte diese Kleinbahn ihren Zweck.

Quelle: Erika Hoffmann-Rehmie in Lübener Heimatblatt 23/1971

Ansicht vom Kleinbahnhof Kotzenau aus dem Jahr 1899


Tomasz Korycki schrieb in der polnischen Zeitschrift Świat kolej 1/2009 ("Welt der Eisenbahn")
einen dreiseitigen Artikel über die "Kolejka Lubin-Chocianów" (Kleinbahn Lüben-Kotzenau).


Deutsches Kursbuch, Jahresfahrplan 1944/45, Kleinbahn Lüben-Kotzenau

Auszug aus dem Deutschen Kursbuch - Jahresfahrplan 1944/45, Kleinbahn Lüben-Kotzenau.


Stamm-Aktie der Kleinbahn AG Kotzenau-Lüben vom 1. Juli 1921

Stamm-Aktie der Kleinbahn AG Kotzenau-Lüben vom 1. Juli 1921, mit den Unterschriften von Hugo Feige und August Kullmann