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Petra Gorr, die heute in Irland lebt und Nachfahrin der Pilgramsdorfer Familie Herzig ist, erforscht seit langem die Geschichte ihrer schlesischen Vorfahren. Wie wir alle wissen, ist es nicht einfach, heute noch Informationen oder gar Fotos aus dieser Zeit und Gegend zu finden. Petra Gorrs Großmutter Charlotte geb. Herzig wurde 1917 geboren, erfreut sich noch guter Gesundheit und konnte zu den alten Bildern noch einige Erinnerungen beisteuern. Beiden ein herzliches Dankeschön! Besonders wertvoll scheint mir in diesem Fall zu sein, dass es die einzige Dokumentation einer Familie aus dem im Kupferschlammsee versenkten Pilgramsdorf ist. Leider ist kaum noch etwas über das Leben der Familie mit ihren zehn Kindern bekannt. Deshalb beschränke ich mich hier auf die Erinnerungen an fünf Herzig-Geschwister. |
Meine schöne Urgroßmutter Martha Meike um 1900
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7 Martha Herzig, geb. Meike, meine Uroma mit ihren sieben Kindern und dem ersten Enkel um 1932.
1 Charlotte, 2 Frieda, 3 Martin, 4 Else, 5 Martha, 6 Hilda, 8 Willi, 9 Enkelsohn Paulchen
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Auf dem Foto von der Silberhochzeit der Herzig-Eltern im Jahr 1937 sind folgende Geschwister abgebildet:
1 Frieda Woida geb. Herzig, 2 Gustav Woida, 3 Hilda Hagenrainer geb. Herzig, 4 eine Tante Emma, 5 Charlotte Herzig, 6 Erich (Ehemann von Tante Emma), 7 Elli Harder geb. Herzig, 8 Martha Herzig, 9 wahrscheinlich Enkelkind des silbernen Brautpaares, 10 Else Herzig, 11 wohl Willi Herzig. Das silberne Brautpaar ist auf dem Foto leider nicht abgebildet.
Meine Oma wurde in graeflich Röhrsdorf geboren, hat aber ihre Kindheit in Pilgramsdorf Krs. Lüben verbracht. Als Kind musste sie im Stall der Eltern arbeiten und Kühe melken. Sie war immer ängstlich, weil die Kühe so viel größer als sie selbst waren. Morgens besuchte sie den Schulunterricht in der Dorfschule. Leider sind nur ihre Geschwister auf den Schulbildern und dem Konfirmationsbild abgebildet. Aber immerhin gibt es auf jedem Foto Herzig-Kinder! Nachmittags musste sie auf dem Feld arbeiten. Die Feldarbeit erlebte sie als große Belastung. Später muss sie auf einem entfernteren Gutshof als Hausgehilfin gearbeitet haben. Sie hat uns oft von irgendwelchen "Herrschaften" erzählt, für die sie gearbeitet hat. Nur am Wochenende kam sie nach Hause.
Charlottes Mutter Martha geb. Meike war die zweite Ehefrau von Paul Herzig, dessen erste Frau früh gestorben war. Er brachte Elli, Hilda und Martin mit in seine zweite Ehe. Beide hatten dann noch weitere sieben gemeinsame Kinder: Frieda, Charlotte, Fritz, Martha, Else, Ruth, Willi. Charlottes Mutter Martha starb mit nur ca. 60 Jahren an Leukämie. Der Vater flüchtete 1945 mit einer Tochter zur Tochter Martha nach Döbeln, wo er vermutlich auch verstorben ist.
Die Heiratsurkunde von Hugo Marx und Charlotte geb. Herzig vom 6. Mai 1939 |
Gertrud Meike, Halbschwester meiner Großmutter |
Ihre Hochzeit |
Meine Urgroßmutter Martha geb. Meike brachte Tochter Gertrud mit in die Ehe. Deren Vater soll ein reicher Laden-besitzer gewesen sein. So hat es jedenfalls meine Oma (Charlotte) immer erzählt. Die uneheliche Tochter, also Halbschwester meiner Oma, sollte viel Geld von ihrem Vater erben. Dieses Geld verfiel dann aber aufgrund der Inflation. Ob das nur eine Familienlegende ist, kann nicht mehr überprüft werden. Gertrud Meike, zwischen 1900-1910 geboren, lebte mit ihrem Mann und ihren vier Kindern (zwei Töchter, zwei Söhne) an der Küste Ostfrieslands und besuchte die Familie gelegentlich in Pilgramsdorf. Dabei wurde sie unter ungeklärten Umständen erschossen. Wir wissen nicht, wann das geschah, warum und wer der Schütze war. Auf alle Fälle starb sie viel zu früh.
Einen besonderen Bezug hat Petra Gorr zur Schwester ihrer Oma, zu Martha Herzig, entdeckt. Martha muss während des Krieges einen irischen Soldaten kennengelernt haben, dessen Familie eine Schaffarm in Irland besaß. Mit ihm hatte sie einen unehelichen Sohn Werner (Smith oder Schmidt). Der irische Vater ist als Soldat im Krieg gefallen. Petra Gorr ist in Irland verheiratet und sucht nun nach einer Erklärung für dieses Zusammentreffen ihres Schicksals mit dem von Martha geb. Herzig!
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Fritz Herzig, geboren um 1918/19, vermutlich in Pilgramsdorf. Fritz war Charlottes jüngerer Bruder und ist höchstwahrscheinlich auf beiden Schulfotos abgebildet. Nach dem Krieg war er lange Zeit vermisst und wurde über das Deutsche Rote Kreuz gesucht, bis er nach Jahren am Bodensee wohnhaft gefunden wurde. Er war kinderlos verheiratet, aber Vater eines Adoptivsohnes. Durch den Krieg hatte er tragischerweise ein Bein verloren. |
Willi Herzig, geb. ca. 1928/29, vermutlich in Pilgramsdorf. Charlottes zuletzt geborener Bruder Willi, auch ihn entdeckten wir auf den Schulbildern, wurde gegen Kriegsende eingezogen und kehrte nie wieder zurück - starb offensichtlich mit nur 16 Jahren ungewollt für "Volk, Führer und Vaterland". Das hat Charlotte sehr mitgenommen und ihr ganzes Leben als traumatisches Ereignis begleitet. |
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