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- Achtung! Es gibt in Niederschlesien ein zweites Pilgramsdorf im Kreis Goldberg! -
Pilgramsdorf [1939] Aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939
Das Ende von Pilgramsdorf Barschau, Polach und Pilgramsdorf auf dem Messtischblatt von 1938 Pilgramsdorf 1928: Gasthaus Bunk, Schloss, Kirche, Schule Pilgramsdorf: Warenhandlung Wiesner, Schloss, Evangelische Kirche und Schule, Kriegerdenkmal Pilgramsdorf: Neudahms Gasthaus mit Tanzsaal, Kirche mit Schule, Schloss, Kriegerdenkmal Schloss Pilgramsdorf um 1920 Pilgramsdorf Das Dorf lag unweit der alten Heerstraße und war mit Barschau, Polach, Raudten-Stadt und Queißen der nördlichste Teil des Kreises Lüben. Diese Heerstraße bildete auch die Gemarkungs- und Kreisgrenze des Lübener Kreises, und zwar von Barschau und Pilgramsdorf auf der einen Seite, Hochkirch, Tarnau und Dammer (Kr. Glogau) auf der anderen Seite. Evangelische Kirche zu Pilgramsdorf mit einem Dankeschön an Karl-Heinz Wilke aus Barschau
Die Mehrzahl der etwa 320 Dorfbewohner betrieben Landwirtschaft, einige waren im Baufach tätig und andere hatten bei der Reichsbahn ihne Anstellung. An gewerblichen Betrieben gab es eine Bäckerei, eine Fleischerei, eine Schmiede, eine Stellmacherei, zwei Tischlereien, zwei Schneidermeister, die für gute Maßarbeit sorgten, zwei Gemischtwarengeschäfte und zwei Gaststätten (mit parkettbelegten Sälen). Der Schuhmacher hatte in letzter Zeit zusätzlich den Nachtwächterposten inne und bei seinen nächtlichen Gängen durch das Dorf als Waffe einen schmiedeeisernen, langen Spieß am Stab bei sich! Als Beobachtungsstand und gleichzeitig als Wetterschutz hatte die Gemeinde mitten im Dorf ein Nachtwächterhäuschen errichtet. Nach drei Himmelsrichtungen war ein kleines Fenster, um alles übersehen zu können, angebracht, nur nach dem Norden, zum Gasthof hin, fehlte die Scheibe, da an dieser Seite die Ruhebank aufgestellt war. Langjähriger und letzter Bürgermeister war mein Vater, Tischlermeister Max Bräuer. Die Bekanntmachungen des Bürgermeisters wurden durch Umlaufschreiben von Haus zu Haus weitergereicht, und zwar war die Art des Umherreichens etwas Originelles: An einer schon sehr alten krummen Fichtenwurzel, schön blank poliert und ein großes "V" darstellend, wurden diese Schreiben befestigt und konnten daher nie verloren gehen. Diese Wurzel hatte schon Generationen überdauert. Das Rittergut (Gutshof) war ungefähr 2000 Morgen groß. Es wurde zur Hälfte landwirtschaftlich genutzt, der andere Teil war Waldgelände. Der größte Teil des Dorfes waren Kleinbauern, die anderen mittlere. Die Kleinbauern waren die Pächter des 100 Morgen großen Kirchenlandes und Schulackers. Nun einige unserer Flurnamen: Der Struwe: Es war ein mit Eichen, Fichten und sonstigem Buschwerk bestandenes Gelände mit drei von hohem Schilf und Gras eingeschlossenen Teichen. Daneben fanden wir die Fasanerie, eine dichte Fichteschonung, und anschließend den Fichtengang, der - dem Mühlbach folgend - bis zur Raudtener Flurgrenze führte. Alte Kastanien, Eichen und Fichten, mit dichtem Buschwerk abwechselnd, umsäumten den Mühlgraben. Das Ganze war ein Idealgelände für Fasanen und Wasservögel, ein Paradies für die Vogelwelt überhaupt. Dann folgten der Polacher Berg, der Barschauer Berg, der Flur am Mühlberg und an der Bernigkmühle, der Treibergrund am Weg nach Dammer, die Siebenhörner (Siebenbrunnen), und dicht am Dorf Polach finden wir die "Blutige". Das war ein mit Erlen bestandenes Sumpfgelände mit dem Mühlenteich der Polacher Mühle. Als nennenswerte Berge seien erwähnt: der Kreuschkeberg, der Schmierseberg, den die Dorfjugend und auch oft die Erwachsenen im Winter als Rodelbahn (mit einer Länge von 150 bis 200 m) benutzten. Die höchste Erhebung, jedoch schon auf der Groß-Rinnersdorfer Flur: der Friedensberg. Zu den Siebenhörnern wird noch berichtet, daß sich hier eine kleine Quelle befand, die auch im trockensten Sommer nicht versiegte. Sie lag dicht am Fuße des Schmierseberges in einem schmalen bemoosten Wiesengrund eingebettet. Mancher stille Wanderer wird sich noch entsinnen, hier - auf einem Baumstumpf sitzend - verträumt dem leisen Geplätscher der im Moos kaum sichtbaren Wasserrinne nachgeschaut zu haben. Viele schöne Erinnerungen an so manche stille Stunde in dieser herrlichen Natur werden lebendig, und es gäbe dabei soviel zu erzählen. Diese kleinen heimlichen Rinnsale waren die beliebtesten Wasserstellen für das Wild und die Vögel. Am Weg nach Petersdorf war ein großes Waldstück, das nicht vergessen werden darf: ein Jagen (so vom Heger und Jäger genannt) mit herrlichen alten Kiefern, Fichten und einigen Buchen, so als wären sie dazwischen gestreut. Sie ragten kerzengerade 30 m und noch höher zum Himmel und waren so stark, daß ein Mann diese nicht umfassen konnte. Sie waren für den Betrachter eine einzige Augenweide. Das Gelände stand unter Naturschutz und damit wurde der Wert des Baumbestandes und der eigenwillig gebildeten Natur besonders unterstrichen. Unsere stillen Wälder waren eine einzige große Erholungsstätte... Karl Bräuer in LHB 10-15/1969 |