Gemeinde Pilgramsdorf
Gemeinde Polach














Pilgramsdorf in: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien 1939

- Achtung! Es gibt in Niederschlesien ein zweites Pilgramsdorf im Kreis Goldberg! -

Pilgramsdorf [1939]
Gemeinde, Kreis Lüben, 14 km, Post Pilgramsdorf über Lüben, 318 Einwohner, 85 Haushalte, Flurgröße 840 ha, 5 Gemeinderäte, Bürgermeister Bräuer, Fernsprecher Pilgramsdorf (öffentlich), Landratsamt, Finanzamt, Amtsgericht, Versicherungsamt, Landkrankenkasse, AOK Lüben / Regierungsbezirk, Landgericht, Arbeitsgericht, Versorgungsamt Liegnitz / Arbeitsamt Liegnitz, Nebenstelle Lüben / Standesamt Eisemost / Schulgemeinde Pilgramsdorf / Gendarmeriebezirk Groß Rinnersdorf / nächster Personen-, Güterbahnhof Groß Rinnersdorf 4 km, Raudten 5 km. Vorhanden: 1 Volksschule

Aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939

Pilgramsdorf in: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien 1927 Pilgramsdorf [1927]
Dorf Kreis Lüben Regierungsbezirk Liegnitz Gemeindevorsteher Bräuer Postamt Eisenbahnstation Güterladestelle Raudten Entfernung 5 km Amtsgericht Kreissparkasse Stadtsparkasse Finanzamt Zollamt Lüben Landgericht Elektrizitätswerk Liegnitz (Drehstrom) evangelische Kirche Fortbildungsschule
Bräuer, Max, Tischlermeister, Haus Nr. 17
Bunk, Fritz, Gastwirt
Goischke, Alfred, Bäckerei, Haus Nr. 13
Lehmberg, Gustav, Schneidermeister, Haus Nr. 31
Malcher, Willy, Schneidermeister
Neudahm, Gustav, Gasthofbesitzer
Sämann, Karl, Tischlerei, Haus Nr. 18
Walter, Hermann, Gärtner

aus: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien für Industrie, Handel, Gewerbe, Verlag August Scherl, Breslau, 1927

Pilgramsdorf auf der Kreiskarte Lüben 1935

Pilgramsdorf in: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien 1913

Pilgramsdorf [1913]
Dorf + Rittergut (mit Vorwerk): Kreis Amtsgericht Lüben 13 km; Post katholisches Kirchspiel Raudten (Bezirk Breslau) Ort 4 km; Eisenbahnstation Polach 3 km; Amtsbezirk Standesamtsbezirk evangelisches Kirchspiel Pilgramsdorf; 179 + 110 Einwohner

aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913

Pilgramsdorf in einem Nachschlagewerk von 1845


Das Ende von Pilgramsdorf
Pilgramsdorf versank Ende der 1970er wie Barschau und Polach in diesem Schlammteich, der den Abraum des Kupferbergbaus um Lubin aufnimmt.

Pilgramsdorf ist in diesem Stausee versunken

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Barschau, Pilgramsdorf, Polach auf dem Messtischblatt von 1938

Barschau, Polach und Pilgramsdorf auf dem Messtischblatt von 1938

Pilgramsdorf 1928: Gasthaus Bunk, Schloss, Kirche, Schule
Die Karte wurde am 10.8.1928 von Lehrer Reinhard Roder an seine Mutter in Görlitz gesandt!

Kirche, Pfarrhaus, Arndt's Gasthaus, Schule

Pilgramsdorf um 1920: Evangelische Kirche, Pfarrhaus, Arndt's Gasthaus, Schule

Pilgramsdorf: Warenhandlung Wiesner, Schloss, Evangelische Kirche und Schule, Kriegerdenkmal

Pilgramsdorf: Warenhandlung Wiesner, Schloss, Evangelische Kirche und Schule, Kriegerdenkmal

Pilgramsdorf: Neudahms Gasthaus mit Tanzsaal, Kirche mit Schule, Schloss, Kriegerdenkmal

Pilgramsdorf: Neudahms Gasthaus mit Tanzsaal, Kirche mit Schule, Schloss, Kriegerdenkmal

Schloss Pilgramsdorf um 1920

Pilgramsdorf

Das Dorf lag unweit der alten Heerstraße und war mit Barschau, Polach, Raudten-Stadt und Queißen der nördlichste Teil des Kreises Lüben. Diese Heerstraße bildete auch die Gemarkungs- und Kreisgrenze des Lübener Kreises, und zwar von Barschau und Pilgramsdorf auf der einen Seite, Hochkirch, Tarnau und Dammer (Kr. Glogau) auf der anderen Seite.

Ortslage von Pilgramsdorf, Zeichnung von Karl Stahn. Bewohner: Apler, Arndt, Beutner, Bräuer, Breitner, Dörfer, Falkenbach, Goischke, Gruber, Hartert, Hoffmann, Hollmann, Keudam, Klein, Puchel, Kleinert, Kleinert, Kliche, Knappe, Kohler, Kuche, Lehmberg, Lehmberg, Mahler, Malcher, Müller, Neudam, Niedergesäß, Patanoga, Promel, Pusch, Rentke, Sämann, Schäfer, Schöpke, Schöpke, Stahn, Stark, Voigt, Walter, Wende, Wiesner, Wuttig, Wuttke, Zichert, Zichert

Der besseren Lesbarkeit wegen hier noch einmal die Namen in alphabetischer Reihenfolge: Apler, Arndt, Beutner, Bräuer, Breitner, Dörfer, Falkenbach, Goischke, Gruber, Hartert, Hoffmann, Hollmann, Keudam, Klein, Kleinert, Klieche, Knappe, Kohler, Kuche, Lehmberg, Mahler, Malcher, Müller, Neudahm, Niedergesäß, Patanoga, Promel, Puchel, Pusch, Rentke, Sämann, Schäfer, Schöpke, Stahn, Stark, Voigt, Walter, Wende, Wiesner, Wuttig, Wuttke, Zichert

Die Heerstraße (im Volksmund auch "alte Straße" genannt) wurde einst zu Naoleons Zeiten für den großen Korsen und seine Soldaten als Durchgangstraße für den geplanten Rußlandfeld geschaffen. Sie stellte in gerader Linienührung die direkte Verbindung zwischen Glogau und Breslau her. Der Weg führte also von Glogau über Hochkirch kommend, an Barschau, Pilgramsdorf, Eisemost, Klein-Rinnersdorf vorbei, dann durch den Lübener Stadtforst (die Stadtziegelei blieb links liegen), über den großen Exerzierplatz (später Flugplatz) hinweg nach Lüben und weiter über Parchwitz nach Breslau. Auf dieser Straße zog dann der "große Feldherr" gen Osten, jedoch noch schneller, fluchtartig, flutete er mit seiner angeschlagenen Armee auf dieser Straße zurück gen Westen.

Eine Chaussee führte von der Hauptstraße Lüben-Polkwitz (später Heerwegen) nach Pilgramsdorf; der Anfang war unweit der Herrentische im Lübener Stadtforst und ging über die Stadtziegelei, Groß-Rinnersdorf. Im 2. Weltkrieg wurde die schon lange geplante Verbindung von Lüben nach Glogau durch eine feste Straße von hier aus weitergeführt, die nach Barschau beim Gasthaus Wiecher in die oben erwähnte alte Straße einmündet. Für die hier zu erledigenden Arbeiten waren außer einem Kommando Kriegsgefangener die üblichen Gespanndienste eingesetzt, und viel Hilfe wurde durch Gutshof und Gemeinde in Gemeinschaftsarbeit geleistet.

Pilgramsdorf war fast 1 km lang und ein sich langhinziehendes Straßendorf. Am oberen Dorfausgang nach Tarnau und Dammer stand unsere alte Friedenseiche, wie man sie in fast allen Dörfern Schlesiens fand. Diese Eiche wurde wohl aus Dankbarkeit für die Beendigung des Siebenjährigen Krieges gepflanzt.

Im Dorf fanden wir zwei Teiche: der obere, der frühere Arndt-Teich, der zuletzt nach dem Besitzer des angrenzenden Gasthauses "Vogt-Teich" genannt wurde. Der untere Teich war der Stark-Teich. Beide Teiche gehörten zum Gutshof und waren mit Karpfen besetzt. Im Dezember wurde abgefischt, woran vor allem die Dorfjugend ihr Interesse zeigte. Gespeist wurden diese Teiche von zwei wasserreichen Quellen.

Die Quelle auf der rechten Straßenseite versorgte fünf Haushalte mit einem guten Trinkwasser. Der Wasserstand war der Erdoberfläche gleich und man konnte mit einem Gefäß schöpfen. Nur in einem Gehöft floß das Wasser ständig aus einem Ständer, ungefähr 60 cm hoch. Die andere Wasserstelle befand sich gegenüber im Vorwerkshof. Durch eine Rohrleitung von einer starken Quelle an der Straße nach Tarnau hergeleitet, floß auch diese ständig, jahraus, jahrein in ein Tränkebecken. Das überflüssige Wasser wurde von beiden Stellen in den oberen Teich geleitet. Wir fanden hier eine Eigenart des Wassers: die Temperatur war immer gleich, im Sommer eiskalt, im Winter warm, so daß die Einflußstellen, selbst im kältesten Winter, nie einfroren.

Evangelische Kirche zu Pilgramsdorf

Evangelische Kirche zu Pilgramsdorf mit einem Dankeschön an Karl-Heinz Wilke aus Barschau

Die Mehrzahl der etwa 320 Dorfbewohner betrieben Landwirtschaft, einige waren im Baufach tätig und andere hatten bei der Reichsbahn ihne Anstellung. An gewerblichen Betrieben gab es eine Bäckerei, eine Fleischerei, eine Schmiede, eine Stellmacherei, zwei Tischlereien, zwei Schneidermeister, die für gute Maßarbeit sorgten, zwei Gemischtwarengeschäfte und zwei Gaststätten (mit parkettbelegten Sälen).

Kirche zu Pilgramsdorf, Holzschnitt von Elfriede Springer

Der Schuhmacher hatte in letzter Zeit zusätzlich den Nachtwächterposten inne und bei seinen nächtlichen Gängen durch das Dorf als Waffe einen schmiedeeisernen, langen Spieß am Stab bei sich! Als Beobachtungsstand und gleichzeitig als Wetterschutz hatte die Gemeinde mitten im Dorf ein Nachtwächterhäuschen errichtet. Nach drei Himmelsrichtungen war ein kleines Fenster, um alles übersehen zu können, angebracht, nur nach dem Norden, zum Gasthof hin, fehlte die Scheibe, da an dieser Seite die Ruhebank aufgestellt war.

Langjähriger und letzter Bürgermeister war mein Vater, Tischlermeister Max Bräuer. Die Bekanntmachungen des Bürgermeisters wurden durch Umlaufschreiben von Haus zu Haus weitergereicht, und zwar war die Art des Umherreichens etwas Originelles: An einer schon sehr alten krummen Fichtenwurzel, schön blank poliert und ein großes "V" darstellend, wurden diese Schreiben befestigt und konnten daher nie verloren gehen. Diese Wurzel hatte schon Generationen überdauert.

Das Rittergut (Gutshof) war ungefähr 2000 Morgen groß. Es wurde zur Hälfte landwirtschaftlich genutzt, der andere Teil war Waldgelände. Der größte Teil des Dorfes waren Kleinbauern, die anderen mittlere. Die Kleinbauern waren die Pächter des 100 Morgen großen Kirchenlandes und Schulackers.

Nun einige unserer Flurnamen: Der Struwe: Es war ein mit Eichen, Fichten und sonstigem Buschwerk bestandenes Gelände mit drei von hohem Schilf und Gras eingeschlossenen Teichen. Daneben fanden wir die Fasanerie, eine dichte Fichteschonung, und anschließend den Fichtengang, der - dem Mühlbach folgend - bis zur Raudtener Flurgrenze führte. Alte Kastanien, Eichen und Fichten, mit dichtem Buschwerk abwechselnd, umsäumten den Mühlgraben. Das Ganze war ein Idealgelände für Fasanen und Wasservögel, ein Paradies für die Vogelwelt überhaupt.

Dann folgten der Polacher Berg, der Barschauer Berg, der Flur am Mühlberg und an der Bernigkmühle, der Treibergrund am Weg nach Dammer, die Siebenhörner (Siebenbrunnen), und dicht am Dorf Polach finden wir die "Blutige". Das war ein mit Erlen bestandenes Sumpfgelände mit dem Mühlenteich der Polacher Mühle.

Als nennenswerte Berge seien erwähnt: der Kreuschkeberg, der Schmierseberg, den die Dorfjugend und auch oft die Erwachsenen im Winter als Rodelbahn (mit einer Länge von 150 bis 200 m) benutzten. Die höchste Erhebung, jedoch schon auf der Groß-Rinnersdorfer Flur: der Friedensberg.

Zu den Siebenhörnern wird noch berichtet, daß sich hier eine kleine Quelle befand, die auch im trockensten Sommer nicht versiegte. Sie lag dicht am Fuße des Schmierseberges in einem schmalen bemoosten Wiesengrund eingebettet. Mancher stille Wanderer wird sich noch entsinnen, hier - auf einem Baumstumpf sitzend - verträumt dem leisen Geplätscher der im Moos kaum sichtbaren Wasserrinne nachgeschaut zu haben.

Viele schöne Erinnerungen an so manche stille Stunde in dieser herrlichen Natur werden lebendig, und es gäbe dabei soviel zu erzählen. Diese kleinen heimlichen Rinnsale waren die beliebtesten Wasserstellen für das Wild und die Vögel. Am Weg nach Petersdorf war ein großes Waldstück, das nicht vergessen werden darf: ein Jagen (so vom Heger und Jäger genannt) mit herrlichen alten Kiefern, Fichten und einigen Buchen, so als wären sie dazwischen gestreut. Sie ragten kerzengerade 30 m und noch höher zum Himmel und waren so stark, daß ein Mann diese nicht umfassen konnte. Sie waren für den Betrachter eine einzige Augenweide. Das Gelände stand unter Naturschutz und damit wurde der Wert des Baumbestandes und der eigenwillig gebildeten Natur besonders unterstrichen. Unsere stillen Wälder waren eine einzige große Erholungsstätte...

Karl Bräuer in LHB 10-15/1969