Gustav Seraphin (1886-1950)
und sein Bruder Hermann
Zedlitz














Die erste Tankstelle in Zedlitz

Martin Brügmann erzählt von den Anfängen der Mobilität durch Autos in meinem Heimatort Zedlitz, an der Landstraße 117 zwischen Steinau und Lüben. Da er die beschauliche Zeit in Zedlitz miterlebt hat und sie so plastisch schildert, wurden Erinnerungen an die Erzählungen meiner Großeltern und meiner Mutter geweckt. Leider kann ich sie heute nicht mehr fragen. Eine der Fragen, die nun wahrscheinlich unbeantwortet bleibt, ist: Wann hat mein Großvater, der Schmiedemeister Gustav Seraphin, die erste Tankstelle in Zedlitz errichten lassen? Seit wann hat er sie betrieben?

Gustav Seraphin hatte zwar nach dem Krieg ein neues Zuhause und eine Arbeit als Schmied in Sachsen gefunden. Aber seine Heimat, sein über alles geliebtes Zedlitz konnte er nicht vergessen. Immer wieder sprach er über die Heimkehr nach Zedlitz. Mal sagte er: "Junge, im Mai geht es heim!" War der Mai vorbei und ein paar Wochen verstrichen, dann wusste er es genau: "Im September geht's heim!" So ging es bis Anfang der 1950er Jahre, als mein Großvater - auch an Heimweh - starb. Der finstersten Zeit seines Lebens waren die schönsten Jahre in seiner schlesischen Heimat vorausgegangen.

Als Schmiede- und Hufbeschlagsmeister sowie Oberbrandmeister der Feuerwehr von Zedlitz und Oberdammer war er ein geachteter Mann. Er war ein gläubiger Christ und für mich ein kluger Großvater. Auch er muss frühzeitig davon überzeugt gewesen sein, dass sich das Automobil durchsetzen wird und es bald eine Buslinie von Steinau nach Lüben geben könnte, mit Zwischenhalt in Zedlitz. Deshalb ließ mein Großvater neben der Schmiede eine Tankstelle errichten.

Es war eine kluge unternehmerische Entscheidung, in schlechten Zeiten mehrere Standbeine zu haben. Meine Mutter, die im elterlichen Geschäft tätig war, erzählte mir, dass in Spitzenzeiten bis zu drei Kraftfahrzeuge pro Tag zu betanken waren! Als wir im Juni 1945 zurück nach Zedlitz kamen, war die Tankstelle demontiert. Sie wurde nie wieder aufgebaut.

Frau Ruth Ludewig (geb. Stenzel), eine ehemalige Zedlitzerin, hat mir das Bild von der Tankstelle und Schmiede geschenkt. Ich habe leider nicht in Erfahrung bringen können, wer die beiden Männer auf dem Foto sind. Nach meiner Vermutung müssten sie aus der Umgebung gewesen sein, denn einer ist mit dem Fahrrad gekommen. Deshalb möchte ich die Besucher dieser Seite fragen: Erkennen Sie eine Person auf dem Foto? Dann bitte ich Sie herzlich, uns den Namen mitzuteilen. Auch an Geschichten aus Zedlitz sind wir interessiert. Vielleicht reicht das Material für eine kleine Broschüre aus...

Dr. Bodo Pflugner geb. 1940 in Zedlitz

Gustav Seraphins älteste Tochter Ilse mit Ehemann Herrmann Pflugner und Söhnchen Bodo

Gustav Seraphins älteste Tochter Ilse mit Ehemann Herrmann Pflugner und Söhnchen Bodo

Gustav Seraphin

Gustav Seraphin, Schmiedemeister in Zedlitz.
Aufnahme von 1933. Gustav Seraphin und seine Ehefrau Frieda hatten drei Kinder: Ilse (1921), Günter (1924) und Margarete (1935).

Tankstelle und Schmiede in Zedlitz, Inhaber: Gustav Seraphin

Tankstelle und Schmiede in Zedlitz,
Inhaber: Gustav Seraphin


Fast zehn Jahre, nachdem diese Seite über Gustav Seraphin entstand, informierte mich Christoph Weiß, dass er im Nachlass seiner Eltern Fotos gefunden habe, die darauf hindeuteten, dass seine Eltern in den 1930er Jahren in Hellerau bei Dresden mit dem Bruder von Gustav Seraphin aus Zedlitz befreundet waren. Vor allem befände sich darunter ein Foto mit dem Hinweis auf der Rückseite "Das alte Elternhaus in Zedlitz". Aber auch Fotos aus dem Leben des Seraphin-Bruders. Nach und nach förderte Christoph Weiß weitere Angaben über den Bruder zutage. So, dass wir inzwischen auch seinen Vornamen kennen. Hermann heeßt er. Noch fehlen die Lebensdaten. Aber dass er Schuhmacher war, findet sich im Adressbuch der Stadt Dresden aus dem Jahr 1911. Und das weiß auch Dr. Bodo Pflugner, Gustav Seraphins Enkel. Außerdem fällt die Ähnlichkeit der Brüder auf! Ein großes Dankeschön an Christoph Weiß, der den Nachfahren der Seraphins diese Schätze zur Verfügung gestellt hat, ohne selbst mit ihnen verwandt zu sein.

Ausschnitt aus dem Adressbuch Dresden aus dem Jahr 1911
Seraphin, Ad. Hermann, Schuhmachergehilfe, Martin-Luther-Platz 8 IV.

Vermerk auf der Rückseite des folgenden Fotos:
Das alte Elternhaus in Zedlitz

Das Elternhaus der Seraphins in Zedlitz. Rechts die Schmiede.

1929: Meister Seraphin in seinem Schuhgeschäft in Dresden-Hellerau

Das junge Paar Seraphin um 1900
Schuhmachermeister Seraphin um 1930
Die beiden alten Seraphins um 1940