|
Auf der folgenden Karte wird der Ortsname "Dornbusch über Lüben" auf dem Poststempel verwendet. Dieser Ort ist mir in zehn Jahren Lüben-Forschung noch nicht begegnet. Ich habe recherchiert, bis ich eine Lösung für das Rätsel fand. Wenn auch der Text auf der Karte nicht weiterhilft, möchte ich ihn hier veröffentlichen:
Dornbusch 1 über Lüben (Schles), 29.9.1941,
An Fräulein Sibille von Wirth,
Jägerhof b. Schönbusch,
Aschaffenburg
Liebe Billa!
Einen Sonntagsgruß von der Wallfahrt nach Hochkirch, unserer Pfarrkirche,
senden Dir Valentin, Käthe und Kinder. Anna ist am Freitag abgefahren, wird wohl in Kalrath am Erzählen sein. Heut hatten wir einen selten schönen Tag. Wie ist es bei Euch mit Obst? Könntest Du uns nicht 1 Ctr. Äpfel schicken? Hier gibt es nichts. Wir pflanzen jetzt neue Obstbäume. Das ist ja eine Armut, nicht mal 1 Apfel zum Essen. Mit vielen Grüßen
Hier ein weiteres Ausschnitt einer Postkarte aus dem Jahr 1942 mit dem Poststempel Dornbusch über Lüben (Schles).
|
Einen Hinweis zum Ortsnamen gibt die folgende Ansichtskarte aus den 1930er Jahren! Sie nennt neben Dornbusch einen zweiten Ortsnamen: Tarnau Kreis Glogau!
Eine ältere Ansichtskarte aus dem Jahr 1931 nennt den Ort nur Tarnau!
Das alte Schloss Tarnau. Es wartet noch heute auf seine Restaurierung!
Im Alphabetischen Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939 wird informiert, dass die Kinder von Petersdorf (Krs. Lüben) zur Schulgemeinde Dornbusch gehörten. Damit ist der Bezug zu Lüben hergestellt.
Im Zuge der nazistischen Germanisierung wurden viele schlesische Orte, deren Namen auf die slawischen Besiedelung zurückgingen, umbenannt. Die Verdeutschung fremdländischer Ortsnamen stand im nationalsozialistischen Deutschland unter der Federführung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (!). Davon betroffen waren zunächst vor allem Schlesien, Ost- und Westpreußen. In Schlesien geschah dies bereits ab 1934 und in Ostpreußen, wo von dieser Maßnahme in manchen Landkreisen bis zu 70 % der Dörfer betroffen waren, zwischen August 1937 und Juli 1938. |
Ein Vergleich der Karten der Jahre vor und nach 1935 zeigt einige Umbenennungen!
1925
1935
1937
Weitere umbenannte Orte finden Sie beim Vergleich dieser Kartenausschnitte! Es fällt auf, dass es sich dabei ausschließlich um Orte außerhalb des Kreise Lüben handelt. War das Zufall oder verweigerten sich die Lübener Behörden? Ungeklärt bleibt auch, wann bzw. wie lange Tarnau/Dornbusch zum Kreis Lüben gehörte.
Eine fachkundige Erklärung lieferte Frank Mierzwiński in einem Gästebuch-Eintrag am 21.4.2017:
"Dornbusch ehemals Tarnau gehörte zum Landkreis Glogau und wurde am 01.10.1932, als es noch Tarnau hieß in den Stadtkreis Glogau eingegliedert. Die postalische Bezeichnung Dornbusch über Lüben wurde verwendet, weil der Ort keine eigene Poststelle hatte und von der sog. Kraftpost versorgt wurde. (Postleitzahlen wurden im Deutschen Reich erst 1941 eingeführt.) Es wurde daher immer der Sitz des amtlich zuständigen Postleitamtes sowie die Bezeichnung "über" mit angegeben. Das war nun mal Lüben und nicht Glogau! Gruß Frank Mierzwiński"
Damit wird auch verständlich, warum es Poststempel sowohl mit als auch ohne den Zusatz "über Lüben" für mehrere Dörfer des Kreises Lüben gab! Herzlichen Dank, Frank!
|
|