Kantor Karl Kornetzky (1869-1940)
Heinrich Kühn (1851-1926)














Kantor und Lehrer Karl Kornetzky

Kantor Karl Kornetzky (1869-1940)

wurde am 24. März 1969 in Münsterberg geboren und besuchte das dortige Seminar. Seine erste Lehrerstelle war in Ober-Rathen (Kr. Neurode), danach kam er als Kantor nach Naumburg (Bober), anschließend nach Guhrau und 1910 nach Lüben.

Unser "Kanter" war eine Persönlichkeit und durch sein musikalisches Wirken über die Stadtgrenze hinaus bekannt und geachtet. Viele Schülergenerationen lernten bei ihm singen. Selbst das stimm-loseste Kind versuchte er soweit zu bringen, daß es die schönen Volkslieder mitsang. Und am Heiligen Abend ertönte alljährlich in der Evangelischen Kirche der Wechselgesang der Schulkinder. Mit dem Kirchenchor hatte er der Gemeinde einen beachtlichen Klangkörper geschenkt, und durch Solostimmen aus den eigenen Reihen (u. a. Frau Frieda Seiffert geb. Pohlmann, Tochter des Obermusikmeisters der Dragoner August Pohlmann) wurde bei Feiertagsgottesdiensten eine besondere Wirkung erzielt.

Wenn man vom Kulturleben unserer Heimatstadt sprechen will, stößt man immer wieder auf ihn. Er war nicht nur ein guter und begeisterter Organist, sondern auch ein befähigter Leiter des evangelischen Kirchenchores, mit dem er sich bald an schwierige Werke heranwagte, wie z. B. "Die Kreuzfahrer" von Niels Gade. Nach dem 1. Weltkrieg schuf er den Chorverein und brachte im Herbst jeden Jahres ein Oratorium zur Aufführung; "Die Jahres-zeiten", "Die Schöpfung" von Joseph Haydn, weiter "Das Paradies und die Peri" von Robert Schumann, "Messias" von Händel, "Paulus" von Mendelssohn-Bartholdy, "Die Glocke" von Max Bruch, "Ein deutsches Requiem" von Brahms, "Polyxena" von Gouvy und noch viele andere. Im Frühjahr wurde manchmal eine weitere Aufführung eingeschoben, so z. B. in der Karwoche "Die 7 Worte des Erlösers am Kreuze" von Haydn.

Später ging er in der Faschingszeit zu Singspielen über. Als Solisten konnten namhafte Oratoriensänger verpflichtet werden, wie z. B. Lötgen von der Städtischen Oper in Breslau, zu denen später auch Gerhard Arlt (1899-1968) zählte. Zu unseren Lübener Solisten zählten wir neben Frieda Seiffert geb. Pohlmann, die kleine Frau Franzky mit ihrer so hellen und klaren Stimme, die viel zu jung starb, und Elisabeth Leider (1879-1961). Bei den Aufführungen wirkte das Orchester aus Liegnitz mit. Der Orchesterpart wurde bei den Proben auf einem Flügel gespielt, was Kantor Kindler (später sein Sohn Gerhard) übernahm. Ihn bezeichnete Kantor Kornetzky scherzhaft als "Hauskapelle". Und woran lag es, daß der Chorverein nie an Mitgliederschwund litt? Im Wesentlichen an der Persönlichkeit des Chorleiters Kornetzky. Er war nicht nur vom Fach her von Musik durchdrungen, sondern seine Begeisterung strahlte auf die Sänger aus und riß sie mit. So empfand es jeder Sänger als Freude, unter seiner Leitung singen zu dürfen. - Kantor Kornetzky war ein vielseitiger und großer Musiker. Um so erstaunlicher ist das, wenn man bedenkt, daß er auf dem Seminar die Ausbildung wie jeder Lehrer erhielt. Er blieb nicht nur das Produkt des Musikunterrichts, er pflegte die Musik mit Leidenschaft und gab sich ihr mit bewunderungswertem Idealismus hin. Vieles gäbe es noch zu erwähnen, um das Können und Wirken völlig zu würdigen. Unser Kantor Kornetzky ist am 31. Januar 1940 daheim in Lüben gestorben.

LHB 7/1969

Was müssen das für schöne Zeiten gewesen sein, als in einer Kleinstadt, wahre "Musikfeste" gefeiert wurden! Ich rede von unserer Heimatstadt Lüben selbst. Eine stattliche Zahl weiblicher und männlicher stimmbegabter Kehlköpfe hatten sich zusammengetan und übten Woche für Woche nicht nur Volkslieder, sondern trauten sich an Oratorien heran. Immer im Herbst, wenn die Blätter fielen, hörten wir ein anspruchsvolles Chorwerk, es war ein Ereignis, das die ganze Stadt erfaßte - bedeutende Solisten und meist das Liegnitzer Orchester lockten die Lübener Kunstfreunde in den Saal des "Löwen". Aber aller Idealismus der Sängerinnen und Sänger wäre vergebens geblieben, hätte nicht eine überragende musikalische Persönlichkeit, der allen ehemaligen Mitgliedern unseres Lübener Chorvereins noch in Erinnerung gebliebene Leiter Kantor Kornetzky, seine Schäflein zu unermüdlichen Proben inspiriert. Ihm war es zu verdanken, daß Lüben im weiteren Bezirk einen "internationalen" Ruf auf dem Gebiete des Chorwesens hatte, wieviel Zeit und Kraft hat er für diese Arbeit zur Verfügung gestellt, wie oft hat er verstanden, Kleinmütige, die vor schweren Aufgaben verzagen wollten, zu überzeugen - auch wenn die Generalprobe noch wackelte -, und es gelang immer! Unter seiner Stabführung erklangen große Werke und auch sehr selten aufgeführte Oratorien. Auch in der sakralen Musik unserer Heimatstadt war er Meister, er füllte nicht nur den Konzertsaal, sondern auch unsere schöne alte evangelische Kirche als Dirigent und Organist.

Dr. Rudolf Opitz, LHB 7/1969

Zu den besonderen Persönlichkeiten der Stadt Lüben gehörte Kantor Kornetzky. Ich sehe ihn noch, wie er, aufrecht auf seinem Fahrrad sitzend, durch die Breite Straße zu seinem Schrebergarten fuhr. Kantor Kornetzky war ein begabter Musiker, meisterhaft spielte er in der Stadtkirche die Orgel, besonders nach ihrer Erneuerung. Außerdem war er der Leiter des Chorvereins, der die großen Oratorien "Messias", "Vier Jahreszeiten", "Elias", "Schöpfung" und andere im Löwen-Saal zur Aufführung brachte, bedeutsame Ereignisse für die kleine Kreisstadt Lüben. Nach Studium und Auslandsdienst kam ich 1939 wieder nach Lüben und hörte, daß Kantor Kornetzky im Sterben liege. Ich besuchte ihn in seinem Zimmer im Hotel "Zum Löwen" und saß lange im Gespräch mit ihm an seinem Bett.

Die Trauerfeier für den Kantor fand in der Lübener Kirche statt. Sein Sohn Herbert spielte ihm zum Abschied auf der Orgel. Wenn ich viele Jahre später in der Heilig-Geist-Kirche in Nürnberg die schlesischen Gottesdienste hielt, begleitete Herbert Kornetzky auf der Orgel, er konnte das so gut wie sein Vater. Nach den Gottesdiensten haben wir lange von Lüben gesprochen, von seinem Vater und den schönen vergangenen Zeiten.

Pfarrer Rudolf Irmler LHB 1/1992