Als Adolf Raschke eine eigene Existenz besaß, konnte er endlich an die Gründung einer Familie denken. Im Juli 1924 heirateten er und Anise geb. Bustany beim Deutschen Konsulat in Jerusalem. Von Alexandria aus ging die Schiffsreise nach Hamburg und von da aus mit dem Zug nach Berlin und Lüben.
Für Anise Raschke war nicht nur der Klimawechsel bedeutend, vielmehr noch das Heimweh, das Eingewöhnen in andere Verhältnisse und die Schwierigkeiten, die ihr als Ausländerin gemacht wurden. 1932 reiste sie aus Gesundheitsgründen für ein Jahr mit ihren Kindern Friedrich (* 1925) und Asta (* 1927) zu den Eltern nach Jerusalem. Die jüngste Tochter Sigrid wurde 1938 ebenfalls in Lüben geboren.
Der ganze Irrsinn der nationalsozialistischen Rassenideologie zeigte sich auch in den Verdächtigungen und Konsequenzen, die Familie Raschke aufgrund der Herkunft von Anise zu ertragen hatte. Anise war keine Jüdin. Ihr Vater Faris Bustany stammte aus dem Libanon. Dort waren seine Eltern 1860 bei den Pogromen gegen die Christen ermordet worden. Er kam in das von dem deutschen Lehrer und Missionar Johann Ludwig Schneller gegründete und geleitete Syrische Waisenhaus in Jerusalem, wo er das Tischlerhandwerk erlernte und später Meister wurde. Dass in der Familie Bustany Deutsch gesprochen wurde, rührt aus dieser Zeit.
Die Nazis verlangten von Anise Raschke den "Ariernachweis". Es war ihr jedoch unmöglich, Beweisdokumente für ihre Familiengeschichte zu erbringen. Die Kinder der Familie Raschke mussten z. B. das Lübener Gymnasium verlassen bzw. wurden gar nicht erst zugelassen, weil es an "Beweisen" für ihre Abstammung fehlte! Adolf Raschke hat auch während dieser schlimmen Zeit stets treu und liebevoll zu seiner Frau gestanden.
Er wurde im zweiten Weltkrieg nicht eingezogen, weil seine Werkstatt "kriegswichtig" war. So hatte er in dieser Zeit die einzige Fahrschule und den alleinigen Einbau von Holzgeneratoren in Lüben. Im Januar 1945 mußte auch er Lüben verlassen.
Im Mai kehrte er nach Lüben zurück. Anfangs konnte er weiter Fahrzeuge reparieren, wenn es auch an Ersatzteilen und Hilfskräften fehlte. Von den Russen wurde er zusammen mit anderen deutschen Handwerkern für ca. sechs Jahre als Schlosser arbeitsverpflichtet. Er wurde enteignet und in seiner Werkstatt eine Tischlerei untergebracht. In den 1950er Jahren arbeitete Adolf Raschke als Maschinenschlosser in der Pianofabrik.
Er durfte jedoch mit seiner Familie in den Nachkriegsjahren in seinem Haus wohnen und seinen Garten bebauen. Trotz aller Schwierigkeiten, die sie - nun als Deutsche! - in den ersten Jahren erleben mussten, blieb die Familie bis nach dem Tod von Adolf Raschke in Lubin. Er fand dort auf dem Friedhof seine letzte Ruhestätte. 1967 übersiedelten seine Witwe Anise Raschke (1894-1977) und Sohn Friedrich zur Tochter Asta nach Deutschland. Tochter Sigrid blieb in Lubin.
Mit einem herzlichen Dank für die Bilder und Informationen an Asta geb. Raschke, Dezember 2011