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Geschichtliches aus dem Kreise Lüben Der Kreis Lüben ist territorialer Bestandteil der Erwerbungen Friedrichs des Großen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Im Landratsamt hing eine Karte aus alter Zeit, auf der das Gebiet von und um Liegnitz und Lüben als "Weichbild" gekennzeichnet war. Ob diese uns jetzt eigentümlich anmutende Bezeichnung aus der österreichischen Zeit übernommen oder erst nach der Besitzergreifung Schlesiens durch den preußischen König geprägt wurde, ist nicht bekannt. Es ist auch nicht bekannt, ob das "Liegnitz'sche Weichbild" einen Verwaltungsbezirk bildete oder lediglich eine Geländebezeichnung darstellte. Später, etwa im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reformen, wurden aus diesem Gebiet die Kreise Liegnitz und Lüben mit dem Sitz der Verwaltungen in Liegnitz und Lüben gebildet. Im Laufe der Zeit wurden an den Kreisgrenzen mehrfach Änderungen vorgenommen; man gab dem Kreis Lüben einige Gemeinden, nahm ihm aber auch wieder mehrere ab. Die letzte Grenzänderung erfolgte bei Durchführung des Gesetzes über die Neuregelung der Landkreise im Jahre 1932. Damals bestand für den Kreis Lüben die Gefahr der Auflösung und Verteilung seines Gebietes an die benachbarten Kreise. Den tatkräftigen Bemühungen des Landrats Freiherrn von Stosch gelang es jedoch, den Kreis Lüben zu erhalten und darüber hinaus ihn durch Teile des der Auflösung verfallenen Kreises Steinau um die Gemeinden Raudten-Stadt, Altraudten, Brodelwitz, Mlitsch, Oberdammer, Queißen, Töschwitz und Zedlitz zu vergrößern. Dadurch erreichte der bevölkerungsmäßig noch kleine Kreis eine Einwohnerzahl von ca. 40000. Der Gebietsumfang des Kreises Lüben umfaßte rund 730 qkm; davon entfiel auf den Wald ein Drittel. Seit 1919 wurde der Kreis durch die Landräte Freiherr von Stosch (1919-1933), Pfeiffer (1933-1943) und Bourwieg (1943-1945) verwaltet. Frühere Landräte waren die Herren Bieß, von Dallwitz und Freiherr von Tschammer. Herr von Dallwitz wurde später Statthalter des Reichslandes Elsaß-Lothringen. Herr von Tschammer war sein Staatssekretär. Der Kreis Lüben als Bestandteil der "Perle Preußens" ist reich an Geschichte, die, soweit bekannt, nur bezüglich der Stadt Lüben durch die Chronik der Stadt Lüben von Pastor Klose festgehalten wurde... Franz Niesmak in LHB 7/1952 Kreis Lüben von Landwirtschaftsrat Dr. Paul Knoblich (1900-1960, Direktor der Landwirtschaftsschule Lüben 1934-1945) Die Grundlagen der Erzeugung Der Kreis Lüben liegt etwa in der Mitte der Ostgrenze des Regierungsbezirkes Liegnitz. Er ragt im Norden mit dem Barschau-Polacher und Raudtener Zipfel weit hinein in den Glogauer und Wohlauer Kreis; im Westen begrenzen ihn die Kreise Bunzlau und Sprottau, während im Süden und Südwesten eine lange Grenze mit dem Liegnitzer und Goldberger Kreise besteht. Aus diesen Kreisgrenzen ergibt sich eindeutig, daß der Kreis geographisch eine Übergangslandschaft darstellt. Er bildet den Übergang aus der fruchtbaren Mulde des Urstromtales der Oder in die Heide- und Moorlandschaft der Kreise Bunzlau und Sprottau, der er in seinem Westteil bereits angehört. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß er nur zu einem geringen Teil der völligen Ebene angehört, und zwar im südöstlichen Zipfel, der vom Petschkendorfer Wasser und der "Kalten Bache" durchflossen wird. Hier könnte man von der klassischen Form der Ebene sprechen, einer Aue, wie ja auch die in diesem Kreisteil gelegenen Dörfer Klaptau, Schwarzau, Herzogswaldau mit ihren Namen bekunden. Ebenfalls in einer Ebene, jedoch ganz anders, liegt die Kreisstadt Lüben (129 NN). Nach allen Seiten hebt sich hier das Gelände. Der Kreis wird von Nordosten nach Südwesten von einem Höhenzug deutlich in einen größeren Westteil und einen kleineren Ostteil zerlegt, etwa auf der Linie Hochkirch - Petersdorf - Braunau - Fuchsmühl. Dieser Höhenzug erreicht bei Petersdorf mit 229 m seinen höchsten Punkt und damit die höchste Erhebung des Kreises überhaupt. Bei gutem Wetter bietet sich hier ein guter Fernblick nach Süden über die Wälder und Felder des Kreises nach den Höhen des Bober-Katzbach-Gebirges. An besonders klaren Tagen reicht der Blick bis zum Kamm des Riesengebirges. Hier zweigt nach Osten über Eisemost - Jauschwitz - Mlitsch - Töschwitz fast rechtwinklig ein zweiter Höhenzug ab, der um Eisemost und Rinnersdorf eine reizvolle Tal- und Hügellandschaft bildet und dieser Gegend die Bezeichnung "Lübener Schweiz" eingebracht hat. Dieser Höhenrücken bestimmt den Charakter der gesamten Landschaft in dem Dreieck Lüben - Raudten - Polkwitz. Seine höchste Erhebung ist der "Pilz" bei Koslitz (216 m). Ein dritter Höhenzug stößt im Süden im Gebiet von Sabitz-Spröttchen auf den zuerst erwähnten. Er zieht sich herüber von Buchwäldchen - Mühlrädlitz, um sich ganz im Westen des Kreises bei Raupenau im Sumpfgebiet des Kotzenauer Forstes zu verlieren. Niedriger als sein nördlicher Bruder, steigt er immerhin im Fuchsberg bei Spröttchen bis zu 181 m an. Der von Nordosten nach Südwesten sich erstreckende Höhenzug teilt den Kreis nicht nur geographisch, sondern trennt zwei deutlich voneinander zu unterscheidende Landschaften. Im Osten des Kreises überwiegt das wellige, von tiefeingeschnittenen Bachtälern durchzogene Gelände, das überwiegend dem Ackerbau dient und von verstreut liegenden Wäldern und Büschen unterbrochen ist. Geschlossene Waldgebiete finden wir hier nur im Norden der Kreisstadt (Lübener Heide), sowie an der Südgrenze im Brauchitschdorfer Forst und der Liegnitzer Stadtheide. Der Westteil des Kreises gleicht mehr einer Hochebene, die an der Grenze nach Westen in die Niederungen des Modlau-Primkenauer Bruches übergeht. Wir finden hier ein Gemisch von Acker-, Wiesen-, Moor- und Heidelandschaft, in die sich von Norden die Ausläufer der Lübener Heide und vom Westen die großen Waldungen des Kotzenauer Forstes verschieben. Diesen geographisch-landschaftlichen Gegebenheiten folgt auch G. von Geldern-Crispendorf in "Die wirtschaftsgeogra-phische Struktur der Landschaft Schlesien". Er rechnet den oben beschriebenen Westteil des Kreises zur "Heide nördlich des Schwarzwassers", den Ostteil jedoch zum "Gebiet des Landrückens östlich des Glogauer Katzengebirges". In kleinem Umfange berührt von seinen Wirtschaftsräumen den Kreis noch an der Südgrenze "Die Niederung des Schwarzwassers", während sich von Nordosten die "Sprotteniederung" schmal und tief in das Heidegebiet einschiebt und in einigen Dörfern, vor allem in Parchau, Landschaft und Wirtschaft bedingt. In einer Landschaft und ihrer Wirtschaft spielt das Wasser immer eine bedeutende Rolle. Der Kreis Lüben besitzt keinen Fluß von Bedeutung. Er wird von einer Anzahl kleinerer Bäche durchzogen, die ihm einen gewissen Wasserreichtum gewährleisten; jedoch sind nur drei davon erwähnenswert. Es sind dies die Sprotte, das Schwarzwasser und der Kalte Bach, der im Volk und allgemein nur die "Kalte Bache" genannt wird. Die Sprotte entspringt in der Gemarkung Spröttchen und fließt, mit ihren Zuflüssen eine riesige Wiesenlandschaft von teilweise bruchartigem Charakter bildend, zwischen Braunau und Seebnitz hindurch an Hummel und Tirlitz vorbei, um bei Parchau den Kreis zu verlassen. Das Schwarzwasser, im Volksmund "die Schwarze" genannt, berührt den Kreis nur kurz bei Buchwald an seiner Südgrenze, bestimmt jedoch ganz wesentlich mit seinen Zuflüssen Landschaft und wirtschaftliche Struktur der im Süden liegenden Dörfer Michelsdorf, Fuchsmühl, Buchwald, Würtsch Helle und Kaltwasser. Der Kalte Bach entsteht aus mehreren Quellarmen bei Oberau, Guhlau und Lerchenborn, um, über Lüben - Klaptau abfließend, ostwärts Schwarzau den Kreis zu verlassen. Bei Steinau mündet er bereits in die Oder ein. Zusammenhängende Teichflächen befinden sich im Kreis bei Klein-Reichen, Buchwäldchen, Buchwald und im Gebiet des Kotzenauer Forstes. Die über den ganzen Kreis verteilten Wasserläufe bedingen es, daß an vielen Stellen mit einem ganz erheblichen Grundwasserstand zu rechnen ist, der zu umfangreichen Meliorationsmaßnahmen zwang. Der Boden Der Kreis Lüben weist stark wechselnde Bodenverhältnisse auf. Verwitterungsböden sind hier nicht zu finden. Es handelt sich vorwiegend um diluviale Böden. Stellenweise sind auch alluviale Ablagerungen zu finden, so vor allem im Gebiet des Schwarzwassers und der Sprotte. Die Armut der Quellgebiete dieser Bäche bedingt, daß es im wesentlichen nur alluvialer Sand ist, der stellenweise durch die Moorbildungsneigung dieser Bachtäler mehr oder weniger stark humos geworden ist. In unmittelbarer Nähe von Lüben tritt auch in kleinen Strichen (Altstadt) heller Lößlehm auf. Auch bei der Betrachtung der Bodenverhältnisse kann die im ersten Abschnitt festgelegte Einteilung des Kreises in einen Ost- und Westteil beibehalten werden. Das Gebiet des Landrückens, also der Ostteil, birgt den größten Teil des besseren Bodens. Wenn man von vereinzelt auftretenden Schweren Tonen (z. B. Petschkendorf, Zedlitz) absieht, handelt es sich bei diesen besseren Böden hauptsächlich um diluviale Lehme und sandige Lehme von teils beachtlicher Mächtigkeit, die sich besonders in der näheren Umgebung von Lüben, sowie zwischen Lüben und Steinau, abgelagert haben. Daneben finden wir alle Übergänge vom Lehm bis zum leichten Sand, der sich in diesem Kreisteil besonders in der Gegend um Raudten in den Vordergrund schiebt, sowie im Gesamtgebiet des die beiden Kreisteile trennenden Höhenrückens. Schmale Streifen alluvialer Sande mit manchmal beträchtlichem Humusgehalt finden sich nur im Bachtal des Kalten Bachs und des Raudtener Wassers, sowie in den Teichniederungen von Klein Reichen, Buchwäldchen und Schwarzau. Die Bodenarten sind jedoch nicht scharf abgegrenzt. Vielmehr sind meist die besseren Schläge strich- und nesterweise mit leichteren Bodenarten durchsetzt, wodurch die Schlageinteilungen sehr erschwert und die Durchschnittserträge stark gefährdet werden. Typisch fast für den gesamten Ostteil des Kreise ist ein meist unzureichender Grundwasserstand, der in trockenen Jahren auf den leichten Böden dieses Gebietes die Erträge nicht halten kann. Im Westteil, also in der "Heide nördlich des Schwarzwassers", sowie in den Niederungen der Sprotte und des Schwarzwassers herrscht der Diluvialsand vor, der hier meist auf eisenschüssigem Quell- und Schliefsand, stellenweise aber auch auf bindiger Unterlage ruht. Daneben treten Moorböden auf reinem Schliefsand und Kies auf. Der Diluvialsand enthält im Untergrund auf einigen Stellen starke Raseneisensteinbildung, so bei Kotzenau und Neuhammer. Bei Seebnitz und Groß Kotzenau finden sich auch Lehme bis sandige Lehme, die bald in größerer, bald in geringerer Ausdehnung in die Diluvialsande dieses Gebiets eingeschoben sind. Sie haben eine mittlere Mächtigkeit und ruhen teils auf bindiger Unterlage, jedoch meist auf eisenschüssigem Quell- und Schliefsand. Der Westteil weist überwiegend einen hohen Grundwasserstand auf. Daher ist hier der leichte Boden graswüchsiger als der bessere des Ostteils. Der beste Beweis ist das enge Grünlandverhältnis im Westteil, das im Durchschnitt bei 1:2,5 liegt, während es im Ostteil 1:7 beträgt. Die Sprotteniederung weist überwiegend Alluvialsande und Moorboden auf. Der Bruchcharakter ist durch umfangreiche Meliorationen im Gebiet des Sprottelaufes fast verschwunden. Jedoch sind diese Meliorationen noch nicht beendet, so daß auch hier noch weite Grünland-Ackerflächen als verbesserungsfähig anzusprechen sind. Im Gebiet der Schwarzwasserniederung liegt der größte Teil der schweren Tonböden des Kreises (Würtsch Helle, Buchwald). Daneben finden wir hier in unmittelbarer Nähe des Flußlaufes alluviale Sande und Moorböden mit starker Raseneisensteinbildung. Gegen den hier von Osten nach Westen verlaufenden Höhenrücken kommen wir in ein schmales Gebiet von lehmigen Sanden bis sandigen Lehmen, während der Südhang dieses Höhenrückens Diluvialsand trägt. Entsprechend der wechselnden Bodengüte liegen die Einheitswerte (1937) des Kreises sehr verschieden. Der Durchschnittswert beträgt 765.- RM je ha. Der Westteil ergibt einen durchschnittlichen Einheitswert von 614.- RM, während er für den Ostteil mit 820.- RM errechnet werden kann. Welche große Spanne jedoch zwischen dem niedrigsten Einheitswert von 246.- RM, der dem höchsten Einheitswert von 1663.- RM (Klasse 11) gegenübersteht! Das Klima Das Klima wird bestimmt durch Wärme und Niederschläge. Die durchschnittliche Jahrestemperatur kann für den Kreis mit 7,5° Celsius angegeben werden. Kälterückfälle sind im Frühjahr keine Seltenheit. Diese Jahreszeit bringt auch meist stark austrocknende Winde, die der Winterfeuchtigkeit, besonders auf den leichten Böden, sehr abträglich werden. Im Westteil des Kreises treten auf den Moorböden und stark humosen Sandböden fast regelmäßig Spätfröste auf, durch die oft erhebliche Schäden an den Saaten, vor allem bei der Kartoffel, verursacht werden. Die Frühjahrsbestellung beginnt meist Anfang März/Anfang April. Milde, sonnige Herbste, die allerdings häufig trockene Ostwinde bringen, gestalten die Vegetationsperiode noch immerhin ziemlich lang. Die Niederschläge des Kreises liegen im 40jährigen Durchschnitt (1890-1929) zwischen 520 und 634 mm (Durchschnitt 570), wobei Raudten als regenärmstes und Kotzenau als regenreichstes Gebiet sich auszeichnen. Die Jahresniederschläge besagen nicht alles. Vielmehr muß die Monatsverteilung untersucht werden. Ausreichende Winterfeuchtigkeit, die, wie bereits erwähnt, jedoch meist den Böden durch starke Frühjahrswinde entzogen wird, ermöglicht eine noch gute Frühjahrsbestellung und sichert den Aufgang der Saat. In den Hauptwachstumsmonaten, Mai-Juli, ist ausreichender Niederschlag vorhanden. Der August bringt so viel Niederschläge, daß auch die Fortentwicklung der Hackfrüchte gesichert erscheint. Leider liegen die Wachstumsverhältnisse in Wirklichkeit nicht so günstig: Die hohen Durchschnittszahlen der Hauptvegetationsmonate Mai-Juni werden durch ganz wenige Jahre hochgedrückt. Diese Jahre bringen Niederschläge, die für sehr viele Gegenden des Kreise" mit Rücksicht auf den hohen Grundwasserstand schon ein Zuviel bedeuten. In der Mehrzahl der Jahre bleibt der Niederschlag im Mai und Juni bedeutend hinter der Zahl des 40jährigen Durchschnitts zurück, die man als notwendiges Mindestmaß betrachten kann. Die hohen Zahlen für Juli führen auch in die Irre, da in diesem Monat sich meist die stärkeren Niederschläge erst gegen Monatsende einstellen, wo sie für Getreide und Futterbau zu spät kommen. Vielleicht ist die Gewitterarmut des Kreises eine Erklärung für diese Sachlage. Die Mehrzahl der Gewitter kommt aus dem Westen und dreht gewöhnlich über dem Kotzenauer Forst nach Nordosten ab, ohne den Hauptteil des Kreises zu erreichen. Überschreitet jedoch ein Gewitter diese Sperre, dann kommt auf den Kreis regelmäßig ein kleiner Wolkenbruch herab, der zwar den Jahresdurchschnitt wesentlich erhöht, aber von den ausgetrockneten Sandböden nicht ausgenutzt werden kann und die tiefergelegenen Gebiete mit einer Überschwemmung heimsucht. Tatsache ist, daß in der Hauptvegetationszeit des Getreides und des Feldfutterbaues die Niederschläge der meisten Jahre unzureichend sind. Dies trifft auch zu für die Entwicklung der Untersaaten. Aber ebenso ist es Tatsache, daß die Niederschlagsmengen im Juli und August für eine günstige Hackfruchternte und eine gute Entwicklung des Zwischenfruchtbaues in Form der Stoppelsaat eine ausreichende Grundlage bieten. Die Besiedlung Es ist nicht Aufgabe dieses Aufsatzes, einen Aufriß der Geschichte des Lübener Kreises zu geben. Ich verweise hier auf die Chronik der Stadt Lüben von Konrad Klose, sowie auf die zahlreichen Veröffentlichungen zur Vor- und Siedlungsgeschichte des Kreises Lüben von Dr. Treblin. Vielmehr kommt es hier nur auf die Tatsachen an, die dem Kreis Lüben sein heutiges Siedlungsbild gegeben haben. In slawischer Zeit finden wir nur im Ostteil des Kreises eine stärkere Besiedlung. Die Burg Lobin gehört zu den ältesten schlesischen Kastellen. Der Westteil erscheint fast menschenleer, bedeckt von Ausläufern des ungeheuren Grenzwaldes, der Schlesien nach dem Westen abriegelt. Deutlich sind vier Abschnitte zu erkennen, die das Siedlungsbild des Kreises mehr oder weniger stark beeinflussen: 1. Die Gründung deutscher Städte und Dörfer im Zuge der deutschen Wiederbesiedlung Schlesiens im 13. Jahrhundert Im Kreise Lüben setzt die Wiederbesiedlung verhältnismäßig spät ein. Von Sprottau aus, das schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts erfaßt war, sind die deutschen Siedler zunächst über die leichten Böden des Kreises hinweg nach den besseren Böden des Steinauer Bezirkes vorgestoßen. Jedenfalls war um 1275 die Brücke zwischen dem westlichen und dem östlichen Teil des damaligen Herzogtums Steinau, etwa das heutige Lübener Kreisgebiet, noch nicht von deutschen Siedlern besetzt. Um 1280 mag hier unter Herzog Primko die Siedlungsarbeit eingesetzt haben, und zwar sowohl über Lüben als über Raudten hinweg. In beiden Gehieten finden wir nach Angaben des Liberfundationis um 1305 deutsche Dörfer. Die Auslegung der Städte und Dörfer verlief nach den gleichen Grundsätzen und Gepflogenheiten wie überall in Schlesien. Wichtig ist für unsere Betrachtung, daß für die Anlage der Dörfer überwiegend die Form des deutschen Reihendorfes gewählt wurde. Diese Form tritt ja bekanntlich nicht nur im Gebirge und Vorgebirge unserer Heimatprovinz auf, sondern auch im Gebiet des sogenannten Grenzwaldes, der zu Beginn der Wiederbesiedlung den Kreis Lüben zum Teil noch bedeckte, also fast überall dort, wo Wald zur Dorfanlage gerodet werden mußte. Typische Vertreter dieser Dorfformen finden wir in Groß-Reichen und Groß-Kotzenau. Die alten Bauernhöfe dieser Dörfer haben auch heute noch meist eine Größe von 25 bis 30 ha, also die der alten Waldhufe oder fränkischen Hufe, was für das deutsche Reihendorf typisch ist. Im Norden, aber auch im Osten des Kreises, tritt das Straßendorf auf. So zum Beispiel in Zedlitz, Alt Raudten und Queißen. Letzteres Dorf kann sogar als Angerdorf angesehen werden. Hier finden wir auch eine andere vorherrschende Wirtschaftsgröße in der 10-15 ha Wirtschaft, der alten kleinen oder flämischen Hufe. Allerdings sind in dieser Gegend die Dorfformen nicht ganz rein, durch Teilung und Umlegung verwischt und vielfach wohl von Anbeginn Mischformen, wie dies überall in den Grenzgebieten dieser beiden Dorftypen zu finden ist. In Mühlrädlitz finden wir einen typischen Rundling, eine Dorfform, die lange als slawisch angesehen wurde, jedoch unabhängig von der Volkszugehörigkeit der Siedler oft in umkämpften Grenzgebieten zu finden ist. Das Bild dieser grundlegenden Dorfformen ist durch die Bildung oder Ausdehnung des Dominialbesitzes häufig stark verändert worden. Flurnamen auf Dominialfeldern erinnern oft daran, daß Bauerngüter gelegt, d. h. zum Gutslande hinzugeschlagen worden sind, so z. B. auf der Gutsgemarkung Groß-Krichen die "Goldene Hufe" oder "Die Güter". Im Dreißigiährigen Kriege sind eine Reihe von Dörfern verödet oder nach dem Kriege an anderen Stellen wieder angelegt worden. So finden sich Anhaltspunkte für untergegangene Dörfer, z. B bei Ossig (Kirchgebirge), Groß-Krichen (Nordteil der Dorfgemarkung) und Lerchenborn. Diese Einflüsse des Abschnittes haben jedoch nicht grundlegend das Bild dieser Besiedlung ändern können. Kleinere Neugründungen von Dörfern entstanden zur Zeit Friedrichs des Großen, der durch seine Kolonialisationsarbeit Siedlungslücken zu schließen trachtete. Im Zuge dieser Arbeit entstanden Neurode, Lübenwalde, Bohlendorf, Friedrichswalde und Friedrichshuld. Diese Dörfer - oder besser Weiler - sind sämtlich auf sehr leichtem Waldboden angelegt und sollten wahrscheinlich Wald- und Landarbeitersiedlungen darstellen, um dem Grundbesitz den Übergang zu der durch Friedrich den Großen geplanten und eingeleiteten Bauernbefreiung zu erleichtern. Endlich muß auch die Bauernsiedlung der Zeit nach dem [1.] Weltkrieg Erwähnung finden. Sie hat zwar keine neuen Dörfer geschaffen, jedoch eine Umlagerung der Besitzgröße eingeleitet und das Dorfbild verschiedener Gemeinden wesentlich verändert. Insgesamt sind im Kreis Lüben bis 1940 19 Güter aufgesiedelt worden. In 20 Siedlerblocks und einigen Einzelsiedlungen sind insgesamt 287 neue Bauernhöfe entstanden. Die Kleinsiedlerstellen für Landarbeiter und Handwerker sind in dieser Zahl nicht eingerechnet. Wenn man bedenkt, daß diese Neubauernhöfe bereits 15 % aller Wirtschaften über 6 ha umfassen, wird man zugeben müssen, daß durch sie eine beträchtliche Veränderung des Siedlungsbildes herbeigeführt wurde. Die Grundform der Bauernhöfe des Kreises ist ziemlich einheitlich. Überall finden wir im wesentlichen das fränkische Vierseitgehöft, wie es von den Siedlern des 13. Jahrhunderts aus der Heimat mitgebracht worden ist. Diese Siedler haben wohl überwiegend der fränkisch-thüringischen Gruppe angehört, worauf auch noch die Mundart hinweist. Die Mundart des Kreises ist nicht einheitlich. In den Städten wird das etwas breite Stadtschlesisch gesprochen. Im Hauptteil des Kreises herrscht eine dem schlesischen Gebirgsdialekt verwandte Mundart vor, ähnlich der in der Gegend von Liegnitz und Haynau, während in der Gegend um Parchau das breite, gedehnte Oderplatt auftaucht. Der Kreis Lüben umfaßt heute 713 qkm. Nach der Volkszählung von 1939 besitzt er 39 643 Einwohner, d. h. 55,6 je qkm gegen 120,5 der Provinz Schlesien und 140 des Altreichsdurchschnittes. Davon wohnen 16 272 in den drei Städten Lüben (10 745), Kotzenau (3 883) und Raudten (1 644), während 23 371 in 58 Dorfgemeinden und einem Forstgutbezirk beheimatet sind. Nur zwei Dörfer besitzen über 1000 Einwohner, Groß-Kotzenau (1 375) und Herzogswaldau (1 065), während 43 Dörfer unter 500 Einwohner aufweisen. Es wohnen demnach 41 % der Kreisbewohner in den Städten und 59 % auf dem Land. Die ländliche Bevölkerung ist jedoch nicht restlos gleichbedeutend mit der landwirtschaftlichen. Besonders in der Gegend um Kotzenau wohnen sehr viele Industriearbeiter auf dem Lande. Immerhin beträgt der Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung mit 17 704 rund 44,7 % der Gesamtbevölkerung. Dies liegt weit über dem Durchschnitt der Provinz Schlesien mit 27 % und des Altreiches (21 %). Mithin kann der Kreis Lüben als überwiegend landwirtschaftlich ausgerichtet angesehen werden, zumal kein anderer Berufsstand die Zahlen der Landwirtschaft erreicht. Verkehr und Markt Die Verkehrsverhältnisse des Kreises sind noch etwas unentwickelt. Der Ostteil wird durchschnitten von der Vollbahnlinie Lüben-Raudten, welche sowohl in Liegnitz als auch in Raudten Anschluß an die großen ins Reich führenden Verkehrsadern findet. Im Westen wird der Kreis von der Bahnlinie Reisicht-Waltersdorf berührt. Der größte Teil des Kreises ist auf die Kleinbahnen Lüben-Kotzenau und Raudten-Heerwegen (Polkwitz) angewiesen. Läßt man diese Kleinbahnen außer Betracht, so gibt es Orte im Kreis, die bis zu 12 km von einer Eisenbahnstation entfernt sind. Vor allem ist durch diesen Zustand die Kreisstadt für den gesamten Westteil des Kreises nur schwer erreichbar. Durch eine Kraftwagenlinie Lüben-Kotzenau ist diese Tatsache in den letzten Jahren allerdings etwas gemildert worden. Obwohl der für den Absatz wichtige Oderhafen Steinau nur 15 km entfernt liegt, ist doch keine unmittelbare Bahnverbindung nach dort vorhanden. Eine solche Verbindung würde sich bestimmt vorteilhaft für den Kreis Lüben auswirken. Von wichtigen Straßen durchschneidet die Heeresstraße Breslau-Berlin den Kreis auf der Linie Parchwitz-Lüben-Heerwegen. Bis auf einige kleine Ortschaften (Bohlendorf, Würtsch Helle, Koslitz, Fauljoppe, Klein-Reichen, Klaptau, Oberdammer) sind alle Gemeinden unmittelbar an das Straßennetz des Kreises angeschlossen. Auf 7 qkm Gesamtkreisfläche kommen 453 m Straße. Die Kreisstadt liegt nahe der Ostgrenze, die bei Zedlitz nur 8 km von ihr entfernt ist, während wir an der Westgrenze die Ortschaften mit der größten Entfernung zur Kreisstadt finden. Es sind das Neuhammer mit 31 km und Jakobsdorf mit 29 km. Die mittlere Entfernung aller Orte zur Kreisstadt beträgt 12,85 km. In der Kreisstadt sind sämtliche Verwaltungsdienststellen untergebracht. So finden wir hier neben der Kreisverwaltung, der Kreisbauernschaft, das Finanzamt, das Katasteramt, Arbeitsamt usw. Die Industrie spielt eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle im Kreis. Der Hauptindustrieort des Kreises ist Kotzenau mit der Marienhütte und mehreren kleinen eisenverarbeitenden Werken. In Lüben sind die Lübener Holz- und Metallwerke zu nennen. Mehrere Ziegeleien, deren größte die Stadtziegelei von Lüben ist, nutzen die Lehmlager des Kreises aus. Der Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse dienen die Zuckerfabrik in Lüben, die Kartoffelflocken-Fabriken in Raudten, Lüben, Rinnersdorf und Mühlrädlitz, die Stärke-Fabrik in Ziebendorf sowie eine Anzahl Guts- und Genossenschaftsbrauereien und zahlreiche kleinere Mühlen. Der Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist nicht als günstig zu bezeichnen, weil die Städte des Kreises die Produkte nicht aufnehmen können. Der Kreis Lüben ist auf allen Gebieten der landwirtschaftlichen Erzeugung Überschußgebiet. Durch die Entfernung der nächsten Großmärkte Breslau (75 km), Dresden (220 km) und Berlin (260 km) wird die Absatzlage gekennzeichnet. Genaue Zahlen über den Überschuß des Kreises sind nicht sicher zu erlangen, jedoch kann nach den Umsätzen des Landhandels z. B. bei Roggen damit gerechnet werden, daß je nach der Größe der Ernte 50 bis 60 % der Gesamterzeugung außerhalb des Kreises zum Verbrauch kommen. Ähnlich liegen die Verhältnisse auch bei den tierischen Produkten. Der für den Absatz wichtige Handel hat sich fast restlos in der Kreisstadt niedergelassen. Daneben haben für einige Dörfer des Ostteils die Handelsfirmen in Steinau besondere Bedeutung, während die Umgegend von Raudten schon wieder teilweise mit Glogauer Verteilern arbeitet. Ebenso nimmt der Handel von Liegnitz und Haynau Anteil am Absatz der Dörfer an der Südgrenze. Wichtig für den Kreis ist auch die Arbeit der Raiffeisengenossenschaften. Die landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft Raiffeisen unterhält in Lüben eine Niederlage, die mit einer Zweigstelle in Heerwegen auf den Südteil des Kreises Glogau übergreift. Am Warenumsatz sind besonders beteiligt die Genossenschaften in Seebnitz, Groß-Kotzenau und Raudten. Daneben betreiben sämtliche Spar- und Darlehenskassen das Warengeschäft. Insgesamt weist der Kreis folgende Genossenschaften auf: 47 Spar- und Darlehenskassen; 40 Elektrizitätsgenossenschaften; 2 Molkereigenossenschaften (Lüben, Kotzenau) ; 1 Kartoffelfabrikgenossenschaft (Lüben); 2 Brennereigenossenschaften (Gläsersdorf, Fauljoppe); 1 Maschinengenossenschaft (Fauljoppe). Nutzung und Verteilung des Bodens Betriebsgrößenverteilung Der Kreis besitzt 2 781 Betriebe mit 63 221 Hektar Gesamt-Betriebsfläche.
Das Kulturartenverhältnis Die Kreisfläche gliedert sich wie folgt:
Der Kreis Lüben besitzt demnach neben 59,2 % landwirtschaftlicher Nutzfläche insgesamt 34,1 % Wald, d. h. daß über ein Drittel der Kreisfläche mit Wald bedeckt ist. Betrachtet man die landwirtschaftliche Nutzfläche gesondert, so ergibt sich folgendes Bild:
Das Grünlandverhältnis des Kreises Lüben liegt also bei 1:4 und ist damit günstiger als in der Provinz Schlesien (1:4,5). Allerdings verteilt sich das Grünland nicht gleichmäßig auf den Kreis. Der Hauptteil des Grünlandes, rund 5 000 ha, d. h. 63 % liegt im Westteil des Kreises. Hier ist das Grünlandverhältnis einiger Orte (Kotzenau und Neudorf) 1:2, während es sich in manchen Wirtschaften des Ostteiles auf 1:10 und weiter ausdehnt. Die Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf die Betriebsgrößen zeigt nachstehende Übersicht:
Die landwirtschaftliche Erzeugung Ackerbau Eine Zusammenstellung der üblichen Feldfrucht-Gruppen ergibt:
Im Kreis Lüben nimmt das Ackerland 87,7 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein. Daneben steht das Grünland mit 19,5 % Dies ergibt, wie schon erwähnt, ein Grünlandverhältnis von 1:4. 39 % des Ackerlandes liegen im Westteil, neben 63 % des Gesamtgrünlandes. Dieser Kreisteil weist ein Grünlandverhältnis von 1:2,5 % auf. 61 % des Ackerlandes umfaßt der Ostteil neben 37 % des Gesamtgrünlandes. Wir haben hier ein durchschnittliches Grünlandverhältnis von 1:7. Dem Getreidebau fallen insgesamt 60,7 % der Ackerfläche zu. Davon nimmt der Roggen mit 32,6 % des Ackerlandes die Hauptfläche ein und zeigt sich damit gleich als Hauptfrucht des Kreises. Weizen 6,1 und Gerste 8,4 % treten dagegen stark zurück, was durchaus mit den Bodenverhältnissen im Einklang steht. Die zweitstärkste Halmfrucht ist der Hafer mit 10 %. Seine zum Teil sehr fragliche Sicherheit auf den Lübener Böden hat ihm in den letzten Jahren erhebliche Einbußen gebracht. 1935 lag seine Anbaufläche um fast ein Drittel höher. Er wurde zurückgedrängt durch den Gerst-Hafer, der bisher 3,6 % des Ackerlandes ausmacht, und durch den Körnermaisbau mit 1,3 % In beiden Früchten liegt eben eine weit größere Sicherheit gegenüber den Wechselfällen des Witterungsverlaufes; vor allem aber ermöglichen sie auch noch das Vortreiben des Futtergetreidebaues auf Böden, wo der Hafer allein nicht mehr gedeihen will. Die Hackfrucht nimmt 30,7 % des Ackerlandes ein. Bei ihr gibt die Kartoffel mit 22 % den Ausschlag. Bei den Rübenarten finden wir die Zuckerrübe mit 3,8 %, die Futterrübe mit 3,3 % und die Kohlrübe mit 0,2 % des Ackerlandes vertreten. Der Rübenbau erlitt in den Jahren 1930-1936 schwere Schäden durch das Auftreten der Rübenblattwanze. Der gesamte Kreis unterlag in diesem Jahre den Bekämpfungsmaßnahmen, die erst 1937 gelockert und 1938 aufgehoben werden konnten. Das an sich gute Grünlandverhältnis, aber auch die geringe Futterwüchsigkeit der meisten Böden, bringt bei dem Feldfutterbau nur eine geringe Ausdehnung. Wir finden hier als wichtigste Pflanze den Rotklee (nebst Kleegrasgemischen) mit 3,2 %, die Luzerne mit 2,5 %, den Grünmais mit 1 % und die Süßlupine mit 0,4 % der Ackerfläche. Mit Ausnahme des Grünmaises kann man allerdings eine langsame Vorwärtsentwicklung feststellen. So war der Anteil an dieser Pflanzen 1935 bei Rotklee 2,5 %, bei Luzerne 2,0 % und bei Süßlupine 0,2 % der Ackerfläche. Die Ölfrüchte haben sich im Laufe der Jahre in allerdings unbedeutendem Umfang erhalten (0,1 %), während der Flachs, gemessen an den Wachstumsverhältnissen für diese Pflanze, einen erfreulichen Fortschritt zeigt. Von 0,2 % der Ackerfläche im Jahre 1935 ist er bis 1939 auf 0,8 % angestiegen. Er kann gut noch die doppelte Anbaufläche erreichen. Flächenmäßig unbedeutend, aber trotzdem wirtschaftlich für einige Dörfer (Zedlitz, Herzogswaldau, Braunau usw.) sehr maßgebend, ist der Gemüsebau, vor allem in Form von Gurken, Kraut und Spargel. Hier sehen wir die Ausstrahlung des Liegnitzer Gemüsebaugebietes, sowie die Wirkung der durch dieses geschaffenen Absatzmöglichkeit. 241 ha sind dem Gemüsebau des Kreises gewidmet, von denen der größte Teil sich in der Nähe der Kreisstadt, also im Ostteil, befindet. Ein sehr wichtiges Gebiet ist der Zwischenfruchtbau. Wie fast alle Kreise mit leichtem Boden kann hier der Kreis Lüben günstige Zahlen aufweisen. 87 % aller Betriebe über 5 ha haben ihn eingeführt. Insgesamt umfaßt er 18 % des gesamten Ackerlandes. Der Obstbau hat nur stellenweise besondere Bedeutung. So finden wir in Würtsch Helle am Südabhang des parallel zur Südgrenze verlaufenden Höhenrückens ein Dorf, in dem der einzige Obstbauverein des Kreises segensreiche Arbeit geleistet hat. Ferner zeichnet sich auch Töschwitz durch eine günstige Obstlage aus. Viel Interesse bringt vor allem die Kreisverwaltung bei der Bepflanzung längs der Kreisstraßen dem Obstbau entgegen. Die Sortenfrage auf dem Gebiet des Ackerbaues kann für den Kreis als geklärt angesehen werden. In dieser Tatsache hat der Beratungsring Lüben seit dem Jahre 1931 eine erfolgreiche Arbeit geleistet. Er umfaßt z. Zt. 27 Erbhöfe und 9 Großbetriebe mit insgesamt 4 567 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. d. h. rund 11 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche des Kreises. Die von ihm erarbeiteten Versuchsergebnisse geben eine einwandfreie Grundlage für die Sortenauswahl. Die Erträge des Ackerbaues sind abhängig vom Boden, Niederschlag, Fleiß und Mut des Bauern. Boden und Niederschläge sind ihnen im Kreis nicht günstig. Die Rückschläge der zahlreichen Dürrejahre haben den Mut stark mit Vorsicht gepaart. So überschritten nur 18 % der Betriebe über 5 ha einen Kunstdüngeraufwand von 40.- RM je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Diese Vorsicht hat die Lübener Bauern jedoch nicht zurückgehalten, auch beim Kunstdüngeraufwand dem Fortschritt zu folgen. So wurden in Betrieben über 5 ha z. B. 1937/38 folgende Mengen Reisnährstoffe angewandt
Wir sehen daraus, daß die Durchschnittswerte der Provinz erreicht, ja sogar bereits überschritten sind. Wir stellen aber auch an den Unterschiedswerten zu 1935/36 fest, daß der Kreis vorher nicht unerheblich unter den Durchschnittswerten der Provinz gelegen hat. Seit mehreren Jahren wird durch Neubaueranalysen der Nährstoffgehalt der Böden geprüft und durch Düngungsberatung ausgewertet. Leider kann diese Arbeit zur Zeit nur einen Bruchteil der Lübener Böden erfassen. Umfassend ist dagegen der Gesundheitszustand der Böden geprüft worden. In den Jahren 1936/37 wurden 75 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche des Kreises auf den Kalkzustand untersucht. Hierbei ergab sich folgendes Bild:Es waren
Wenngleich die Hauptfrüchte des Kreises zu den Pflanzen gehören, die noch auf schwach-saurem Boden zu wachsen in der Lage sind, so zeigt doch die Tatsache, daß fast 40 % der Böden nicht einmal diesen Zustand erreichen, wie weit der Boden noch von einer wirklichen Gesundung entfernt ist. Die Untersuchungen haben ihren praktischen Nutzen dadurch bewiesen, daß durch sie die Bauern zu einer erheblichen Steigerung der Kalkgaben angeregt wurden. 1937/38 betrug die Kalkgabe je ha 172 kg reines CaO. Sie überschritt damit erheblich den Provinzdurchschnitt von 127 kg CaO je ha. Trotzdem liegt hier noch eine erhebliche Reserve für die Ertragssteigerung, die durch ausreichende, systematische Kalkung mobilisiert werden kann. All diese Verhältnisse bedingen es, daß die Hauptfrüchte im Durchschnitt der Jahre 1930-1939 mit folgenden ha-Erträgen angegeben werden können:
Die Viehhaltung Das amtliche Viehzählungsergebnis von 1939 weist nach:
Nach diesen Zahlen weist der Kreis Lüben rund 27300 Großvieheinheiten auf. Je Großvieheinheit entfallen: Die Rindviehhaltung stellt natürlich das Schwergewicht der Viehhaltung dar. Das schwarzbunte Niederungsvieh ist im Ostteil unbedingt vorherrschend, während es im Westteil zum Teil noch mit dem rotbunten, vor allem aber mit Landvieh unbestimmter Abstammung um den Vorrang ringt. Das Schlesische Rotvieh finden wir noch bei Kotzenau und Raudten in einzelnen Dörfern. Sonst tritt es nur vereinzelt in einzelnen Wirtschaften auf (Sabitz und Zedlitz). Als Futtergrundlage weist der Kreis je Großvieheinheit 0,8 ha Futterfläche (einschl. Zwischenfrucht) auf. Er liegt damit über dem Provinzdurchschnitt von 0,7 ha. Auf 1 Stück Gesamtgroßvieh berechnet, entfallen ohne Zwischenfruchtbau 0,48 ha Futterfläche und mit Zwischenfruchtbau 0,68 ha. Die Zuckerrübenanbaufläche ist dabei zur Hälfte mit eingerechnet. Von dem Bestand an Milchkühen von insgesamt 13 074 stehen 8141 (62,6 %) unter Kontrolle, die vom Tierzuchtamt Steinau durchgeführt wird. 41 Herden sind dem Herdbuch angeschlossen, und zwar 40 Herden mit schwarzbuntem Niederungsvieh, 1 Herde mit Schlesischem Rotvieh. Die neue Körgesetzgebung hat auch die Grundlage für eine Verbesserung der Zucht gegeben. Es stehen jetzt für den Kreis zur Verfügung: 106 Bullen des schwarzbunten Niederungsviehes, 2 Bullen des rotbunten Niederungsviehes, 6 Bullen des Schlesischen Rotviehes. Wir ersehen aus diesen Zahlen, daß die Reinzucht des schwarzbunten Niederungsviehes als vorherrschend angestrebt wird. Im Jahre 1938 gaben im Durchschnitt:sämtliche Kühe 2361 kg Milch kontroll. Kühe 2845 kg Milch= 97 kg Fett Herdbuch-Kühe 3636 kg Milch =120 kg Fett Diese Zahlen geben einen schlagenden Beweis für den Wert einer systematischen Zucht und für die Notwendigkeit einer regelmäßigen Kontrolle. In Geld umgerechnet stellt die Gesamtmilcherzeugung des Kreises einen Wert von 3,5 Mill. RM dar, wobei die dem Erzeuger gezahlten Preise der Rechnung zugrunde gelegt worden sind. Der Kreis läßt den Provinzdurchschnitt um rund 130 kg je Kuh hinter sich; dagegen erzeugt er je ha landw. Nutzfläche 225 kg weniger. Die Erklärung liegt darin, daß die Besatzdichte mit Kühen hinter der der Provinz zurückbleibt. Die Schweinezucht zeigt 1938 einen Bestand von rund 29 000 Stück, d. h. je Schwein aller Größen entfallen 1,1 ha Ackerland. Die Zahl der Zuchtschweine deckt den eigenen Bedarf der Schweinehaltung und ermöglicht noch einen nicht unbedeutenden Ferkelabsatz, der hauptsächlich auf Ferkelmärkten in Parchwitz und Heerwegen zum Umschlag kommt. Ein eigener Ferkelmarkt im Kreis hat sich nicht durchsetzen können. Die Schweinehaltung hat in dem starken Kartoffelbau eine gute Grundlage. Unzureichend ist jedoch die Fläche an Futtergetreide, gerade in den Gegenden des stärksten Kartoffelanbaues. Der Zuchtwert der Bestände muß noch als mittelmäßig bezeichnet werden. Kreuzungsprodukte sind noch stark vertreten, wenngleich die Reinzucht des Deutschen Edelschweines die Oberhand gewinnt. Gefördert wird diese Entwicklung durch die bewußte Förderung des Deutschen Edelschweines durch die Körordnung. Es decken zur Zeit im Kreis 67 Eber des Deutschen Edelschweines und 1 Eber des veredelten Landschweines. Letztere Rasse ist erst durch westdeutsche Neubauern in den Kreis gekommen. An Stammzuchten ist leider nur eine bäuerliche Herde im Kreis vorhanden. Außer ihr gibt es jedoch noch einige Betriebe, die durch die Güte ihrer Zucht wesentlich zur Verbesserung der Leistung beigetragen haben. Für die Pferdezucht des Kreises ist eine Einteilung in zwei Zuchtgebiete erfolgt. Die Trennungslinie ist die Straße Parchwitz-Lüben-Heerwegen. Ostwärts dieser Linie ist die Kaltblutzucht zugelassen, westlich wird die Zucht des schweren Warmblutpfierdes angestrebt. Die Warmblutzucht greift jedoch stark auch in das östliche Gebiet über, wie überhaupt das Warmblutpferd nicht nur als das für den Kreis zweckmäßige, sondern als auch das vorherrschende bezeichnet werden kann. Der Kreis besitzt in Ossig eine staatliche Deckstation, die mit Warmbluthengsten besetzt ist. Von den auswärtigen Stationen üben noch die staatlichen Stationen Heerwegen und Michelsdorf (Kr. Goldberg) Einfluß auf den Kreis aus. Privathengststationen mit Warmbluthengsten befinden sich in Brodelwitz (Dr. Teichmann), Klein-Gaffron (Veltjen) und Braunau (von Goldacker). Die Kaltblutzucht wird hauptsächlich durch die provinzbekannten Zuchten von Peukert in Guhlau und Preiß in Töschwitz gestützt. Die Züchter sind im Kreispferdezuchtverein zusammengeschlossen. Er weist zur Zeit in der Abteilung Warmblut 73 eingetragene Stuten auf, von denen 30 im Hauptstammbuch stehen. Die Abteilung Kaltblut befindet sich augenblicklich in einer Reorganisation, so daß darüber keine Zahlen zu nennen sind. Der Kreis besitzt rund 3 600 Arbeitspferde, d. h. es kommen je Arbeitspferd 9,2 ha Acker bzw. 11,7 ha landw. Nutzfläche. Der Kreis ist also sparsam mit Gespannen besetzt. Da zur gleichen Zeit im Kreis 47 Schlepper und 5 Dampfpflüge gezählt werden, kann die Gespannhaltung jedoch als ausreichend bezeichnet werden. Außerdem werden im Kreis 1 883 Kühe zum Zug benutzt. Die Schafzucht des Kreises liegt ausschließlich in den Händen des Großgrundbesitzes. Die bäuerliche Haltung beschränkt sich im wesentlichen auf die Mast einzelner Hammel. Der Bestand betrug 1939 rund 5 500 gegenüber 3 000 im Jahre 1934. Dies bedeutet also eine Zunahme um 40 % Es wird nur das Merinofleischschaf gehalten. Die Ziegenhaltung liegt hauptsächlich in der Hand der Zwergbetriebe und in den Städten. Die Ziegenzuchtvereine in Lüben, Kotzenau und Raudten leisten eine züchterisch wertvolle Arbeit. Die Bockhalter des Kreises sind in dem Kreisziegenbockhalterverein zusammengeschlossen. Als Zuchtziel gilt die weiße, hornlose Edelziege. Von der sonstigen Kleintierzucht besitzt die Hühnerzucht steigende Bedeutung für den Kreis. Dafür spricht allein schon die Zunahme des Bestandes von 1938-1939 um rund 25 % Dieser Zunahme ist leider die Steigerung der Einzelleistung in den Beständen nicht im gleichen Schritt gefolgt. 1938 brachte es erst 4,9 % der Betriebe auf eine durchschnittliche Eierleistung von über 130 Eiern und insgesamt 7,2 % auf eine solche von über 100 Eiern. Die landwirtschaftlichen Betriebsformen Der Kreis läßt sich landwirtschaftlich in vier Wirtschaftsgebiete gliedern. Zwei von ihnen sind jedoch so klein und nähern sich den Verhältnissen des gesamten Westteils so stark, daß sie bei der Betrachtung der Betriebsverhältnisse, zu letzterem hinzugerechnet werden können. So haben wir es im wesentlichen mit zwei Hauptgebieten zu tun, nämlich dem Westteil und dem Ostteil. Entsprechend der geringen Bodengüte tritt im Westteil der Roggenbau stark in den Vordergrund, während er im Ostteil zugunsten des Weizens und der Gerste erheblich hinter der Anbaufläche des Gesamtkreises zurückbleibt. Die gesamte Getreidefläche übersteigt etwas den Kreisdurchschnitt im Westteil und bleibt im Ostteil um fast 4 % hinter ihm zurück. Beim Futtergetreidebau halten sich Hafer- und Menggetreidebau in beiden Gebieten genau die Waage. Das Menggetreide tritt meistens als Gerst-Hafer-Gemenge auf. Es hat wegen seiner größer Sicherheit den ursprünglich stärkeren Haferanbau zurückgedrängt und paßt sich im Ostteil den geringeren Niederschlägen und im Westteil dem geringen Boden gut an. Der Hackfruchtbau ist gleichmäßig vertreten, nur daß im Ostteil die besseren Böden und die günstigeren Absatzverhältnisse (Zuckerfabrik Lüben) dem Zuckerrübenanbau eine größere Fläche zuweisen, die nicht nur der Kartoffelbau, sondern ebenso stark der Futterrüben- und Kohlrübenbau bezahlen müssen. Beim Feldfutterbau ist es selbstverständlich, daß sowohl Rotklee als auch Luzerne im Westteil stärker zurücktreten und dafür der Seradella-Anbau größeren Anteil erhält. Aber auch der gesamte Feldfutteranbau ist hier schwächer. Die Erklärung liegt hier in den leichteren Böden und dem günstigeren Gründlandverhältnis. Umgekehrt liegen die Verhältnisse beim Zwischenfruchtbau. Während im Westen der Anteil des Zwischenfruchtbaues auf über 20 % der Ackerfläche steigt (Kreisdurchschnitt 18 %), sinkt er im Osten auf unter 15 % Der geringste Anteil ist hier in den Bauernwirtschaften zu finden, die stärkeren Zuckerrübenanbau besitzen. In diesen Wirtschaften sind die Anfälle von Rübenblatt und Rübenschnitzel als Grundfutter vielfach so bedeutend, daß der Zwang zum Zwischenfruchtbau für die Futtergewinnung nicht stark hervortritt. In der Viehhaltung ergibt sich, daß der Westteil etwas stärker mit Vieh besetzt ist. Eine Ausnahme machen die Pferde, da der schwere Boden des Ostteils eine stärkere Anspannung erfordert. Desgleichen werden im Ostteil mehr Schafe gehalten. Der Unterschied beim Rindvieh wird durch das engere Gründlandverhältnis bedingt, während er bei den Schweinen durch den stärkeren Kartoffelbau des Westteils erklärt wird. Auffallend ist die Tatsache; daß der Westteil sich in bedeutend stärkerem Maße der Schweinezucht zugewandt hat. Da bei der fast gleichen Schweinehaltung der Ferkelbedarf fast gleich ist, kann der Westteil als Lieferant für die Ferkelüberschüsse angesehen werden. . Bei jeder dieser natürlichen Erzeugungsbedingungen sind folgende Betriebsgrößen zu unterscheiden. Bei der Einteilung ist in erster Linie die benötigte Anspannung maßgebend, ebenso sehr aber auch der Einsatz der Familienkräfte und der fremden Arbeitskräfte: Landwirtschaftsrat Dr. Paul Knoblich (1900-1960, Direktor der Landwirtschaftsschule Lüben 1934-1945) |