Frieda Grummel geb. Meißner aus Polach
Gemeinde Polach














Frieda Meißner als Schulmädchen 1937

Frieda Grummel geb. Meißner (*1929) aus Polach hat den Bericht von Leopold Beyl über ihr Heimatdorf Polach mit großem Interesse gelesen. In einigen Details erinnert sie sich anders und sandte mir folgenden Bericht zusammen mit dem Foto, das sie 1937 als Schulmädchen zeigt:

In Polach gab es sehr wohl Kampfhandlungen. Das kleine Wäldchen hätte wieder das "Blutige" heißen können. Es lag voller toter deutscher Soldaten. Wir sollten sie in Massengräber legen. Doch die Erde war viel zu festgefroren. So mussten wir sie in ihren Schützengräben liegenlassen und notdürftig bedecken. Ich nahm damals ihre Erkennungsmarken an mich, um sie später den Angehörigen zu übergeben. Doch als man uns aus dem Ort jagte, habe ich sie vergessen. Auf den Wiesen lagen auch überall tote russische Soldaten herum. Es war grauenvoll. Ich war doch damals ein junges Mädchen und konnte mit soviel Tod und Zerstörung gar nicht umgehen. Auch viele Häuser sind ausgebrannt. Unsere Scheune war die erste, Stefans und Seiberts Scheunen brannten ebenfalls und Paulitschkes Haus. Mutter und ich sind aus unserem Versteck in Sanders Keller gerannt und haben uns eine Axt gesucht, um das Vieh in den Ställen von den Ketten zu schlagen. Die wären doch sonst alle erstickt und verbrannt. Dann sind wir im Straßengraben zurück in den Keller gekrochen. Überall schlugen die MG-Kugeln ein...

Ich möchte an die gefallenen Polacher erinnern, die ich persönlich kannte. Dazu gehören Herbert Matischok und Günter May, Gustav Meißner, Paul Tiesler und Scholz. Wir haben ja nicht nur unsere Heimat verloren, sondern auch die Gräber unserer Angehörigen, als man Polach flutete. Und weil es so wenig Bilder von Polach gibt, werden spätere Generationen überhaupt nichts mehr von Polach wissen. Deshalb dürfen Sie gern alle Fotos, die ich Ihnen schicke, auf diese Seite setzen!

Einschulung am 13. April 1937. Von links: Margarete Tscheu, Ursula Tiesler, Editha Paulitschke. Über die Brücke (eine morsche Holzbohle) mussten die Kinder täglich über den Bach zur Schule balancieren.
Das Transformatorhäuschen kann zur Orientierung dienen! Im Hintergrund mit dem Giebel zum Betrachter das Gutshaus, rechts daneben Haus und Stallung der Familie Meißner, Wohnhaus Paul Pohl.

Stärkster Jahrgang einer Einschulung in dem kleinen Dorf! Um 1940. Das Mädchen links ist Vera Paulitschke.

August 1942. Alle Schüler des Dorfes. Sie wurden in der einklassigen Dorfschule in einem Raum unterrichtet. Im Hintergrund ein Wirtschafts-gebäude von Oscar Scheibel und das Wohnhaus der Familie Peukert. Hinten links ihre Lehrerin Elisabeth Müller (1921-2013), davor von links: Ursula Tiesler, Margarete Tscheu, Gerhard Rosemann, Frieda Meißner, ihr Vetter Helmut Meißner, Erna May, davor -, -, -, Kurt Schmidt, vorn Kurt Peukert (* 1934), Hubert Scheibel, zwei Buben von Willi Sander.

Ach, ja... Damals hätte man Lehrer sein müssen... Kreisspiele in der Pause vor der Schule. Daneben floss der Dorfbach, aus dem in der großen Pause Wasser zum Zähneputzen geholt wurde. Die Becher mit den Zahnbürsten standen neben der Tür im Schulzimmer.

Das Schulhaus in Polach im Juni 1942

Juni 1942. Wo mögen sie drei Jahre später gewesen sein?

Hochwasser nach der Schneeschmelze, um 1941/42. Links Stallung vom Rittergut, weit dahinter die Feldscheune des Gutes. Hinter dem Transformatorhäuschen der gesamte Hof der Familie Meißner. Meta, Editha, Vera Paulitschke mit Kindern.

Dieses Foto hat Gerda Spittel geb. Anders, die Tochter des Rittergutspächters Friedrich Anders, in den 1960er Jahren in Kalinówka (Polach) gemacht. Links die Stallung des ehemaligen Rittergutes (s. Bild links). Sie war mit dem oben genannten Molkereibesitzer von Raudten verheiratet.

Herr Heymann war unser Lehrer. Als er eingezogen wurde, mußten wir im Sommer nach Pilgramsdorf und manchmal sogar nach Barschau zur Schule laufen. Im Winter kamen Lehrer aus Raudten zu uns. Ich erinnere mich an Herrn Bartsch, Herrn Zischkale und Herrn Nerger. Später kam Lehrer Schroeckh aus Barschau zu uns. Als auch er 1941 in den Krieg mußte, kam zu uns Fräulein Elisabeth Müller (1921-2013), eine Junglehrerin aus Ennepetal-Königsfeld. Als dann der Lehrer in Queißen eingezogen wurde, mußte sie dorthin, und wir Polacher Kinder gingen nach Raudten. So haben wir die ersten Auswirkungen des Krieges gespürt. Meine alte Lehrerin lebte bis 2013 in Schwelm und wir holten sie mehrmals im Jahr zu uns.
Die Vergangenheit ist nicht tot. Es gibt immer noch Zeitzeugen.
Frieda Grummel geb. Meißner, Bochum, Juni 2009

Ihr und der Polacher Lehrerin Elisabeth Müller (1921-2013) verdanken wir die Bilder und Erinnerungen!


Die beharrliche Recherche nach weiteren Bildern des Dorfes durch Herrn Berndt von Bock und Polach, einen Nachfahren der Polacher Gutsbesitzer (ab 1528), war von Erfolg gekrönt! Hier sind sie! Auch ihm ein großes Dankeschön! Frieda Grummel, die treue Seele aus Polach, hat einige Anmerkungen zu den Fotos gemacht:

Ende 1930er Jahre? Rechts hinter dem Ortsschild war der große Obstgarten und dahinter der Bauernhof von Paul Stephan. Ganz hinten der Hof von Erich Sieber (früher Hermann und Gustav Sieber). Die Straße wurde erst in meiner frühen Kindheit in den 1930er Jahren asphaltiert.

Ortsschild: Polach, Kreis Lüben, Regierungsbezirk Liegnitz.
Aufgenommen aus Richtung Raudten kommend.

Gutshaus, links dahinter Wohnhaus der Gutsangestellten, auf dem Hof mehrere Stallungen (siehe dazu auch den Bericht von Leopold Beyl).

Der Teich gehörte wohl zum Rittergut. Daneben befand sich ein großer Park, wunderschön begrenzt von Fliederhecken. Hier sieht es aus, als habe ein Sturm gewütet. Die höheren Bäume scheinen umgebrochen zu sein. Ich kann mich an so ein Unwetter nicht erinnern. Vielleicht lag es noch länger zurück. Im Winter hatte der Teich eine dicke Eisschicht. Aber darauf durften wir Kinder nicht etwa schlittern! Nein, das Eis wurde von den Gutsarbeitern in Schollen zerschlagen und auf Ackerwagen in die Gaststätten nach Raudten gebracht. Im Sommer wurden abends die Pferde am Teich getränkt.

Hier befand sich zuvor die Abbildung eines zweistöckigen Gebäudes und mehrerer Ladengeschäfte im Hintergrund. Das gab es in Polach nicht. In Wahrheit handelte es sich um das Rathaus und den Ring in Raudten! Frieda Grummel geb. Meißner aus Polach. Was für ein Glück, dass es noch Zeitzeugen mit einem guten Erinnerungsvermögen gibt! Danke, Frau Grummel!