Der Thiemendorfer Vinzenz Hanschke (1915-1991)
Der typische Lebenslauf eines 1915 geborenen Deutschen
Gemeinde Thiemendorf














Vinzenz Hanschke wurde am 2.7.1915 als jüngster Sohn
des Bauern Paul Hanschke und seiner Ehefrau Agnes
geb. Fliegner in Thiemendorf (damals noch Kreis Wohlau) geboren. Johannes war der älteste Bruder, der nach dem Tod des Vaters 1926 den Gutshof übernahm. Sein Bruder Franz war 1911 geboren. Vinzenz besuchte in Thiemendorf acht Jahre die katholische Volksschule.

Sein Neffe Hubertus Hanschke möchte seinem Onkel Vinzenz diese Seite der Erinnerung widmen.





Vinzenz und Franz Hanschke um 1922

17. Geburtstag von Vinzenz am 2.7.1932,
an den Teichen hinter dem Gutshof der Familie Hanschke
Von links: Bruder Franz, Magdalena Schneider, Bruder Johannes.
Ganz rechts Vinzenz Hanschke, neben ihm Eleonora Schneider

21. Geburtstag von Bruder Franz am 14.6.1932
1 Johannes Hanschke, 2 Eleonore Schneider, 3 Franz Hanschke, 4 Agnes Straube, 8 Agnes Hanschke geb. Fliegner, 9 Anna Schneider geb. Brunn, 10 Bürgermeister Anton Schneider, 12 Vinzenz Hanschke, 13 Cilly Walter, 14 Thekla Hanschke, 15 Magdalena Schneider, 16 Johannes Walter, 17 Otmar Walter, 18 Ursel Walter (Zwillingsschwester von 16)



Ab Oktober 1932 absolvierte er eine 3 ½ jährige Lehre als Bäcker. Die Gesellenprüfung schloss er im praktischen und theoretischen Teil mit "GUT" ab. Der Gesellenbrief wurde vom Raudtener Bäckermeister Max Vetterlein unterzeichnet.

Das Zeugnis für seine Gesellenzeit stellte ihm Bäckermeister Willy Zimmermann aus Thiemendorf am 30.9.1935 aus:
Der Bäckergeselle Vinzenz Hanschke war vom 1. Okt. 1932 bis zum 30. Septb. 1935 in meinem Betrieb als Geselle tätig. Während dieser Zeit hat er sich zu meiner vollsten Zufriedenheit geführt. Immer freudig zur Arbeit und stets bescheiden, auch war er ehrlich und fleißig. Ich kann denselben jedem Kollegen aufs Beste empfehlen. Er verläßt seine Stellung wegen Einziehung zum Arbeitsdienst. Ich wünsche ihm auf seinem ferneren Lebensweg viel Glück und alles Gute! Thiemendorf, d. 30.9.1935 - W. Zimmermann, Bäckermeister

Conditorei & Café - W. Zimmermann - Brot- und Weißbäckerei. Rechts: Bäckermeister Willy Zimmermann mit Gesellen und Lehrlingen in seiner Backstube.
Mit herzlichem Dank an Hartmut Häselbarth!

Rechts neben Bäckermeister Zimmermann Vinzenz Hanschke!

Nach dem Reichsarbeitsdienst absolvierte Vinzenz Hanschke noch eine anderthalbjährige Gesellenzeit bei einem weiteren Bäckermeister, bevor er 1937 einem Infanterie-Regiment in Jauer beitrat. Im August 1939 verpflichtete er sich für zehn Dienstjahre zur Wehrmacht, ohne zu wissen, für welchen mörderischen Krieg er missbraucht würde.
Er wurde sofort zum Feldzug gegen Polen eingesetzt und ab 1942 gegen die Sowjetunion. Mehrmals wurde er schwer verwundet und erhielt dafür das Verwundetenabzeichen. Später das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse. Er war als Ausbilder tätig, wurde zum Scharfschützen und im Panzernahkampf ausgebildet. Als Zugführer und Truppführer nahm er am Krieg gegen Frankreich teil, wo er am 2. September 1944 durch die US-Armee gefangengenommen wurde. Das rettete ihm wohl das Leben! Es folgen einige Auszüge aus seinem Soldbuch:


Eingezogen als Gefreiter am , am 1.10.1939 zum Unteroffizier, am 1.11.1942 zum Wachtmeister befördert.

Angehörige, die zu benachrichtigen sind: Bruder Johannes Franz Hanschke, Bauer in Thiemendorf Krs. Wohlau

Nachweis über Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke: Stahlhelm, Feldmütze, Bluse oder Feldjacke (schw.), Unterjacke, Tuch-Feldhose (schw.), Schnürstiefel, Schnürschuhe, Mantel, Tornister und Riemen, Kochgeschirr, Zeltausrüstung, Koppel mit Zubehör und Steg, Brotbeutel, Feldflasche, Drillichzeug.

Besondere Bekleidungsvermerke: 1 kompl. Garnitur Winterbekleidung: Hose, Jacke, Haube, Handschuhe, Socken, Filz-Lederstiefel, Pelzjacke. Einheitsseife bis Jan. 1943, Rasierseife bis April 1943.
Besitznachweise über Waffen und Gerät: Gewehr, Pistole, Seitengewehr, Säbel, Marschkompaß, Doppelfernrohr, Klapphacke, Spaten

Lazarett-Nachweise: 7.3.1942 - 14.3.1942 Halsstreifschuß, verlegt nach Karlsbad / 14.3.1942 (also am Tag, als er von Franzensbad nach Karlsbad verlegt wurde!) Gewehrstreifschuß linke Halsseite und linke Schulter, bis 31.3.1942 / 18.12.1942 -21.12.1942 verschlüsselte Verletzung 31b / 29.12.1942 - 19.1.1943 Kopfverletzung

In das Lazarett mitgegeben: für Februar 1942 1 Stück Einheitsseife, 6.5.1942 Seife für Mai, 8.7.1942 50 + 80 g Rasierseife bis einschließlich Oktober 1942, 16.7.1942 Waschseife bis August 1942

Impfungen: Pocken, Typhus, Ruhr, Cholera, Tetanus

Wehrsold, Frontzulage, Reisemarken

Auszeichnungen: Sudetenerinnerungsmedaille, Sportabzeichen, Verwundetenabzeichen in Schwarz. Beurlaubungen: jährlich eine Woche Erholungsurlaub in Thiemendorf

6 Jahre seines jungen Lebens musste Vinzenz Hanschke so zubringen. Immer gezwungen zu töten, um nicht selbst getötet zu werden. Viele Male verwundet, immer wieder an die Front geschickt. Von Seife bis Gasmaske alles auf Zuteilung. Was für ein grauenvolles Leben. Kein Wunder, dass danach keiner davon erzählen wollte/konnte. Ob er begriffen hat, dass seine Kriegsgefangenschaft bei den Amerikanern ihm das Leben gerettet hat? Er verbrachte die Kriegsgefangenschaft in Frankreich, den USA, Belgien und England, wo er in seinem gelernten Beruf als Bäcker und Koch tätig war. Am 19. Dezember 1947 wurde aus der Gefangenschaft entlassen. Endlich war der Krieg auch für ihn vorbei. In der Nachkriegszeit legte er die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab und heiratete Magda Klenner, die ebenfalls aus Schlesien stammte.


1940 auf Heimaturlaub in Thiemendorf
mit seiner künftigen Ehefrau Magda Klenner

1944 Vinzenz Hanschke in
amerikanischer Kriegsgefangenschaft


From: Wachtmeister Vinzenz Hanschke
Prisoner of War Camp Indianola, New York USA
Prisoner of War Post Card
Postkarte für Kriegsgefangene
German-A.
Ausgangs-Stempel: New York 15. Jan. 1945
Eingangs-Stempel Prüfstelle (Deutsches Reich)

Meine liebe Magda! Indianola, den 31.12.1944
Heute zum Jahresende gedenke ich Dein und wünsche Dir im kommenden Jahre viel Glück und Segen! Hoffentlich ist es mir vergönnt, den nächsten Jahreswechsel in der Heimat zu verleben! Wie geht es Dir noch? Meine Gedanken sind oft bei Dir! Viele Grüße an Deine Eltern und Geschwister. Einer lieben Nachricht von Dir entgegensehend, grüßt und küsst Dich Dein Zenz