Langer + Co. - Sägewerk - Pianomechanikfabrik - Gadebusch-Werk
Piastenschloss














Das Langersche Sägewerk in Lüben vor dem 1. Weltkrieg

Das Lübener Sägewerk der Fa. Langer & Co. vor dem 1. Weltkrieg (Rechts unten die Bahnhofstraße)

Langer'sche Klaviaturfabrik Lüben


Das von den Lübenern "Piano-Fabrik" genannte Unternehmen

Betriebserweiterungen zwangen in der Mitte der 1890er Jahre die damaligen Inhaber der Firma Langer Berlin, Oskar Gadebusch und Franz Langer, nach geeignetem Gelände Umschau zu halten, wo in einer waldreichen Gegend ein Sägewerk mit ausreichendem Lagerplatz für Schnittmaterial zwecks Weiterverarbeitung im Hauptwerk Berlin errichtet werden konnte. Die Wahl fiel auf Lüben in Schlesien, wo einige hundert Meter vom Bahnhof entfernt ein größeres, feuchtes Wiesengelände an der Bahnhofstraße zu erwerben war. Durch Aufschüttungen wurde es trockengelegt und bald stand darauf das Langer-Sägewerk.

Unermüdliche Tatkraft der beiden Fachmänner brachte bald einen ungeahnten Aufschwung des Unternehmes, das als Offene Handelsgesellschaft registriert war. Nachdem Oskar Gadebusch im Jahre 1897 und Franz Langer 1903 verstorben waren, übernahmen die beiden Gadebusch-Söhne Carl Gustav und Richard die Leitung der Firma. Sie hatten sich in den führenden Pianoforte- und Mechanikfabriken Deutschlands, Englands und Amerikas gediegene Fachkenntnisse angeeignet.


Dem ursprünglichen Sägewerk in Lüben wurde durch einen Erweiterungsbau eine vorbereitende Fabrikation von Mechanikteilen der Langer-Mechaniken angeschlossen. In vorbildlicher Weise führten Betriebsleiter Franz Heiland und Prokurist Rosemann die Geschäfte des Lübener Zweigbetriebes, während die Gadebuschs im Hauptwerk in Berlin tätig waren. Schon 1912 riss der Tod den jüngeren der Brüder, Richard Gadebusch, aus dem Leben. Nunmehr führte Carl Gustav Gadebusch allein das Unternehmen weiter, bis er sich entschloss, den Enkel des ersten deutschen Mechanikfabrikanten seit 1842, Herrn Ludolph Isermann, als Sozius in seine Firma Langer aufzunehmen.

Der großen Umsicht, dem unermüdlichen Fleiß und dem Weitblick von Carl Gustav Gadebusch war es zu verdanken, daß die Firma die Kriegsjahre 1914-1918 durch die Aufnahme anderer Arbeiten der Holzwirtschaft durchstand.

Das Verwaltungsgebäude der Firma

Das Verwaltungsgebäude der Firma

Nach Beendigung des 1. Weltkrieges verlegte Carl Gustav Gadebusch seinen Wohnsitz von Berlin nach Lüben und bewahrte dort mit seiner Familie die an der Bahnhofstraße 30 gelegene Villa, die sich Franz Langer noch zu seinen Lebzeiten hatte erbauen lassen und die zwischenzeitlich manchen Kommandeur der Lübener Bredow-Dragoner als Mieter beherbergt hatte.

Allmählich wurde der Schwerpunkt der Langerschen Mechanikfabrikation von Berlin nach Lüben verlegt. In den Jahren 1922-1923 wurden von den Breslauer Architekten Gebr. Roder die gewaltigen Neubauten im Lübener Werk errichtet, die trotz ihrer Kompaktheit dennoch eine architektonische Schönheit für einen großen Industriebetrieb darstellten.

So wurden auf dem Fabrikgelände in Lüben von ca. 26 000 qm Gesamtfläche über 5000 qm überdeckte Arbeitsräume mit hellen, übersichtlichen und hygienischen Werkstätten geschaffen. Die Zahl der in Lüben beschäftigten Arbeitskräfte stieg auf die stattliche Zahl von rund 700 Personen, während das Berliner Werk auf 200 Beschäftigte herabgemindert wurde. In den Jahren von 1920-1925 wurden in den beiden Werken der Firma Langer & Co. in Berlin und Lüben jährlich über 20.000 Stück Flügel- und Pianomechaniken erzeugt und verfrachtet. Dazu kamen noch die übrigen produzierten Bestandteile für die Klavierindustrie, wie Hammerköpfe, Resonanzböden, Ebenholzhalbtöne für Klaviaturen u.a.m. Firmen mit glanzvollen Namen wie Steinway, Bechstein, Grotian-Steinweg, Ibach, Seiler, Förster, Schiedmayer, Feurich u. a. waren damals die Abnehmer der Langer-Fabrikate aus Berlin und Lüben. Außerdem gingen die Erzeugnisse nach England, in die skandinavischen und baltischen Länder, die Schweiz, Italien, Ungarn, die USA, in die Staaten Südamerikas, nach Japan, China und Australien.

Siedlung für die Arbeiter der Pianomechanikfabrik

Siedlung für die Arbeiter der Pianomechanikfabrik

Zusammen mit dem großen Fabrikerweiterungsbau in Lüben wurden auf dem Siedlungsgelände am Wasserturm von Lüben drei stattliche, moderne Siedlungshäuser als Werkswohnungen für Angestellte und Arbeiter errichtet. Auf dem südlichen Teil der Bahnhofstraße, gegenüber dem Fabrikeingang in Lüben, erstand ein ansehnliches Wohn- und Verwaltungsgebäude auf den sogenannten Bresse-Wiesen. In Steinau wurde das ehemalige Toepfersche Sägewerk am Hafen erworben und mit modernen Maschinen ausgestattet.

Die Führung des großen Werkes in Lüben seitens Carl Gustav Gadebusch war eine patriarchalische. Er kannte jeden seiner fast 700 Arbeiter und Angestellten. Vielen half er in Not und Bedrängnis mit Rat und die Tat. Als im Jahre 1922 infolge der Inflation die Not der Arbeitenden ins Unermeßliche stieg, führte er für sein Werk in Lüben "Roggenscheine" ein. Diese wurden als Zahlungsmittel für die Entlöhnung seiner Arbeiter als ein wertbeständiges Geld mit entsprechender Deckung in Roggen von allen Gewerbetreibenden der Stadt Lüben und Umgebung an Zahlungsstatt angenommen.

In den Häusern der Haynauer Straße 6 und 8, sowie in den bereits erwähnten drei Siedlungshäusern am Wasserturm schuf er Werkswohnungen, die jener Zeit voraus waren und bei geringer Miete einem großen Teil der Angestellten und Arbeiter eine gesunde, helle und geräumige Wohnung mit Gartenland und Stallungen für Kleinvieh boten.

Werbung für die Firma Langer & Co.

Werbung für die Firma Langer & Co.

Die betriebseigene Krankenkasse schützte die Betriebsangehörigen bei Erkrankungen vor der größten Not. Alten und verdienten, nicht mehr arbeitsfähigen Arbeitern wurde eine Pension ausgesetzt, die aus Betriebsmitteln gezahlt, neben den gesetzlichen Renten aus staatlichen Quellen den Lebensabend absicherten.

Die krisenhaften zwanziger Jahre verschonten auch das Lübener Werk nicht. Nach einer Umformung der Firma F. Langer & Co. in eine Aktiengesellschaft, deren Aktien zunächst alle im Familienbesitz verblieben, gingen im Jahre 1927, gleichzeitig mit dem Ausscheiden des Sozius Ludolph Isermann, die Aktien in andere Hände über. Es entstand die Langer-Keller-Köhler A.G.

Diese versuchte, vergeblich, für die Dauer der nächsten acht Jahre durch Zusammenlegung und Verschmelzung gleichartiger Betriebe in Deutschland das Unternehmen in Lüben und Berlin durch die Übernahme von anderen Produktionen neben der traditionellen Herstellung von Klaviermechaniken zu erhalten.

Carl Gustav Gadebusch nun, obwohl nach wie vor Eigentümer der Betriebsgrundstücke und der Fabrikgebäude in Lüben und im Aufsichtsrat der Langer-Keller-Köhler A.G., zog sich allmählich aus dem Unternehmen zurück und widmete sich fortan ehrenamtlichen Aufgaben, seinem Sägewerk in Steinau am Oderhafen sowie der Verwaltung seiner Grundstücke in Lüben. Als Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer zu Liegnitz wurde seine Mitarbeit sehr geschätzt. Als Handelsrichter beim Handelsgericht zu Liegnitz war er bemüht, bei Handelszwistigkeiten ein gerechtes Urteil zu sprechen.

Langer-Gutschein

Langer-Gutschein

Als im Jahre 1935 der Langer-Keller-Köhler-Konzern wegen Zahlungschwierigkeiten in Liquidation gehen mußte, ergriff Carl Gustav Gadebusch als damals 66-jähriger wieder die Initiative. Schon nach sechs Monaten Stillstand des Lübener Werkes eröffnete er es erneut, nachdem er die Firma vorher aus der Liquidationsmasse käuflich für sich selbst erworben hatte. Hierdurch erhielt ein Teil seiner alten Arbeitskräfte wieder Arbeit. Neben der traditionellen Herstellung von "Langer"-Klaviermechaniken und Zubehörteilen zu Pianos wurde nun die Produktion von Küchenmöbeln und Kleinmöbeln, Lampentischen und hölzernen Stehlampen neu hinzugenommen.

Unter der neuen Firmen-bezeichnung "Holz- und Metallwerke Lüben, Gustav Gadebusch, Langerwerk in Lüben (Schlesien) - HOME" begann allmählich wieder neues Leben in den Betriebsstätten einzuziehen. Viel war in den verflossenen acht Jahren verlorengegangen. Erst ganz allmählich konnte ein großer Teil der alten Langer-Kunden für die bewährten Klaviermechaniken und Bestandteile wieder gewonnen und für die neu auf dem Markt erscheinenden HOME-Küchen- und Kleinmöbel Absatzgebiete gefunden werden.

HOlz- und MEtallwerke Lüben von Gustav Gadebusch


Pianofabrik Langer & Co., Aufnahme von 1927

Pianofabrik Langer & Co., Aufnahme von 1927
rechts: B. Milde, H. Raabe, W. Eichner, sitzend: Karl Roth (* 1890), E. Döring, im Gang stehend: Betriebsleiter Wilhelm Kurth, Frieda Walter, Frau Conrad, Kurt Kahlmann, Erich Siems, K. Hoffmann. Die Zuordnung ist so aus LHB 19/1960 übernommen und unverständlich.

Im Jahre 1938 wurde sein Sohn Gustave Richard Gadebusch Teilhaber des Unternehmens, um immer mehr die Arbeit von den Schultern seines alternden Vaters zu nehmen. Es erfolgte eine vollkommene Reorganisation des Betriebe. Damit verbunden war die Neuanschaffung modernster Maschinen, so daß die Holz- und Metallwerke in Lüben mit über 500 Beschäftigten zu den bedeutendsten und modernst eingerichteten Holzbearbeitungsbetrieben ganz Schlesiens zählten.

Die traditionellen Langer-Mechaniken fanden dank ihrer nach wie vor guten und zuverlässigen Qualität wieder einen großen Teil ihrer Abnehmer zurück. Wenn auch das Potential der Klavierherstellung in Deutschland auf weniger als ein Drittel gegenüber den Jahren 1920-1925 zurückgegangen war und sich das Ausland durch Schutzzölle gegenüber der deutschen Konkurrenz teilweise abschottete, fanden andererseits die "Home"-Kleinmöbel auf Ausstellungen und Messen reißenden Absatz.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde das Unternehmen zum Rüstungsbetrieb erklärt. Das Werk wurde gezwungen, in großem Ausmaße die Produktion von Packgefäßen und Flugzeugteilen aufzunehmen. Daneben wurden noch bis zuletzt in geringem Umfang - jedoch immer noch jährlich über 8000 - Pianomechaniken, die traditionellen Langer-Fabrikate, für den Export in "nicht feindliche Länder" produziert. Während neben anderen wertvollen Materialien ständig ca. 5000 qm Schnittholzwaren bereitstanden, rollten die Waggons mit neuen Holzeinkäufen täglich auf den Fabrikhof. Neben den Lieferungen an die verschiedenen Rüstungskommandos des Heeres und der Luftwaffe verließen täglich die Kisten mit den Langer-Klaviermechaniken das Werk. Ein Teil der Holzlagerschuppen wurde in heizbare massive Werkräume umgebaut, in denen Arbeitskräfte aus der Umgebung von Liegnitz und Raudten die zum Kriegsdienst einberufenen Werksangehörigen ersetzten.

Arbeiter der Pianofabrik Langer & Co., Aufnahme von 1927

Arbeiter der Pianofabrik Langer & Co., Aufnahme von 1927
von links: H. Rothert, Frau Hain, H. Mai, W. Busch, Bartuschek, Ernst Grzegorek [später: Garther?], H. Raabe, O. Schnieber, Karl Roth (* 1890),
W. Eichner, P. Hain, Schlossermeister Suckow

In den Jahren 1942/43 wurden dem Unternehmen über 100 ausländische - vor allem polnische und ukrainische - Zwangsarbeiter zugeteilt. Die Unternehmensleitung war bemüht, sie menschlich anständig zu behandeln, ihnen gut eingerichtete Wohnbaracken, ausreichende Mahlzeiten und Freizeitgestaltung anzubieten. [An der Rechtmäßigkeit von Zwangsarbeit zweifelte damals offenbar niemand! H. T.]

Im Januar 1945 hielten es die Gadebuschs für ihre wichtigste Aufgabe und Pflicht, alle nur zur Verfügung stehenden Fahrzeuge des Unternehmens ohne Ausnahme ihren Betriebsangehörigen für die Flucht bereitzustellen und wie die Kapitäne eines sinkenden Schiffes bis zur letzten Stunde zurückzubleiben. So halfen sie über 200 der im Werk Beschäftigten zu fliehen, ehe sie selbst ihr Lebenswerk verließen. In Hessisch-Lichtenau fand Carl Gustav Gadebusch mit seiner Frau eine bescheidene Bleibe. Hier endete im Jahr 1947 sein Lebensweg.

Gustav Richard Gadebusch in LHB 1953/1954
(leicht gekürzt und bearbeitet)