Im September 1952 erschienen im Lübener Heimatblatt diese Todesanzeige und ein Nachruf auf Franz Diener:
Architekt Franz Diener
Franz Diener, der Prokurist der Fa. Max Müller, Baugeschäft, Sägewerk, Holzhandlung und Parkettfabrik in Lüben, war weit über die Kreisgrenze hinaus bekannt und geschätzt. Er wurde am 31. Januar 1885 in Sandberg (Posen) geboren. Schon früh Vollwaise geworden, wurde er mit seiner einzigen Schwester bei seinem Onkel, dem Baumeister Menschin in Steinau (Oder) erzogen. Nach entsprechenden Schul- und Lehrjahren besuchte er die Bauschule in Holzminden. 1911 ging er freiwillig als deutscher Soldat nach Tsingtau (China), wo er in seinem Beruf tätig war. Kurz vor Ausbruch des l. Weltkrieges kehrte er nach Deutschland zurück und wurde zu einem See-Bataillon eingezogen. Bei den Kämpfen in Flandern wurde er durch einen Minenvolltreffer in einem Unterstand verschüttet.
Im Jahre 1920 kam Franz Diener nach Lüben und stellte sein Fachwissen seinem damaligen Chef, dem Zimmermeister Max Müller, zur Verfügung. Hier genoss er sehr bald das volle Vertrauen des Hauses Müller. Im Oktober 1922 heiratete er die älteste Tochter Charlotte und bezog die kleine für das junge Paar erbaute Villa in der Hann-von-Weyhern-Straße 6. Durch die Übertragung der Prokuraeigenschaft erhielt Franz Diener größere Bewegungsfreiheit im Handeln für die Firma, die er durch sein tatkräftiges Wirken zusammen mit seinem Schwiegervater mehrmals durch schwere wirtschaftliche Zeiten lenkte. Seine Geselligkeit und sein unterhaltendes Wesen brachten ihm einen großen Freundeskreis. Entspannung fand er allwöchentlich in seinem Kegelklub Gut Holz im Gasthaus zum Hirsch, wo er im engeren Kreis von Freunden so gern weilte.
Ob Franz Diener auch künstlerisch begabt war, ist nicht überliefert. Der Urheber dieser Zeichnung wird (rechts unten) mit "Diener" angegeben. Da nur ein Lübener namens Diener bekannt ist, bin ich davon überzeugt, dass das Bild von Franz Diener stammt. Und dass er Architekt war, könnte ein Hinweis auf die Motivwahl sein.
Als Mitglied vieler Vereine nahm er teil an zahlreichen Veranstaltungen, besonders aber bevorzugte er die Zusammenkünfte der Schützengilde. 1924 wurde sein einziger Sohn geboren. 1927 musste Landsmann Diener durch einen schweren Autounfall, bei dem der Schwiegervater schwer verletzt, die jüngste Tochter des Hauses Müller tödlich verunglückte, für lange Zeit die Firma allein leiten.
1945 trat er mit uns allen die Flucht aus der schlesischen Heimat an. Mit Pferd und Wagen suchte er durch Sturm und Schnee den Weg nach dem Westen. Im Mai 1945 kehrte er mit seinen Schwiegereltern noch einmal nach Lüben zurück. Unterwegs hatte man den Heimkehrern alle Habe genommen. Einige Wochen mit viel seelischem Leid verbrachte er in Lüben. Dann kam die Austreibung. Seine Schwiegereltern verblieben in Lüben und starben im Herbst 1945 im Altersheim.
Franz Diener ging mit seiner Frau nach Erfurt. Dort erreichte ihn nach bangen Monaten die Nachricht, dass sein Sohn auf der Suche nach den Eltern in polnische Gefangenschaft geraten war. Später kam Werner Müller, der als vermisst gemeldete einzige Sohn der Fa. Max Müller, nach Erfurt. Er starb 1947 nach schwerer Krankheit. Dem 1949 zurückgekehrten Sohn Carl-Heinz Diener, dem nunmehr einzigen Erben der Fa. Max Müller, konnte er auf Grund seines Wissens und seiner reichen Erfahrungen noch, den Weg ins Baufach weisen.
Franz Dieners größter Wunsch blieb, die alten Freunde der Heimat wenigstens einmal wiederzusehen und vor allem in die alte Heimat, in die Lindenstadt Lüben, und damit in sein Häuschen und zum Werk Müller zurückkehren zu können.
Lübener Heimatblatt 9/1952.
Rechts ein Sonderbefehl der polnischen Regierung, der die erschütternden Details der Ausweisung der Deutschen aus Bad Salzbrunn verfügt. Ähnlich sah es auch für die in Lüben verbliebenen Deutschen aus. Die meisten von ihnen trugen keine persönliche Schuld für die Verbrechen der Nazis. Aber sie büßten für Holocaust und Kriegsverbrechen mit dem Verlust ihrer Heimat.
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Leider kann ich kein einziges Foto von Franz Diener zeigen. Aber es existiert ein Gruppenfoto der Belegschaft des Sägewerks Müller aus dem Jahr 1924, wo Franz Diener tätig war und seine Frau kennenlernte.
Arbeiter und Angestellte der Firma Sägewerk Müller in der Haynauer Straße um 1924. In der Mitte der ersten Reihe vermutlich auch der
Firmenbesitzer Max Müller, sein Sohn Werner und seine beiden Töchter Charlotte Diener geb. Müller und Ursula Müller.
Am 15. 3. 1989 starb, für die Angehörigen trotz des hohen Alters von 88 Jahren ganz plötzlich und unerwartet, Frau Charlotte Diener geb. Müller aus Lüben, Hann-von-Weyhern-Str. 6. Als eines von drei Kindern des Baumeisters Max Müller am 9. 12. 1900 in Lüben geboren, verbrachte sie eine schöne, sorgenfreie Jugend. 1922 heiratete sie den im väterlichen Baugeschäft beschäftigten Architekten und Zimmermeister Franz Diener, 1925 wurde Sohn Karl-Heinz geboren.
Erfurt war nach der Flucht im Jahr 1945 die erste Bleibe. 1953 folgte Charlotte Diener ihrem in den Westen Deutschlands vorausgegangenen Sohn nach Recklinghausen, wo sie bis zu ihrem Tod in seiner unmittelbaren Nähe lebte. Ihr ganzer Stolz war der Enkel Wolfgang, dessen Studienabschluss als Diplom-Ökonom sie noch erleben durfte.
Wohl mit Recht kann man sagen, dass mit Charlotte Diener, deren Familie eine nicht unbedeutende Rolle im Leben des damaligen Lindenstädtchens spielte, wieder "ein Stück Lüben" von uns ging.
Lübener Heimatblatt 3/1989
Wer hilft, den Kontakt zu den Nachfahren von Franz Diener herzustellen? Oder kann jemand ein Foto von Franz Diener beisteuern? Bitte helfen Sie, das Andenken an einen bekannten Lübener zu bewahren!