|
Summersunntag ei Groß Krichen
Laetare woar fost noch scheener als Ostern, wenn der Osterhoase am Griendunnerschtag die Eier lägte. Mutter und die andern Pauerfrauen hoatten ei der Wuche vorher scho tichtig eigeschoafft: Schaumpräzeln, Häweschneckn und Hiehnereier, oo Kleengeld, Fennige und Zweefennige, wurdn zurickgelägt, denn oam Sunntag ei oaller Friehe koamn die Kinderschoarn mit ihrn buntn Surnmerbäumln, zogn von Hof zu Hof und soangn den Summer ei. Woas se doafier kriggten, ließn se freudig ei ihrn Leinenbeutln verschwindn. Die Lieder, die se doabei sangn, stehn ei vieln Bichern ieber schlesische Sitten und Bräuche.
Sommersingen 1930 vor Schwerdtners Warenhandlung in Dittersbach
Unser Lährer Kurt Habelt hoatte ei der Schule doarieber geredt und uns oangehaln, wir mechten unse Eltern und Großeltern froagn, woas se frieher gesungn hättn. Meine Großmutter wußte eens, doas doamoals 1924 bei uns nich me bekannt woar, sie woar schunn 72 Joahre alt und hoatte immer eim Niederdurfe gewohnt.
Großmutters Lied
Wir hoan der Wirt'n a Summer gebrucht,
doas hoat der liebe Gott beducht;
a Summer un da Mai, schee Bliemlein vielerlei.
Schee Bliemlein vuller Zweigelein,
der liebe Gott wird bei euch sein,
er wird ooch bei euch wohnen.
Durt obn ei der Herrlichkeit,
doa is der Wirt'n a Stuhl bereit.
Durt obn soll se sitzen,
sull woartn uff Jesum Christum.
Die scheensten Summerbäuml hoattn ei Groß Krichn immer die Howejung, die machtn sich welche aus Wacholder, oben oam Steckn ließn se die grienen stachlichen Zweege droan. Wenn se dann noch a poar bunte Papierschleefn und -bänder drin einboandn, doa kunnte keener mit'n konkuriern. Wir Pauerjung woarn immer ganz neidisch. Wir wußtn ooch nie, wo se die herhullten, denn se machtn's jedesmoal kloammheemlich, oo Apler Koarle, mit dam ich mich gutt vertrug, hoatt mer's nie gesoagt. Sunnoabend vor Laetare, glei noach der Schule, zogn se oalle zusoamm oder ei kleenen Gruppen los und poaßtn hellisch uff, doaß'n keener hingerherspionierte. Om Montag erzähltn se dann die tullsten Geschichtn, woas se oalles erlabt hoattn. Eemoal hoattn se Krähnnester ausgenumm und a oandermoal Kiebitzeier gefung. Moanchmoal schnittn se oo verflucht uff, und wenn wer's nich gloobn wullte, doa fingn se oan zu stänkern, und uff eemoal hoattn wer a scheenstn Krach, der erscht uffhierte, wenn die Pause zu Ende woar. Noach der nächstn Stunde woar oalles wieder vergessn, und doa wurde erzählt, bei welchem Pauer ma oam meistn gekriggt und welcher oam wingstn gegäbn hoatte, und wir ließn uns die Präzln und die Schneckn schmecken!
Alfred Grosser in Lübener Heimatblatt 2/1984
Weitere Erwähnungen des Sommersingens auf den Seiten über die Oberauer, die Dittersbach-Herzogswaldauer und in den Erinnerungen von Elisabeth May.
Wenn es Ihnen nicht gelingt oder zu mühevoll ist, den mundartlichen Text zu lesen, befindet sich hier unten eine vorläufig unsichtbare "Übersetzung ins Hochdeutsche". Sie zerstört natürlich viel von der anheimelnden Atmosphäre der schlesischen Mundart. Um den Text sichtbar zu machen, ziehen Sie den Mauszeiger darüber, als ob Sie kopieren wollen.
|
Sommersonntag in Groß Krichen
Laetare war fast noch schöner als Ostern, wenn der Osterhase am Gründonnerstag die Eier legte.
Mutter und die anderen Bauersfrauen hatten in der Woche vorher schon tüchtig geschafft: Schaumbrezeln, Hefeschnecken und Hühnereier, auch Kleingeld, Pfennige und Zweipfennige, wurden zurückgelegt, denn am Sonntag in aller Frühe kamen die Kinderscharen mit ihren bunten Sommerbäumchen, zogen von Hof zu Hof und sangen den Sommer ein. Was sie dafür kriegten, ließen sie freudig in ihren Leinenbeuteln verschwinden. Die Lieder, die sie dabei sangen, stehen in vielen Büchern über schlesische Sitten und Bräuche. Unser Lehrer Kurt Habelt hatte in der Schule darüber geredet und uns angehalten, wir möchten unsere Eltern und Großeltern fragen, was sie früher gesungen hätten Meine Großmutter wußte eins, das damals 1924 bei uns nicht mehr bekannt war, sie war schon 72 Jahre alt und hatte immer im Niederdorfe gewohnt.
Großmutters Lied
Wir haben der Wirtin den Sommer gebracht,
das hat der liebe Gott bedacht;
den Sommer und den Mai, schöne Blümlein vielerlei.
Schöne Blümlein voller Zweiglein,
der liebe Gott wird bei euch sei,
er wird auch bei euch wohnen.
Dort oben in der Herrlichkeit,
da ist der Wirtin ein Stuhl bereit.
Dort oben soll sie sitzen,
soll warten auf Jesum Christum.
Die schönsten Sommerbäumchen hatten in Groß Krichen immer die Hofjungen. Die machten sich welche aus Wacholder, oben am Stecken ließen sie die grünen stachligen Zweige dran. Wenn sie dann noch ein paar bunte Papierschleifen und -bänder hineinbanden, da konnte einer mit ihnen konkurrieren. Wir Bauernjungen waren immer ganz neidisch. Wir wußten auch nicht, wo sie die herholten, denn sie machten es jedesmal klammheimlich, auch Apler Karl, mit dem ich mich gut vertrug, hat es mir nie gesagt. Sonnabend vor Laetare, gleich nach der Schule, zogen sie alle zusammen oder in kleinen Gruppen los und paßten höllisch auf, daß ihnen keiner hinterherspionierte. Am Montag erzählten sie dann die tollsten Geschichten, was sie alles erlebt hatten. Einmal hatten sie Krähennester ausgenommen und ein andermal Kiebitzeier gefunden. Manchmal schnitten sie auch verflucht auf, und wenn es jemand nicht glauben wollte, da fingen sie an zu stänkern, und auf einmal hatten wir den schönsten Krach, der erst aufhörte, wenn die Pause zu Ende war. Nach der nächsten Stunde war alles wieder vergessen und da wurde erzählt, bei welchem Bauern man am meisten gekriegt und welche am wenigsten gegeben hatte, und wir ließen uns die Brezeln und Schnecken schmecken.
|
|