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In Schlesien gibt es mehrere Ortschaften, die Michelsdorf heißen. Die bekanntesten sind Michelsdorf bei Haynau, Michelsdorf Kreis Landeshut und Michelsdorf bei Lüben, genannt Puschmichelsdorf oder auch Michelsdorf über der Heide.
Michelsdorf [1939]
Gemeinde, Kreis Lüben, 18,2 km, Post über Lüben, mit Ortsteilen Hintereck, Schläfer, Bendelvorwerk*, Niedereck, Wiesenhäuser, Forsthäuser, Hintereck, Forsthaus Michelsdorf, 356 Einwohner, 75 Haushalte, Flurgröße 1966 ha, 4 Gemeinderäte, Bürgermeister Paul Hartlieb, Fernsprecher Michelsdorf (öffentlich), Landratsamt, Finanzamt, Amtsgericht, Versicherungsamt, Landkrankenhaus, AOK Lüben / Regierungsbezirk, Landgericht, Arbeitsgericht, Versorgungsamt Liegnitz / Arbeitsamt Liegnitz, Nebenstelle Lüben / Standesamt, Gendarmeriebezirk Seebnitz / Schulgemeinde Michelsdorf / nächster Personen-, Güterbahnhof Seebnitz 3,9 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 3,3 km. Vorhanden: Elektrisches Stromverteilungsnetz, 1 Volksschule / NN 163 m
Forsthaus Michelsdorf [1939]
Staatliche Oberförsterei, Gemeinde Michelsdorf, Kreis Lüben, Post Michelsdorf über Lüben / 4 Einwohner, 1 Haushalt, nächster Personen-, Güterbahnhof Seebnitz 6 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 5,2 km / NN 168 m
Hintereck [1939]
Ortsteil mit Forsthaus, Gemeinde Michelsdorf, Kreis Lüben, Post Michelsdorf über Lüben, 107 Einwohner, 73 Haushalte, nächster Personen-, Güterbahnhof Seebnitz 7,5 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 7,2 km / NN 165 m
Niedereck [1939]
Ortsteil, Gemeinde Michelsdorf, Kreis Lüben, Post Michelsdorf über Lüben Schlesien / 31 Einwohner, 7 Haushalte, nächster Personen-, Güterbahnhof Seebnitz 4,3 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 4 km / NN 165 m
Bendelvorwerk [1939]
Gemeinde Michelsdorf, Kreis Lüben, Post Michelsdorf über Lüben, 31 Einwohner, 7 Haushalte, nächster Personen-, Güterbahnhof Seebnitz 4,3 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 4 km / NN 165 m
Schläfer [1939]
Ortsteil, Gemeinde Michelsdorf, Kreis Lüben, Post Michelsdorf über Lüben, 38 Einwohner, 9 Haushalte, nächster Personen- und Güterbahnhof Seebnitz 4,3 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 4 km / NN 166 m
Wiesenhäuser [1939]
Vorwerk, Gemeinde Michelsdorf, Kreis Lüben, 4 Einwohner, 1 Haushalt, nächster Personen-, Güterbahnhof Seebnitz 4 km / nächste Kraftposthaltestelle Seebnitz 4 km / NN 162 m
Aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939
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Michelsdorf [1927]
Dorf Kreis Lüben Regierungsbezirk Liegnitz 360 Einwohner Gemeindevorsteher Schilem Postamt Eisenbahnstation Seebnitz Entfernung 3 km Güterladestelle Göllschau Entfernung 7 km Amtsgericht Finanzamt Gewerbeamt Zollamt Lüben Landgericht Elektrizitätswerk Liegnitz (Kraft 380 Volt Licht 220 Volt Drehstrom) evangelische Volksschule
Talke, Oswald, Gasthofbesitzer
Gaße, Fritz, Müllermeister, Haus Nr. 47
Henatsch, Hermann, Stellmachermeister, Haus Nr. 61
Klatte, Karl, Fleischermeister
Liebig, Hermann, Schmiedemeister, Haus Nr. 7
Neufert, Emil, Bäckermeister, Haus Nr. 11
Reichpietsch, Paul, Ziegeleibesitzer
aus: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien für Industrie, Handel, Gewerbe, Verlag August Scherl, Breslau, 1927
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Michelsdorf [1913]
Dorf: Kreis Amtsgericht Lüben 17 km; Post Eisenbahnstation evangelisches Kirchspiel Seebnitz (Bezirk Liegnitz) 4 km; Eisenbahnstation Göllschau 7,5 km; Amtsbezirk Groß Kotzenau; 355 Einwohner
Hintereck [1913] Kreis Lüben; siehe Bendelvorwerk
Bendelvorwerk [1913]
Hintereck Vorwerk (mit Forsthaus) [Klein Kotzenau]: Kreis Lüben 19 km; Post Seebnitz (Bezirk Liegnitz) 5 km; Eisenbahnstation Göllschau 6,5 km: [16 Einwohner]
Schläfer [1913]
Kolonie [Michelsdorf]: Kreis Lüben 18 km; Post Seebnitz (Bezirk Liegnitz) 4 km; Eisenbahnstation Reisicht 6 km; [47 Einwohner]
Wiesenhäuser [1913]
Kolonie [Michelsdorf]: Kreis Post Eisenbahnstation Sprottau 6 km; [31 Einwohner]
aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913
Michelsdorf in Nachschlagewerken von 1789 und 1845
Hintereck/e in Nachschlagewerken von 1789 und 1845
Michelsdorf Gut Nr. 15
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Gasthof Alfred Tiesler, Warenhandlung P. Jung, Schmiede, Kriegerdenkmal, Talke's Gerichtskretscham
Kaufhaus Jung, Dampfziegelei Reichpietsch, Gasthof Alfred Tiesler, Kriegerdenkmal
1917 Carl Reimanns Bäckerei und Warenhandlung, Tieslers Gasthaus, Gerichtskretscham Oswald Talke, Evangelische Schule
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Michelsdorf
Unser Heimatort Michelsdorf lag an der Reichsstraße Lüben-Haynau. Es war eines der romantischsten Dörfer des Kreises Lüben. Der Volksmund nannte es auch "Pusch bzw. Busch"-Michelsdorf, und zwar deshalb, weil es ringsum von Wald umgeben war. Direkt an der Reichsstraße lag der Ortsteil "die Nieder-Ecke". Von da führte eine Obstallee von 1 km Länge zum eigentlichen Dorf Michelsdorf. Die große Ziegelei im Ortsteil "Schläfer" hatte es bekannt gemacht. Mitten im Dorf, hinter Talkes Gerichtskretscham, führte ein Weg an der Schmiede vorbei über den Wolfsberg ins Beindelvorwerk.
In diesem Vorwerk war die Gaststätte von Warmuth, wo sich oft genug die Liegnitzer Schützen zu einem frohen Jagdessen nach erfolgreicher Jagd versammelt hatten. Vom Beindelvorwerk*, wie auch vom Ortsteil Schläfer führten Verbindungswege durch den Wald zum größten Ortsteil des Dorfes, der "Hinterecke". Von der Hinterecke führte der Weg an den Forsthäusern vorbei, immer weiter durch den herrlichen Wald bis nach Krebsberg.
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Warenhandlung von Marie Stark, Talkes Gerichtskretscham, Gasthof Alfred Tiesler, Oberförsterei |
Der Wald war während der Beerenzeit voll von Sammlern aus Liegnitz und Haynau. Es war bekannt, daß es im weiten Umkreis nirgends so viel Blaubeeren gab wie um Michelsdorf. Die Forstverwaltung baute noch vor Beginn des Krieges an der Reichsstraße Lüben-Haynau eine schöne, neue Oberförsterei.
Wer erinnert sich nicht gern an die Schulzeit in unserer schönen, einklassigen Schule bei Lehrer Tietsche. Wie haben wir seinen Geburtstag gefeiert! Sein Tisch wurde mit einer Girlande aus Heidekraut geschmückt, jedes Kind brachte ein kleines Geschenk mit, einen Blumenstrauß, einen Kürbis oder Gemüse, Weintrauben, Eier und anderes.
Alles wurde von den Kindern aus Verehrung gegeben, und unser alter Lehrer freute sich so recht von Herzen. Er machte mit uns Waldspaziergänge, bei denen wir Pilze fanden, er machte uns auf so vieles in der Natur aufmerksam.
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Gasthaus H. Tiesler, Schule, Dampfziegelei Bruno Peipe
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Die öffentliche Poststelle wurde vom Tiesler-Alfred verwaltet. Täglich mußte er die Post vom Postauto in Seebnitz abholen. Die Siedlung Marienhof, zwischen Seebnitz und Michelsdorf gelegen, wurde zuerst erledigt, dann begannen für ihn die so langen, zerstreuten Touren. Mit dem Fahrrad fuhr er das alles ab, gleich ob es stürmte, regnete oder schneite. Hätte er bei so recht schlechtem Wetter dann nicht beim Warmuth-Hugo oder in Hintereck bei Wernecke einen Korn getrunken, hätte er es wohl manches Mal nicht geschafft. Dazu kamen die schlechten Wegeverhältnisse und die oft weit auseinanderliegenden Häuser.
Wilhelm Kunzendorf in LHB 8/1960 und 15/1962
* Das Vorwerk wird einmal Bendel-, einmal Beindel- genannt. Auf der Kreiskarte heißt es Beindelvorwerk! |
Stempel des Guts- und Ziegeleibesitzers Bruno Peipe, 1921
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Ein Gruß aus Hintereck mit Standkes Gasthaus und dem Mühlenteich aus dem Jahr 1918
Auf einer Kreiskarte sind drei Wassermühlen am Schwarzwasser bei Hintereck aufgeführt.
Deutung der Namen "Hintereck" und "Vorhaus"
Durch Nachforschungen gelang es mir, den Namen des Dorfes "Hintereck" zu klären. Der Name und die Dorfanlage von Michelsdorf verrieten, daß es eine germanische Siedlung war.
Wahrscheinlich war die Zahl der Siedler damals zu groß gewesen, und so konnten nicht alle zusammen siedeln. Darum suchten sich manche geeignete, aber abseits gelegene Stellen. So entstand an der Straße nach Haynau die "Niederecke", mitten im Walde "Der Schläfer" und hinter dem Walde die "Hinterecke" am Schwarzwasserbruch. In der Schulchronik von Michelsdorf wurde dieser Ortsteil immer so genannt. Die Leute von Michelsdorf sagten oft in ihrer Mundart "Bir giehn ei die Hingerecke".
Das Schloß in Vorhaus war eine alte Wasserburg. Das Dorf vor diesem "festen Hanse" wurde später kurz "Vorhaus" genannt. Der Schloßpark war dem Spreewald ähnlich. Da sich im Schwarzwasserbruch Raseneisenstein bildete, wurde 2 km westlich vom Schloß eine Wassermühle zur Zerkleinerung des Eisensteines (Eisenhammer oder Pochwerk) gebaut. Daneben entstand eine kleine Kolonie, "Hammer" genannt. - Friedrich der Große zwang die Großgrundbesitzer zur Anlage neuer Siedlungen. Dadurch entstand 500 m nördlich von Hammer die Siedlung "Dreibrodt". Die Besitzer mußten drei Brote als Zins abliefern. Neben der Hinterecke besiedelte man noch die hinteren Äcker der Herrschaft Vorhaus am Schwarzwasser. Aus diesen beiden Ortsbezeichnungen entstand allmählich der gemeinsame Name "Hintereck". Bernhard Schulz in LHB 5/1958
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