Gemeinde Würtsch-Helle mit Ortsteilen Weinberg, Alte Ziegelei, Mühlengrundstück, Revierförsterei
Gemeinde Zedlitz














Würtsch-Helle in:  Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien 1939

Würtschhelle [1939]
Gemeinde, Kreis Lüben, 14 km, Post Würtschhelle, mit Ortsteilen Weinberg, Alte Ziegelei, Mühlengrundstück und Revierförsterei, 329 Einwohner, 99 Haushalte, Flurgröße 868 ha, 3 Gemeinderäte, Bürgermeister Aust, Fernsprecher Würtschhelle, Landratsamt, Finanzamt, Amtsgericht, Versicherungsamt, Landkrankenkasse, AOK Lüben / Regierungsbezirk, Landgericht, Arbeitsgericht, Versorgungsamt Liegnitz / Arbeitsamt Liegnitz, Nebenstelle Lüben / Standesamt Kaltwasser / Schulgemeinde Würtschhelle / Gendarmeriebezirk Vorderheide / nächster Güter-, Personenbahnhof Vorderheide 4 km. Vorhanden: 1 Volksschule / NN 160 m

Weinberg in:  Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien 1939

Weinberg [1939]
Ortsteil, Gemeinde Würtschhelle, Kreis Lüben, Post Würtschhelle / 3 Einwohner, 1 Haushalt, nächster Personenbahnhof Vorderheide 4 km, nächster Güterbahnhof Kaltwasser 1,5 km / nächste Kraftposthaltestelle 1,6 km / NN 160 m

aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939

Würtsch-Helle in: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien 1927

Würtsch-Helle [1927]
Dorf Kreis Lüben Regierungsbezirk Liegnitz 296 Einwohner Gemeindevorsteher Aust Postamt Eisenbahnstation Güterladestelle Vorderheide Entfernung 4 km Amtsgericht Finanzamt Gewerbeamt Kreissparkasse Stadtsparkasse Lüben Landgericht Gewerbegericht Kaufmannsgericht Zollamt Elektrizitätswerk Liegnitz ( Kraft 360 Volt Licht 220 Volt) evangelische Volksschule Fortbildungsschule ländlich
Dünnbier, Paul, Tischlermeister
Krupke, Karl, Gasthofbesitzer
Ornägber, Konstantin, Handelsmann
Reichstein, Richard, Gasthofbesitzer
     (siehe auch Geschäftsanzeige von 1928)
Snager, Paul, Schmiedemeister
Scholz, Reinhold, Schuhmachermeister
Schröter, Martin, Kolonialwaren
Schulz, Otto, Schneidermeister
Volke, Hermann, Schuhmachermeister
Wehner, Hermann, Fleischermeister

aus: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien für Industrie, Handel, Gewerbe, Verlag August Scherl, Breslau, 1927

Würtsch-Helle in: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien 1913

Würtsch-Helle in Nachschlagewerken von 1789 und 1845

Würtsch-Helle [1913]
Dorf + Rittergut (mit Ziegelei) + Forsthaus [Panten]: Kreis Amtsgericht Lüben 14 km; Post Eisenbahnstation Vorderheide 6 km; Amtsbezirk Standesamtsbezirk evangelisches Kirchspiel katholisches Kirchspiel Kaltwasser; 294 + 47 [+ 7] Einwohner

aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913

Würtsch-Helle auf der Kreiskarte Lüben 1935

Helmut Aust mit seinem Jagdhund Treff

Helmut Aust mit seinem Jagdhund Treff

Kriegerdenkmal, Evangelische Schule, Warenhandlung und Post

Würtsch-Helle: Kriegerdenkmal, Evangelische Schule, Warenhandlung und Post

Würtsch-Helle

Der Ort Würtsch oder Wirtsch taucht 1358, Helle 1414 zum ersten Male urkundlich auf, und zwar Helle als Vorwerk, das damals Holle genannt wurde. Später wurden beide Ortschaften zu einer Gemeinde vereinigt, so, wie es in der Ortsbezeichnung zum Ausdruck kommt.

Interessante Aufschlüsse über das Leben längst vergangener Geschlechter in der Gemeinde gab das im Jahre 1745 eingerichtete, in Schweinsleder gebundene Schöppenbuch. Eine große Anzahl von Kauf- und Verkaufskontrakten gaben reichen Aufschluß über das wirtschaftliche Leben und die Namen der Bauern, die 1945 noch geläufig waren. Dammer, Dünnbier, Elsner, Käsler, Reimann usw. sind einige dieser überlieferten Namen.

Wie früher in verschiedenen Orten des Kreises, so wurden auch in Würtsch-Helle Weinreben angepflanzt. Eine Sehenswürdigkeit war der Weinberg, am Ostausgang des Dorfes gelegen. Auf ihm befand sich auch ein reicher Bestand an Maulbeerbäumen zum Betrieb der Seidenraupenzucht. Noch in den 1870er Jahren war der Wein- und Hopfenanbau sehr erfolgreich. Auf der Spitze des Weinberges stand ein Glashaus, das von den zahlreichen Ausflüglern als Aussichtsturm benutzt wurde, und ein Sommerlokal, welches in der Form eines Pilzes gebaut war. Große Weinfeste sollen hier stattgefunden haben, zu denen Gäste aus nah und fern zusammenkamen. Wegen des großen Zuspruchs wurde im Jahre 1873 ein zweites Gasthaus gebaut. Von nun an fanden die Feste im Saale statt. Mißernten und Rebenschädlinge ließen die Anbaufläche immer kleiner werden, bis der Weinanbau ganz eingestellt wurde. Als Weinanbaugebiet hatte die Gemeinde eine Weintraube in ihrem Siegel.

Nach der Elektrifizierung wurde der Betrieb der Wind- und Wassermühlen eingestellt. Das ehemalige Rittergut wurde durch die Schlesische Landgesellschaft aufgeteilt. Das Restgut hatte 38 ha. Beide Konfessionen waren dem jeweiligen Kirchspiel Kaltwasser anvertraut.

Heinz Boderke, Der Kreis Lüben, 1986

Würtsch-Helle: Kriegerdenkmal, Evangelische Schule, Warenhandlung und Post, Gasthof zum goldenen Frieden

Würtsch-Helle: Kriegerdenkmal, Evangelische Volksschule, Warenhandlung und Post, Gasthof zum goldenen Frieden
Der Absender hat hinter den "Gruss aus Würtsch-Helle" geschrieben: Meine liebe Heimat...

Am 31.12.1914 schrieb diese Mutter und Großmutter aus Helle Glückwünsche zum neuen Jahr an ihre Kinder und Enkel in Berlin-Neukölln, Schillerpromenade 2. Das Foto berührt mich sehr. Eine einsame alte Frau vor ihrem kleinen Häuschen mit den Blumen im Fenster, dem Holzladen vor dem Dachfenster, dem einfachen Zaun, dahinter der Stapel Reisigholz und ein kleines Beet. Ein einfaches kleines Leben, während "draußen" schon der erste Weltkrieg tobt.

Helle, den 31.12.1914
An Familie Gottwald
Herzlichen Glückwunsch im Neuen Jahr mit vielen herzlichen Grüßen verbunden sendet eure Mutter und Großmutter. Sonst doch wohl alle gesund und Danke auch für das schöne Bild von dem lieben Urenkelsohn, es ist ein niedlicher hübscher Junge.

(Die Post ging über Vorderheide.)


Würtsch-Helle am 13. April 1903. Links unter dem Dach ist zu erkennen: O. Schulz Schneider. Noch im Amtlichen Adressbuch der Provinz Niederschlesien von 1927 (s.o.) findet sich der Eintrag Otto Schulz Schneidermeister! Ich glaube, es ist der kleine Herr links, der so selbstbewusst vor seinem Haus steht. Der Herr rechts ist wohl ein Kunde. Wer weiß mehr?



Weinanbau bei Würtsch-Helle

In früheren Jahren wurde die edle Rebe in unserer Heimatprovinz sehr viel mehr angebaut als heutzutage. Mißernten und Rebenschädlinge ließen den bebauten Raum immer kleiner werden. Auch unser Heimatkreis Lüben gehört unter die verschwundenen Weinbaugebiete. Noch heute erinnern die Weinberghäuser bei Koslitz an verklungene Zeiten. Und bestimmt eignen sich die sonnenbestrahlten, sandigen Hänge der dortigen Hügellandschaft ausgezeichnet zum Anbau der Rebe. Nicht vergessen aber dürfen wir ein Dörfchen im Kreise Lüben, dessen ältere Bewohner sich noch deutlich an die Zeit erinnern, wo der Reben edler Saft am Ort gekeltert wurde, wo Wein- und Obstfeste jung und alt froh vereinten. Es ist Würtsch-Helle, an der Grenze gegen den Kreis Liegnitz und Goldberg-Haynau gelegen.

Eine große Sehenswürdigkeit war der Weinberg mit seinen Wein- und Hopfenanlagen. Auf ihm befand sich außerdem ein reicher Bestand an Maulbeerbäumen zum Betrieb der Seidenraupenzucht. Noch in den 1870er Jahren war der Wein- und Hopfenbau stark im Schwung, ebenso die Seidenraupenzucht. Heute findet man nur noch einige kümmerliche Maulbeerbäume. Der Weinberg lag an der Ostseite des Dorfes. Auf seiner Höhe stand ein Glashaus, das von den zahlreichen Ausflüglern als Aussichtsturm benutzt wurde. Vom Berge führte ein Baumallee nach dem Gerichtskretscham. Außer dem erwähnten Glashaus stand auf dem Berge ein Sommerlokal, welches in der Form eines Pilzes gebaut war. Erbaut wurde es aus Stangen und Moosverkleidung. Der Erbauer ist ein Förster Händel (oder Handel) gewesen, der dort mit seinen Förstern Schießübungen abhielt. Auch eine Kegelbahn war vorhanden, welche später dem Erbscholtiseibesitzer Chr. Reimann überlassen wurde. Hier fanden große Feste statt, zu denen man von weit und breit her zusammenkam. Sie nahmen einen derartigen Umfang an, daß die Errichtung eines zweiten Glashauses nötig wurde.

1873 erbaute Robert Reichstein das Gasthaus "Zum Goldenen Frieden" und schuf den ersten Saal in dieser Gegend. Noch heute bewirtschaftet dessen Sohn Richard das Anwesen, beliebt bei jung und alt. Bei guter Verpflegung ist man nach ermüdender Waldwanderung dort gut aufgehoben. Über der Stelle verrauschter Feste liegt heute tiefer Heidefrieden, ein Mustergarten, eingerichtet von Karl Gottfried, hat die Stätten des Tanzes und des Zechens abgelöst. Verschwunden ist heute auch die Wind- und Wassermühle am Westausgang des Dorfes.

Lange träumte das stille Würtsch-Helle ein Dornröschen-dasein. Erst in neuerer Zeit wird es wieder lebhafter in diesem Kreiswinkel, besonders seit die Elektrizität in den Weiler eingezogen ist. Jedem Freund beschaulicher Heide-wanderungen sei das trauliche Waldnest zum Besuch empfohlen.

Dr. med. Gerhard Anders
in "Führer durch die Lübener Landschaft", 1928

1910 Gutshaus und -park

1910 Gutshaus und -park

Würtsch-Helle: Gasthaus zum goldenen Frieden. Besitzer Richard Reichstein

Würtsch-Helle Gasthaus zum goldenen Frieden. Besitzer Richard Reichstein.
[Die Schreibweise Wirtsch-Hell stammt noch aus alten Zeiten!]

 Gasthaus zum goldenen Frieden. Besitzer Richard Reichstein

Gasthaus von Richard Reichstein, hier der Ortsname schon in neuer Schreibweise!



Henry Näpelt besuchte im Mai 2013 für einige Tage den Liegnitzer und Lübener Kreis. Mit dem Fahrrad war er bis Wiercień, dem ehemaligen Würtsch-Helle und Herkunftsort der Familie seiner Großmutter unterwegs. So entdeckte er auch, was aus dem Kriegerdenkmal des Ortes geworden ist. Auf dem Grundstück steht heute eine kleine Kapelle. Sie ist um das alte Denkmal herum gebaut worden. Der Grundkörper des alten Denkmals ist ein kleiner Altar, auf dem eine Marienfigur und Blumen stehen. An der Stelle der alten Namentafel steht heute auf Polnisch und auf Deutsch folgende Inschrift auf der neuen Granittafel: "Bis 1945 befand sich an dieser Stelle das Denkmal zum Andenken an die Bewohner von Würtsch-Helle, die während des 1. Weltkrieges gefallen sind. Juli 2012." Herzlichen Dank an Henry Näpelt und die polnischen Bewohner, die solche Erinnerungen bewahren!

Zu den Personalkarten
der Lehrer von Würtsch-Helle

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Fritz Rüdiger
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Richard Rutsch
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