Fußball in Lüben
Die Lübener Handballmannschaft














Fußball in Lüben

Auf besonderen Wunsch eines Lübeners gebe ich hier einige Auszüge aus mehreren Artikeln über den Lübener Fußballsport wieder.
Auf die Wiedergabe detaillierter Beschreibungen der rivalisierenden Sportclubs und des Militärsportvereins soll hier verzichtet werden.

Im Jahr 1935 war es endlich zur Gründung der "Sportvereinigung Lüben" gekommen, beileibe nicht dem ersten Zusammenschluß auf sportlichem Gebiet. Das sportliche Geschehen hatte bis dahin in den Händen des Turnvereins unter Leitung von Paul Ernst gelegen. In diesem Verein turnten junge Männer wie Ernst Schirmer, Fritz Conrad und Richard Ziegert, denen es Spaß machte, auch Fußball zu spielen. Damals war diese Sportart doch noch nicht so verbreitet, aber elf Spieler fanden sich schnell zusammen. Man trainierte, und so mancher Lederschuh hatte zu leiden, blieben doch richtige Fußballschuhe vorerst für uns ein Traum. Von all dem wußten die Eltern nichts, die sich lediglich über zerrissene Schuhe und zerschlagene Glieder empörten.

Wir bildeten als Bestandteil des Turnvereins die Spielabteilung des MTV Lüben, der uns auch betreute. Das war im Jahr 1920. Bald genügte diese Hilfe nicht mehr, um uns für wettkampfmäßige Spiele fit zu machen. Deshalb schieden wir aus dem MTV Lüben aus, machten uns im Jahr 1921 selbständig als "Sportverein Lüben" und schlossen uns dem Deutschen Fußballbund (DFB) an. Erster Vorsitzender wurde Richard Ziegert, der mit großem Geschick und Organisationstalent den Verein bis zu seiner Einberufung im Jahr 1940 leitete. Er war es, der die viele Kleinarbeit erledigte, sich unermüdlich um alles kümmerte und die Gemeinschaft förderte, so daß der Sportverein Lüben bald zum Mittelpunkt des Lübener Sportgeschehens wurde. Obwohl die Mitglieder damals erst 18 Jahre alt waren, hielten sie wegen des Sports eisern an ihrem Verein fest.

Sportverein Lüben

Lübener Sportverein

von links, stehend:
-, Steiner, -, Heinz Mischke, Hoffmann (Landratsamt).

kniend:
Fritz Schmidt (1913-1993), Kühn (Pianofabrik), Wendler;

sitzend:
Wendler, Schüler, Schatz, Gottfried Escherlor (* 1910)

Unser erstes Vereinslokal war August Gärtigs Hirsch. Zum Gründungsstamm gehörten, soweit ich mich erinnere, Alfred Conrad, Ernst Schirmer, Walter Biedermann, Fritz Kühn, Hermann Brandt, Georg Rosenau, Karl Roche (Trompeter bei den 4. Dragonern), der Schwiegersohn von Glas-Grieger aus der Nieder-Glogauer Straße. Er war auch der Senior des Vereins. Männer wie Kienel und Ewald Herr, die damals in den Reihen der Bredow-Dragoner standen, hatten ebenfalls an der weiteren Entwicklung Anteil, die vor allem aus Training bestand. Über mangelnden Zulauf konnten wir uns nicht beklagen. Unter dem Motto "Elf Freunde müßt ihr sein, um Siege zu erringen!" gingen wir in die ersten Wettkämpfe und damit auch an die Öffentlichkeit. Liegnitz, Sitz der Gesamtorganisation, hatte uns in die 2. Kreisklasse eingestuft.

Haynau, Liegnitz und Parchwitz waren unsere Gegner. Wenn auch erst einmal so manche Niederlage eingesteckt werden mußte, wir ließen den Mut nicht sinken, erkannten bald die eigenen Schwächen, suchten bessere Spieler, aber auch jüngere. Die gesamte Ausstattung mußte jeder selbst stellen, ebenso für die Fahrtkosten aufkommen. Elf Mann, mit einem Schuhkarton bewaffnet oder ein Paar Schuhe über der Schulter hängend, das waren die ersten Fußballer von Lüben.

Der Wille zur Mitarbeit war vorhanden, aber kein Sportplatz. Hier kam uns der Fiskus entgegen und stellte den Kleinen Exerzierplatz als Gelände zur Verfügung. Wir nahmen Kontakt mit der Garnison auf, die gute Spieler in ihren Reihen besaß. Sie kamen gern zu uns. So begannen wir, unseren Verein auszubauen und Jugendliche heranzuziehen und zu fördern, um ein Reservoir für die Mannschaft zu haben. Geholfen wurde von vielen Seiten. Bei der Neubildung des Vereins kamen Paul Reimann, Hans Klein, Hermann Stephan und natürlich Richard Ziegert in den Vorstand. Die Mitgliederzahl erhöhte sich schnell auf 100, und im Jahr 1926 standen zwei Herren- und zwei Jugendmannschaften im sportlichen Wettstreit.

Der Kreisausschuß für Jugendförderung und Leibeserziehung unter Leitung von Lehrer Hans Kalinke (Lerchenborn) wurde auf uns aufmerksam und versuchte, uns im Rahmen seiner bescheidenen Mittel zu helfen. Der neugegründete Lübener Arbeitersportverein gegründet schloß sich bald unserem Verein an. Die Jahre zwischen 1927 und 1931 waren voller Erfolge. Aus der Fußballabteilung heraus entstand eine Handballabteilung (Herren- und Damenmannschaft), eine Leichtathletikgruppe und eine Boxerriege. Letztere war zwar ursprünglich selbständig gewesen (ihr großer Gönner war Dr. Anders), sie stieß aber bald zu uns.

Als die Fußballbegeisterung immer größer wurde, stieg auch die Zahl unserer sportlichen Gegner. Kotzenau bekam seinen Fußballverein und forderte uns heraus. Wir betrieben damals schon Abwerbung - Spieler kaufen konnten wir freilich nicht - und überredeten einen der besten Spieler Kotzenaus, Martin Zimmerling (genannt Dollfuß), bei uns zu spielen. Verärgerung in Kotzenau! Schüler des Realgymnasiums stießen zu den verschiedenen Abteilungen unseres Vereins und trugen so die Begeisterung wieder zurück in ihre Schule.

Die Leitung der Leichtathletikgruppe übernahmen Fritz Conrad und Ernst Schirmer, die Leitung der Handballer Paul Reimann. Als erste Wettkämpfe wurden Wald- und Geländeläufe durchgeführt. Der Start war am Kleinen Exerzierplatz, gelaufen wurde in Richtung Guhlau, nach der Oberförsterei und zurück zur Polkwitzer Chaussee. Oder von der Rasenbank mit Ziel an der Heilanstalt. Bald starteten einzelne Könner bei anderen Vereinen, um so ihre Kräfte zu messen und auch manche Siegerurkunde mitzubringen. Eine Großveranstaltung mit Sportlern aus Liegnitz, Breslau, Glogau und Neusalz wurde durchgeführt, und den Siegern konnten wertvolle Geschenke als Andenken überreicht werden. Lübens Geschäftswelt hatte sich beim Spendenaufruf nicht lumpen lassen. Die Handballer konnten mit beachtlichen Leistungen aufwarten. Das wiederum zog viele Mädchen zum aktiven Sport hin. Unter der Leitung von Fräulein Walter (Gärtnerei) trainierte eine Damenhandballmannschaft, die aber leider nur zwei Jahre bestand.

Was aber war mit einem eigenen Sportplatz samt Aschenbahn? Ein Teil des Kleinen Exerzierplatzes wurde uns vom Fiskus zur Verfügung gestellt. Tiefbauunternehmer Gustav Anderssohn übernahm die Planung und Durchführung dieses Projektes. Jedes Mitglied verpflichtete sich zur freiwilligen Mitarbeit beim Planieren; wer nicht schippte, zahlte 0,50 RM Arbeitslohn je Stunde. Auf diese Weise wurde viel geschafft, und Anderssohn konnte mit den eigentlichen Arbeiten anfangen. Leider hatte das damalige Stadtoberhaupt keinerlei Interesse an unserer Arbeit. So ließ er in völlig unsachgemäßer Arbeit auf dem Turnplatz eine Aschenbahn anlegen, die praktisch keinen Wert hatte. Große Wortkämpfe und Auseinandersetzungen fanden im Stadtparlament statt. "Mottennester oder Lindenbäume opfern", unter diesem Schlagwort wurde gefochten. Die Aschenbahn lag nämlich unmittelbar an den Lindenbäumen, die den Turnplatz säumten und für die Läufer gefährlich waren. Außerdem konnte der Lärm der Veranstaltungen die Ruhe der Patienten im benachbarten Krankenhaus stören. Wir aber ließen uns von unserem Ziel nicht abbringen, opferten unsere letzten Groschen, so daß wir schließlich nach Abschluß der Bauarbeiten nur noch Schulden hatten. Ein Jahr hatte alles gedauert, und Baumeister Schmidt setzte am Ende noch eine Barriere um die Anlage. Eine große Grasnarbe und die 404 m lange Aschenbahn waren bald ein Schmuckstück. Bittschreiben an die verschiedenen Behörden, die Aktionen zu unterstützen, blieben ohne Erfolg. Lediglich Lehrer Hans Kalinke konnte damals 50 RM aus dem Jugendfonds abzweigen.

Ungelöst blieb die Frage nach einem Bretterzaun, Sichtblende für nicht zahlungswillige Zuschauer. So mußten wir durch Umhergehen auf dem Platz die Groschen kassieren. Bis zum Schluß blieb der Sportplatz ein Problem, nicht einmal die Schulden bei Anderssohn hatten wir tilgen können, obwohl ein Ratentilgungssystem geschaffen worden war.

Durch die Beiträge der Aktiven war dem Schuldenberg nicht beizukommen, wir brauchten Förderer, auch inaktive Vereinsmitglieder. "Fans mit einem Fan-Club" würde man heute sagen. Und wir schafften es auch, auf diese Weise zu mehr Geld in der Vereinskasse zu kommen. Die Wahl von Dr. med. Molinski zum 1. Vorsitzenden des Lübener Sportvereins half unserem Ansehen enorm und wirkte sich sehr zum Vorteil des Vereins aus.

Als 1934 die Reiter der Garnison Lüben verließen und die Aufklärungsabteilung 9 in die Kaserne zog, wurde nicht allein das Stadtbild neubelebt. Feldwebel Herbert Hotopp gab damals den Anstoß zu einem Gespräch über den Zusammenschluß aller Sportvereine in Lüben. Von militärischer Seite bestimmte der damalige Truppenkommandeur, Oberstleutnant von Schröter, den zuständigen Sportoffizier, mit uns zu verhandeln. Als Berater standen ihm Hotopp und Unteroffizier Bollenkamp zur Seite. Der Verein war bei diesen Gesprächen, die in der Konditorei Neumann am Ring stattfanden, durch Dr. Molinski, Kulbe, Rosenau und Ziegert vertreten. Daraus entstand schließlich die "Sportvereinigung Lüben", die sich blau-gelb als Vereinsfarben wählte. Neben der Wahl zu einem neuen Vorstand mußten vor allem die Mannschaften neu zusammengestellt werden.

Transportsorgen gab es nun nicht mehr. Die neue Truppe im Standort Lüben war ja motorisiert! Im Jahr 1936 folgte der Aufstieg in die höhere Spielklasse, vielleicht mit eine Anerkennung für Herbert Hotopp, der für faire, sportliche Disziplin in den Mannschaften sorgte. Den Höhepunkt unter den neuen Vereinsfarben bildete das österliche Pokalturnier, bei dem unter drei Gastmannschaften und unserer Ersten Mannschaft ein Pokal ausgespielt wurde. So lief der Sportbetrieb auf vollen Touren, und die von Bollenkamp geförderte und betreute Jugend sicherte ein gutes Spielerreservoir.

Die Vorboten des verheerenden Zweiten Weltkrieges zeigten sich im Erlahmen des Spielbetriebes. Die Garnison war dauernd zu Manövern unterwegs, der Bestand an Spielern durch Einberufungen zur Wehrmacht dezimiert. Und als die Kriegsmaschinerie auf Hochtouren lief, mußte der gesamte Spielbetrieb schließlich 1944 eingestellt werden. Das sollte - wer konnte es damals ahnen - der Schlußstrich unter "Deutsche Sportvereine in Lüben" sein.

Geblieben ist uns die Erinnerung an unseren Verein, dem einen oder anderen sogar der Text der ersten Strophe unseres Vereinsliedes:

Blau und Gelb sind unsere Farben,
Die voran uns wehn.
Lustige Sportler sind wir alle,
Die zusammenstehn.
Eilt herbei, ihr Fußballspieler,
Steht zu euerm Wort!
Haltet dem Verein die Treue,
Daß er blühe fort!

Erwin Kulbe in LHB 2-4/1979


Aus einer umfangreichen Ergänzung und Korrekturen zu obigem Artikel:

... Im Januar 1926 trat ich als Freiwilliger bei der 4. Schwadron des Reiterregiments 7 in Lüben ein, war dort durch vorherige Begegnungen schon bekannt, wurde Mitglied im "Sportring Lüben" und bald in der 1. Mannschaft als Rechtsaußen aufgestellt. Es bestand also zu dieser Zeit schon der "Sportring Lüben", dessen Mannschaften sich bis auf wenige Ausnahmen aus Soldaten zusammensetzten und nicht erst als Nachfolger des oben erwähnten Militärsportvereins. Wir spielten in der 2. Kreisklasse bis zum Zusammenschluß mit dem damaligen "Sportverein Lüben". Dieser Zusammenschluß erfolgte bereits Ende der 20er Jahre unter dem Namen "Sportvereinigung Lüben" und nicht erst 1935, wie oben vermerkt. Nach dem Zusammenschluß entstanden zunächst zwei fast gleichwertige Mannschaften.

Zum Stamm der 1. Mannschaft, die in der 1. Kreisklasse spielte, gehörten seinerzeit: H. Jordan, A. Wolf, K. Hauf, E. Herr, R. Wittig, A. Freihube, F. Kühn, W. Biedermann, H. Mischke, F. Weigelt, Vollmer, Scholz und Jänsch, letztere drei waren Schüler am Gymnasium und bei Auswärtsspielen leider oft nicht verfügbar. In dieser Zeit war der unermüdliche Richard Ziegert ständiger Gast in der Kaserne, um für die am kommenden Sonntag aufgestellten Soldaten rechtzeitig den Sporturlaub zu erwirken. Unsere Gegner in der Meisterschaftsrunde waren: Spielvereinigung 96, Blitz 03, VfB, Ballspielklub, Postsportverein (sämtl. Liegnitz), Sportclub Jauer und Schlesien Haynau. In den ersten Jahren nach der Vereinigung konnten wir schöne Erfolge erzielen...

Alfred Freihube in LHB 10-12/1979


Eine weitere Fußballmannschaft war die Betriebsmannschaft der Fa. Hübner, Breite Straße.
Ihre Mitglieder hat dankenswerterweise Hans-Werner Jänsch bis auf einen Namen ermittelt! Stehend von links:
Hans-Werner Jänschs Klassenkamerad Werner (Matze) Hübner, Röhrich, Werner Gutsche, Martin Hübner, Fritz Krummbein, -, Rudolf Nusche, Mannschaftsführer Josef-Jupp Piepmeyer. Der Soldat ist auf das Bild geraten, weil er zu der Zeit gerade bei Hübners einquartiert war. Davor sitzend v. l.: Friebe, Vogt (Torwart), Otto Hübner.

Lübens Fußballmannschaft - die Hübner-Elf

Lübens Fußballmannschaft 1939 - die Hübner-Elf -