Leider fand ich im Lübener Heimatblatt seit 1953 keinen einzigen Artikel über die Lübener Stadtziegelei. So bin ich auf den ausführlichen Bericht in der Chronik des Pastors Konrad Klose angewiesen. Er beginnt mit der Schilderung des großen Brandes der Stadt in der Zeit des Siebenjährigen Krieges. Es war der letzte der drei Kriege zwischen dem Königreich Preußen und der Habsburgermonarchie, bei denen es zwischen 1740 und 1763 um den Besitz der - beim Ausbruch des ersten Krieges - österreichischen Provinz Schlesien ging.
Am 17. November 1757 entstand durch Unvorsichtigkeit eines bei Gersdorff Bediensteten im Hinterhause des Grünen Baums ein Feuer, das schnell um sich griff. Zwar wurde sofort Lärm geschlagen, aber während die Bürger zum Löschen herbeieilten, fielen die Panduren in die Häuser ein und begannen zu plündern. Infolgedessen war die Bürgerschaft mehr auf die Sicherung ihrer Habseligkeiten als auf Löschhilfe bedacht. Bald stand die ganze innere Stadt in Flammen. Da auch die Torhäuser brannten, war es den herbeieilenden Landleuten kaum möglich, in die Stadt einzudringen, ganz abgesehen davon, daß sie von den Panduren direkt daran gehindert wurden.
Beinahe wäre auch die evangelische Kirche ein Raub der Flammen geworden, wenn es nicht gelungen wäre, durch die Pforte eine Spritze hereinzubringen, und wenn nicht einige adlige Herren vom Lande mit Ausdauer und Opferwilligkeit an der Rettung des gefährdeten Gotteshauses mitgearbeitet hätten. Innerhalb der Stadtmauer blieben außer der Kirche nur das Schulhaus, die beiden Diakoniehäuser, das Glöcknerhaus, die katholische Kapelle, das Haus des Dr. Mattheus und 9 andere Häuser von Feuer verschont. Aber auch die nicht abgebrannten Häuser waren meist beschädigt. Im ganzen wurden 183 Wohnhäuser und 74 Stallungen eingeäschert.
In der Stadt sah es trostlos aus. "Die ganze Stadt", so klagt ein Bericht aus späterer Zeit, "ist in einen Steinhaufen verwandelt. Die Bewohner sind genötigt, sich in den Vorstädten gleichsam einzuschichten. Das Elend derselben ist unbeschreiblich; denn ob sie gleich solchergestalt bis auf einige wenige, die sich aus Noth anderswohin begeben, ihr Unterkommen gefunden, auch etliche bis daher in Kellern sich beholfen, so werden sie doch durch den wenigen Gelaß in jeder Profession ungemein gehindert und dahin gebracht, daß sie das Wenige, so der wüthenden Flamme entrissen worden, seither vollends zusetzen mußten".
Die städtischen und staatlichen Behörden gingen sofort an die Arbeit, um den Umfang des Schadens festzustellen und die Hilfsaktion einzuleiten. Am 7. Februar 1758 erging die Kabinettsorder, "daß den Abgebrannten in Lüben soviel als möglich assistirt werde". Der König Friedrich II. verfügte eine allgemeine Landeskollekte, eine mehrjährige Accisebonifikation und andere Vergünstigungen, welche von der Kammer im einzelnen festgestellt werden sollten. Dementsprechend wurde die Bürgerschaft 6 Jahre von den Servis- und Einquartierungslasten und den Kämmereiabgaben an das Amt befreit, sie erhielt außer der dreijährigen Accisebonifikation die gesetzlichen Feuersozietätsgelder; den Handwerkern wurde Schadenersatz für die Verluste an Werkzeug, Webstühlen u. dergl. gewährt.
So erfreulich diese Aussichten für die Bürger waren, so war ihnen doch zunächst damit nicht geholfen. Vor allen Dingen mußten sie wieder unter Dach und Fach kommen. Aber die Schwierigkeiten, die sich dem Wiederaufbau der Stadt entgegenstellten, mehrten sich von Tag zu Tag.
Vor allen Dingen fehlte es an Ziegeln; weder die zu der Zeit schon existierende Ziegelei in Mallmitz noch der städtische Ziegelofen hinter dem Schießhause waren imstande, die erforderlichen etwa 10 Millionen Ziegeln zu liefern. Man mußte die städtische Ziegelei vergrößern, und legte später im Erdgeschoß des Schießhauses eine Winterziegelei an. Da es aber an tüchtigen Ziegelstreichern fehlte, geriet die Bautätigkeit ins Stocken. Das gesamte Bauholz der Stadtheide zu entnehmen, war untunlich, wenn man nicht den ganzen Waldbestand ruinieren wollte. War man doch auch für die Heizung der Ziegelöfen auf den Holzvorrat der städtischen Waldungen angewiesen. Da indes die Privatforsten in Gläsersdorf und Kaltwasser Bauholz in größerer Menge abgeben konnten, war dieser Mangel bald beseitigt.
Sehr schwierig gestaltete sich die Abfuhr der Schuttmassen, zu der außer den spanndienstpflichtigen Bauern von Altstadt, Mallmitz und Samitz später auch die Kreisinsassen herangezogen wurden. Im ganzen waren zirka 30 000 Fuhren zu leisten, einschließlich der Lehm- und Holzfuhren für die Ziegeleien. Kein Wunder, daß die Abfuhr sehr langsam vonstatten ging, zumal die Bauern nur mit großem Widerstreben ihrer Pflicht genügten. Der Bauschutt fand auf dem Gelände hinter dem Schießhause seine Stätte; später wurde dort eine Maulbeerplantage angelegt.
Als indes am 29. Dezember 1845 der Kostenanschlag für eine Ziegeleianlage im Stadtforst vorgelegt wurde, fanden die Stadtväter die Sache zu kostspielig und unrentabel und beschlossen, nur die bestehende Ziegelei hinter dem Schießhause zu erweitern. Aus dem Erlös des Holzes, das man eingeschlagen hatte, um einen Platz für die projektierte Ziegelei zu gewinnen, ward ein Baufonds gebildet, um evtl. in späterer Zeit das Projekt zu verwirklichen. Es geschah schneller, als man gedacht. Schon am 30. Juni 1846 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung die Errichtung der Stadtziegelei, und am 24. März 1847 erteilte sie dem Zimmermeister Kleinert, als dem Mindestfordernden, den Zuschlag. Am 8. Januar 1848 ward der weitere Ausbau und die Anstellung eines Ziegelmeisters beschlossen, 1850 ein Trockenschuppen errichtet, 1852 ein Ziegelmeisterhaus und ein weiterer Ofen gebaut. Eine erhebliche Erweiterung erfolgte 1900/01 durch die Umwandlung der Anlage in eine Dampfziegelei. Eine Hochdrucklokomotive wurde aufgestellt, eine Ziegelpresse angeschafft und ein neuer Ringofen errichtet. Die Kosten der umfangreichen Veränderungen beliefen sich auf 73 000 Mark. In den Jahren 1910 und 1911 geschahen weitere Um- und Neubauten, vor allen Dingen die Errichtung einer künstlichen Trockenanlage.
Den Pflasterweg nach der Ziegelei mußte sich die Stadt 1860 auf eigene Kosten bauen; er fand 1898 bei dem Bau der Chaussee nach Pilgramsdorf Verwendung, zu dem die Stadt einen Beitrag von 16.500 Mark leistete.