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Kaltwasser [1939]
Gemeinde, Kreis Lüben, 15 km, Post über Lüben, 421 Einwohner, 125 Haushalte, Flurgröße 1841 ha, 4 Gemeinderäte, Bürgermeister Fabig, Fernsprecher Poststelle, Landratsamt, Amtsgericht, Versicherungsamt, Landkrankenhaus, AOK Lüben / Regierungsbezirk, Finanzamt, Landgericht, Arbeitsgericht, Versorgungsamt Liegnitz / Arbeitsamt Liegnitz, Nebenstelle Lüben / Standesamt, Schulgemeinde Kaltwasser / Gendarmeriebezirk Krummlinde / nächster Personen-, Güterbahnhof Vorderheide 6 km. Vorhanden: 1 Volksschule*, 1 ländliche Berufsschule, 1 Rittergut
[* Wie die Personalakten der Lehrer Holitschke und Schwanitz zeigen, gab es in Kaltwasser zumindest in den 1920er Jahren 2 Schulen: eine evangelische und eine katholische Volksschule.]
Aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939 |
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Kaltwasser [1927]
Dorf Kreis Lüben Regierungsbezirk Liegnitz 400 Einwohner Gemeindevorsteher Rohr Postamt Eisenbahnstation Güterladestelle Vorderheide Amtsgericht Lüben Landgericht Elektrizitätswerk Liegnitz evangelische Volksschule* Fortbildungsschule evangelische und katholische Kirche
Böttiger, Emil, Schmiedemeister
Elektrizitätsgenossenschaft
Franke, Karl, Tischlermeister
Gritz, Josef, Schuhmachermeister
Hermann, Paul, Tischlermeister
Hilscher, Georg, Fuhrgeschäft
Kaiser, Fritz, Schuhmachermeister
Knittel, Fritz, Fleischermeister
König, Emilie, Gastwirtschaft.
Krischker, Paul, Stellmachermeister
Langner, Oswald, Kolonialwarenhandlung
Reisner, Alfred, Fleischermeister
Simon, Ernst, Holzwaren
Thomas, Richard, Bäckerei
* Wie die Personalakten der Lehrer zeigen, gab es in Kaltwasser zumindest in den 1920er Jahren auch eine katholische Volksschule. Aus: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien für Industrie, Handel, Gewerbe, Verlag August Scherl, Breslau, 1927 |
Kaltwasser in Nachschlagewerken von 1789 und 1845 |
Kaltwasser [1913]
Dorf und Rittergut (mit Schäferei) + Forsthaus [Panten]: Kreis Amtsgericht Lüben 13 km; Post Eisenbahnstation Vorderheide 7 km; Amtsbezirk Standesamtsbezirk evangelisches Kirchspiel katholisches Kirchspiel Kaltwasser; 367 + 83 [+ 9] Einwohner
aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913
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Kath. Kirche Kaltwasser, Zeichnung von Elfriede Springer |
Kaltwasser 1910: Schloss, Katholische Kirche, Gasthof von Reinhold Oertel, Brennerei, Katholische Schule
Kaltwasser 1915: Schloss, Katholische Kirche, Reisners Gasthof, Partie des Dorfes
Kaltwasser 1934: Schloß, Alfred Reisner's Gasthof, Richard Thomas' Bäckerei und Warenhandlung, Kriegerdenkmal
Katholische und evangelische Kirche, Schloss, Waren- und Lebensmittelhaus Oswald Langner
Kaltwasser 1936: Katholische Kirche, Schloss, Post und Warenhaus Langner, Evangelische Kirche
Kaltwasser 1939: Partie mit Langner's Warenhandlung, Evangelische Kirche und Kriegerdenkmal, Partie mit Katholischer Kirche, Mühlteich
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Vorder- und Rückseite von Schloss Kaltwasser |
Wissenswertes über Kaltwasser
Das Rittergut Kaltwasser wurde am 1. September 1932 durch Arno Matthes von der Liegnitz-Wohlauer Fürstentumslandschaft erworben. Würtsch-Helle wurde nicht mitgekauft, da es den Vorstellungen des Käufers nicht entsprach.
Das Rittergut Kaltwasser umfaßte eine Fläche von 1964 Morgen (491,60 ha). Von der Gesamtgröße entfielen auf Acker 850, Wiese 500, Wald 450 und Moor 150 Morgen. Der Rest waren Hofanlagen, Gärten und Teiche. Durch den Umbruch von Wiesen verschob sich der Anteil des Ackers später auf ca. 950 Morgen. Der Boden des Gutes hatte eine breitgefächerte Skala an Güteklassen aufzuweisen. Im Westen an der Fuchsmühler Grenze war schwere Lette, in der Mitte humoser Lehm und im Osten Sand. Parallel hierzu setzte sich auch der Waldbestand im Westen und in der Mitte aus Laubwald zusammen, wobei die Eiche die vorherrschende Baumart war. Auf dem Sand im Osten standen wie üblich Kiefern.
Der Höchstbestand an Vieh waren 40 Pferde und Fohlen, 130 Stück Rindvieh und ca. 300 Schafe. Die Schafe wurden nach einigen Jahren abgeschafft. Die Schäferei lag am entgegengesetzten Ortsende, so daß weite Anmarschwege zu den Hüteflächen die Rentabilität der Herde bald aufhoben. Schweine wurden nur zum eigenen Bedarf gehalten, obwohl ein großer, massiver Stall vorhanden war. Jedoch das feuchte Raumklima des Stalles ließ jeden Versuch einer Schweinezucht scheitern.
Die Brennerei mit einem Brennrecht von 76 000 Litern Brennspiritus und dem damit anfallenden Anteil an Schlempe erlaubte es auch über den Winter, einen gleichbleibenden Rindviehbestand zu halten.
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Wohl nicht nur von dem hier angeblich sehr kalten Wasser rührt der Ortsname her, sondern bestimmt auch von dem recht hohen Grundwasserstand. Aus den Flurnamen, alten Flurkarten und den noch vorhandenen Dämmen war zu erkennen, daß früher größere Fischteiche da waren. Aufgrund des hohen Grundwasserstandes waren 550 Morgen drainiert. Im Sommer waren ständig zwei Mann damit beschäftigt, die Vorflutgräben und die Drainagen in Ordnung zu halten. Einige Jahre vor dem Krieg wurde mit der Kultivierung des Moores begonnen. Nach anfänglich ganz guten landwirtschaftlichen Erfolgen scheiterte alles an den im Kriege nicht mehr erhältlichen Moorspezialmaschinen. Mit den eigenen herkömmlichen landwirtschaftlichen Maschinen konnten diese Flächen nur bei großer Trockenheit bearbeitet werden. Aufgrund dieser Umstände verunkrautete und verwilderte das Moor im Kriege zusehends und war dann nur noch eine Schilf- und Brennesselfläche, in der auch bald kleine Birken und Erlen wuchsen.
Zur Geschichte des Gutes Kaltwasser wäre noch folgendes hinzuzufügen. Ehemals ein Klostergut des Klosters Wahlstatt, war sein letzter österreichischer Besitzer ein Feldmarschall von Götz. Er soll auch das "Schloß" erbaut oder umgebaut haben. Es wurde
ja angenommen, daß aufgrund des kreuzförmigen Grundrisses des Hauses dieses auf den Grundmauern einer Kirche errichtet sei. Dagegen spräche jedoch, daß dann das Kirchenschiff nach Westen stand, was zu den damaligen Zeiten ganz unüblich war. Die Grundmauern des Hauses hatten eine Stärke von 1,50 bis 1,80 m und im ersten Stock waren immer noch die Fensternischen gute 0,80 m. Bei einem Wanddurchbruch der Außenmauer im Erdgeschoß wurde als Baumaterial vorgefunden: Außen- und Innenwand waren Ziegel von bedeutend größeren Ausmaßen als heute bekannt. Der Zwischenraum war dann zum Teil mit Feldsteinen von ganz beachtlicher Größe ausgefüllt. Mauern von noch größeren Ausmaßen waren in der Brennerei vorhanden. Hier konnten an den Kellerfensterschächten im Malzkeller Wandstärken von 1,80 bis 2,20 m nachgemessen werden. Kurz vor oder in den ersten Jahren des Krieges waren Mitarbeiter des Landeskonservators in Kaltwasser. Sie befaßten sich mit der Aufnahme von Bauten, die nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel (1781 bis 1841) erbaut sein sollen. Kaltwasser soll nach seinen oder nach den Plänen eines seiner Schüler umgebaut worden sein. Arbeiten und Nachforschungen auf diesem Gebiet sind durch den Krieg zum Erliegen gekommen, wie es auch in dem Buch von Prof. Günther Grundmann "Erlebter Jahre Widerschein" nachzulesen ist.
Ernst-Günther Matthes († 2000), in LHB 2/1978 |
Katholische Kirche, Kreuz des katholischen Kirchhofs, Totalansicht |
Evang. Pfarrhaus und Kirche, Oswald König's Gerichtskretscham (Siehe auch Geschäftsanzeige von Oswald König 1928!), Schloss
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Kaltwasser 1916: Gasthof zum Gerichtskretscham mit Gesellschaftsgarten
Wiedersehen mit der Heimatglocke
Weihnachten 1942! Noch fern war der Krieg von Schlesien. Zum letzten Male sollten die drei Glocken der alten Benediktinerkirche von Kaltwasser ihre Friedensmahnung in das grausige Geschehen erklingen lassen: ihr Ton reichte nach Lüben, nach Liegnitz und bis nach Haynau. - Dann kam der Befehl, zwei Glocken mußten abgegeben werden, zum Einschmelzen! Alle Proteste halfen nichts. Die Arbeiter aber, die sie herunterholen mußten, hatten ein Herz, sie ließen mit sich reden. Die alte große Glocke vom Jahre 1603 blieb uns erhalten.
Es war ein kalter Tag. Und doch waren viele gekommen, um Abschied zu nehmen. Tränen standen manchem Alten von Kaltwasser in den Augen, Menschen, denen diese Glocken Freud und Leid geläutet hatten, und selbst die Jungen weinten, als die Glocken langsam heruntergelassen wurden. "Das bringt Unglück für Deutschland", sagte mir eine alte Bäuerin, "im letzten Krieg worsch genau asu!"
1951: Ich war bereits sechs Jahre Pfarrer in der Nähe von Heidelberg. Da flattert mir ein kurzes Schreiben ins Haus: "Soweit festgestellt werden konnte, ist aus Ihrem heimatlichen Pfarrbezirk noch folgende Glocke vorhanden. Ort: Kaltwasser, lfd. Nummer 450, Gußjahr 1799, Gewicht... Durchmesser... usw."
Ja, sie war es, eine der beiden Glocken, von denen wir damals angenommen hatten, wir werden sie nie mehr wiedersehen. Die Jahreszahl 1799 hatte sie gerettet. Sie war zwar erst 1923 gegossen worden, aber der damalige Pfarrer hatte zur Erinnerung an ein Ereignis im Leben Goethes die Jahreszahl 1799 einprägen lassen.
Nach kaum 10 Jahren läutete mir die Glocke der Heimat wieder entgegen vom Turm der Kirche von Neuburgweier, an der mein guter Freund amtiert. Sie hängt leihweise dort wie alle schlesischen Glocken. Ob sie je nach Kaltwasser zurückkehren wird?
Pfarrer Heinrich Tilling in LHB 23/1957 |
Kaltwasser
Kaltwasser hat im 19. Jahrhundert sehr oft den Besitzer gewechselt, so sah man dort die Koppys, Buddenbrogks, Prillwitzens, Raumers und dann Schultz von Dratzig. Im Jahre 1872 erwarb mein Großvater Rudolph Schultz von Dratzig von einem Herrn von Raumer die Güter Kaltwasser und Würtsch-Helle. |
1873 wurden beide Güter drainiert. Die Drainagen lagen ebenso wie auf den Gütern Fuchsmühl und Buchwald nicht im richtigen Verhältnis zur der Vorflut in Richtung Ober-Langenwaldau, denn der Merkpfahl an der Wassermühle in diesem Orte wirkte rückstaumäßig, und die Forderung des Müllers überstieg die finanziellen Kräfte der oberliegenden Rittergüter. Weiter wurde die Brauerei in eine Spiritusbrennerei umgestellt. Zwischen Kaltwasser und Helle wurde eine Fasanerie angelegt.
Die Güter Kaltwasser, Fuchsmühl, Buchwald und Ober-Langenwaldau waren bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges Klostergüter des Klosters Wahlstatt. Der letzte österreichische Besitzer war ein k. u. k. General, der die katholische Kirche erbaute. Danach wurde der evangelischen Gemeinde die ehemalige katholische Kirche überlassen. Aus dieser Zeit stammten noch die sehr unbequemen Kirchbänke. Zur katholischen Kirchgemeinde gehörten etwa 17 Ortschaften, die Gemeinde Kaltwasser war zu einem Drittel katholisch.
1875 starb Rudolph Schultz von Dratzig und hinterließ zwei Töchter und vier Söhne, die alle Offiziere waren, deren ältester, Rudolph, mit Herrn Grapenthin die Wirtschaft übernahm, während er - gleichzeitig Offizier im im 2. Leib-Husaren-Regiment - in Posen blieb. 1890 übernahm mein Vater, damals Regiments-Kommandeur in Posen, die Bewirtschaftung, 1895 übernahm meine Mutter Martha, geb. Schultz von Dratzig, das Familiengut und meine Eltern gingen nach Kaltwasser.
1912 starb mein Vater. Zu dieses Zeit war ich in Berlin. 1913 wurde ich zum Hauptmann befördert. 1914 begann der 1. Weltkrieg, und ich blieb bis 1919 in der Armee. In Vollmacht meiner Mutter übernahm ich dann bis zu ihrem Tode die Bewirtschaftung.
Im Jahre 1923 wurde mir durch die Herren v. d. Recke (Sabitz) und Werner von Wiedner (Koslitz) nahegelegt, mich zur Wahl in den Kreisausschuß aufstellen zu lassen, und ich wurde gewählt.
Die Kommunalpolitik war für mich eine völlig neue Aufgabe und nur das Wohlwollen des Landrats Freiherrn v. Stosch, meines rechten Nachbarn am Sitzungstisch, Bürgermeister Feige, und links, der alte würdige Herr Weidner (Groß Krichen), die mich über die Hindernisse führten, haben mich in die Verwaltungsgeheimnisse eingeführt.
Es war eine Freude, mit diesen Männern für das Wohl des Kreises zu arbeiten. Gleichzeitig mit dieser Tätigkeit war ich Vorsitzender im Kreislandbund und im Kreis-Arbeitgeberverband. Als ich im Jahre 1931 den Besitz aufgeben und Kaltwasser verlassen mußte, war dies ein schwerer Schritt für mich. So aber bin ich nur der Vorläufer von Millionen Bauern gewesen, die 1945 ihre Heimat verloren - so ist der Lauf der Welt! Eberhard von Briesen in LHB 4/1954 |
Katholische Kirche, Bäckerei von Richard Thomas, Reisners Gasthaus
Evangelische Kirche zu Kaltwasser
Katholische Kirche zu Kaltwasser
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Kaltwasser - mit dem Rittergute Würtsch-Helle und dem Niedervorwerk einen Complex von über 2800 Morgen bildend und 11/4 Stunde von Liegnitz in fruchtbarer und sehr romantischer Gegend liegend - soll seinen Namen von einer versiegten Quelle haben, welche im Sommer so kalt gewesen sein soll, dass junge Gänse in ihr erstarrt sind. Kaltwasser ist im 15. Jahrhundert in den Händen der Familie von Axleben gewesen, welche es im 17. Jahrhundert an den Grafen Pompeji verkauft hat.
Durch des Grafen Pompeji zweite Gemahlin kam Kaltwasser 1654 durch Heirat an den Kaiserlich Oester-reichischen Feldmarschall Grafen Götz. Im Jahre 1737 ging Kaltwasser durch Kauf an die Abtei zu Wahlstadt über, von welcher es der Königliche Fiscus übernahm. 1810 erstand der Freiherr Franz von Raumer erst durch Erbpacht, später durch Kauf die Herrschaft, der sie dann an den Freiherrn von Buddenbrogk verkaufte. Nach diesem Besitzer ging Kaltwasser in die Hände des Kammerherrn von Prillwitz, des Baron von Koppy und 1873 auf den Rittergutsbesitzer Rudolph Schultz von Dratzig über. Letzterer hat umfassende Meliorationen erfolgreich durchgeführt und eine neue Dampf-Brennerei und Ziegelei erbaut. Duncker, Preußische Schlösser, Band 14 S. 825 |
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