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Queissen [1939]
Gemeinde, Kreis Lüben, 15 km, Post Raudten 2, 375 Einwohner, 126 Haushalte, Flurgröße 327, 31 ha, 6 Gemeinderäte, Bürgermeister Wilhelm Bobe, Fernsprecher Raudten 216, Landratsamt, Finanzamt, Versicherungsamt, Landkrankenkasse Lüben / Regierungsbezirk, Arbeitsgericht, Versorgungsamt Liegnitz / Arbeitsamt Liegnitz, Nebenstelle Lüben / Landgericht Glogau, Amtsgericht Steinau / Standesamt, Gendarmeriebezirk Raudten / Schulgemeinde Queissen / nächster Personen-, Güterbahnhof Raudten-Queissen / nächste Kraftposthaltestelle Raudten-Queissen-Bahnhof. Vorhanden: 1 Volksschule
Aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939
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Queissen [1927]
Dorf Kreis Steinau Regierungsbezirk Breslau 403 Einwohner Gemeindevorsteher Quella Postamt Eisenbahnstation Güterladestelle Raudten Amtsgericht Kreissparkasse Finanzamt Gewerbeamt Steinau Landgericht Glogau Elektrizitätswerk Liegnitz Zollamt Polkwitz katholische Kirche und Volksschule Fortbildungsschule
Bobe, Wilhelm, Möbelfabrikant, Am Bahnhof 43
Fellgiebel, Paul, Zementfabrikant
Fiebig, Bernhard, Schuhmachermeister
Fiebig, Paul, Möbelfabrikant
Kastner, Fritz, Müllermeister, Fernsprecher Raudten 37
Kastner & Co.
Krippahl, Richard, Fleischermeister
Madel, August, Landwirtschaftliche Produkte
Menzel, Artur, Bahnhofswirtschaft
Pauli, Agnes, Kolonialwaren
† Raudtener Möbelfabrik und Dampfsägewerk, Bobe und Fiebig
Riese, Paul, Gastwirt
Schwarz jr., Rudolf, Schlossermeister
Suppe, G., Nachfolger, Kohlenhandlung
Vater, Fritz, Kolonialwaren, Hauptbahnhof, Fernsprecher Raudten 50
Wachsmann, Linus, Kolonialwaren
Wolf, Margarete, Getreidehandlung
† = Firma ist handelsgerichtlich eingetragen
aus: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien für Industrie, Handel, Gewerbe, Verlag August Scherl, Breslau, 1927
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Queißen [1913]
Dorf: Kreis Amtsgericht Steinau 19,5 km; Post Eisenbahnstation Raudten (Bezirk Breslau) Bahnhof 1 km; Amtsbezirk Standesamtsbezirk Cammelwitz; evangelisches Kirchspiel Klein Gaffron; katholisches Kirchspiel Queißen; 325 Einwohner
Raudten Hauptbahnhof [1913]
[Queißen]: Kreis Steinau (Oder) 19 km; Post Raudten (Bezirk Breslau) Bahnhof; [146 Einwohner]
aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913
Queißen in einem Nachschlagewerk von 1845
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Katholische St. Ursula-Kirche zu Queißen (Oskar Hoffmann, 1943) |
Bilder
Im Hochsommer 1943 weilte ich das letzte Mal in Queißen. Als Urlauber verlebte ich dort mit meiner Familie herrliche, geruhsame Sommertage. Onkel Pauls [Fellgiebel] nimmermüde Hände - a woar Ziegelmacher und als Fabrikant im ganzen Land bekannt - waren bereits Anfang des Krieges nach schwerer Krankheit zur Ruhe gekommen. Nur Tante Ida [Fellgiebel] hatte von dem stillen Häusel gegenüber der Sandgrube, an der Straße nach Weißig, Besitz. Welche köstliche Ruhe lag damals noch wie immer über Queißen! Noch nicht einmal ein Fliegeralarm störte die Nachtruhe!
Die Erntearbeit war in vollem Gange. Still und verlassen lagen die Gehöfte in der grellen Sonne. An einem solchen Nachmittag betrat ich mit meinen Kindern aus der Hitze der sandigen Dorfwege die kleine katholische Kirche von Queißen. Ich kannte sie aus Kindertagen. Damals stand sie noch, kaum sichtbar unter riesigen Baumkronen. Kühle, Stille und Andacht umfingen uns. Wir schritten leise über das ausgetretene Ziegelpflaster zum Altar und den wenigen Bildwerken und verließen bald wieder das ehrwürdige Gotteshaus, in dem schon meine Mutter als evangelisches Schulmädchen mitgekniet und mitgesungen hatte, wie sie manchmal erzählte.
Und draußen entstand das Bild. Vorn links sieht man noch das strohgedeckte Häusel vom "Wolf-Schuster", in dem ich schon als kleiner Junge manchmal geweilt hatte. Den herben Geruch des Schusterstübels habe ich heute noch unvergessen in der Nase und sehe den vollbärtigen, lieben, alten "Wolf-Schuster" noch deutlich auf dem Schusterschemel vor mir.
Durch mahlenden Sand schreiten wir heimwärts, betreten über das immer plätschernde Wasser des Dorfbachs wieder Tante Idas Gartengrundstück und tragen letztmalig geschaute Bilder in uns.
Oskar Hoffmann, in LHB 21/1959
Blick aufs Dorf, Bahnhof Raudten, Paul Riese's Gasthaus. Mit einem herzlichen Dank für diese Abbildung an Tobias Kliem!
Raudten-Queißen: Bahnhof, C. Vater's Bäckerei, Beamtenhaus I, Skobel's Gasthaus zum Bahnhof
Über die Gründe für die Vermengung und Verwechslung der Ortsnamen Raudten und Queißen hier
Queissen: Skobels Gasthaus zum Bahnhof, Dorfstraße mit Wurstfabrik Richard Krippahl, Beamtenhaus, Bahnhof Raudten-Queissen. Mit einem herzlichen Dank an Ernst Krippahl!
Queissen: Blick aufs Dorf, Bahnhof Raudten-Queißen, Materialwarengeschäft Agnes Pauli
Queißen
Queißen liegt nördlich von Raudten, in einem hügeligen Gelände, am Raudtenschen Wasser. Es war ein typisches Angerdorf, wurde es doch um eine Grünfläche, die zwei Teiche einfaßt, angelegt. Weil das Dorf früher dem Bischof von Breslau gehörte, war kein Rittergut im Ort. Deshalb blieben wohl auch die meisten Bewohner dieses Dorfes in der Reformationszeit katholisch, während die Menschen in den Nachbarorten evangelisch geworden sind. Die Evangelischen besuchten die Kirche zu Klein Gaffron.
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Bereits 1289 wurde die Kirche St. Ursula erwähnt. Das Gotteshaus wurde 1870/71 gebaut. Eine Glocke der Kirche hängt heut in der katholischen Kirche in Glinde bei Hamburg. Durch das Kriegsende ist sie nicht mehr in den Schmelztiegel der Kriegsindustrie geraten und wurde auf einem Sammelplatz gefunden. Die zweite Glocke dieser Kirche wurde auf Bitten der Einwohner von Gwizdanow, wie der Ort heute heißt, ihnen "zurückgeschenkt". Nun läutet sie wieder an ihrem ursprünglichen Platz und mahnt die Christen jeglicher Nationalität zu friedlichem Miteinander.
Landwirte, Handwerker, Beamte, Angestellte und Arbeiter von Bahn, Post und der gewerblichen Wirtschaft bildeten den Großteil der 375 Einwohner zählenden Gemeinde. Nennenswerte Gewerbebetriebe waren die Zementwarenfabriken Fellgiebel/Sproth und Seupel am Bahnhof, die Wassermühle Kastner, der Kohlenhof, die Möbelfabrik mit Sägewerk und eine Apparatebaufabrik. Außerdem waren noch 14 Landwirtschaften im Ort.
Als 1869 die Eisenbahnstrecke Liegnitz-Raudten gebaut und der Bahnhof mit Drehscheibe und Lokomotivschuppen auf Queißener Gebiet errichtet wurde, erhielt er den Namen Raudten! [Dadurch kommen einige Ungereimtheiten auf den Ansichtskarten und meine eigene Unsicherheit bezüglich der Zuordnung zustande! Heidi] Nach mehreren Umbenennungen im Laufe der Zeit war er zuletzt als Raudten-Queißen bekannt. Im Jahre 1900 wurde die Kleinbahnstrecke Heerwegen (Polkwitz)-Raudten-Queißen in Betrieb genommen. Mit dem zweigleisigen Ausbau der Strecke Breslau-Glogau, in den Jahren 1910-1913, wurden die Bahnanlagen in Queißen bedeutend erweitert. So wurde Queißen zu einem bekannten Eisenbahnknotenpunkt.
Queißen gehörte bis 1932 zum Kreis Steinau/Oder. Aufgrund der preußischen Kreisreform kam die Gemeinde mit Wirkung vom 1. Oktober 1932 zum Kreis Lüben.
Heinz Boderke, Der Kreis Lüben, 1986 |
Madel's Villa, Beamtenhaus, Wasserturm
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Katholische St. Ursula-Kirche mit neuem Vorhallendach |
Wasserturm (Quelle: Luzie Günther, Der Altkreis Steinau) |
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