Als Lehrerinnen waren in dieser Schule angestellt: Meta Balthasar, Erna Böer, Margarete Leupold, Leontine Mayer, Meta Mayer, Therese von Pittonie,
Gertrud Reinisch, Martha Schauinsland, Dora Schoen, Johanna Schoen, Maria Schoen, Marie Scholz, Dora Schmidt-Goldmann, Ella Teicher, Else Zingel. Während des 1. Weltkrieges war die an der Volksschule angestellte Lehrerin für Handarbeit Frl. Käte Stahlbock (ab 1914) eingesetzt worden. Sie wurde von Dora Schoen abgelöst.
LHB 16/1959
Städtische Töchterschule im Evangelischen Gemeindehaus um 1900
Erinnerungen an meine Zeit in der Töchterschule
Wir können um Jahre zurückblättern und erinnern uns noch eines kleinen Kreises von Lehrkräften, die bemüht waren, das Niveau einer Höheren Lehranstalt zu halten.
Von der Zeit ausgehend, da die Schule in die Leitung von Fräulein Gertrud Harbers überging, wissen wir noch, daß die Schülerinnen nicht nur aus der Stadt Lüben waren, sondern aus dem gesamten Landkreis. Es waren da die Töchter der Rittergutsbesitzer, der größeren Bauern, der Handwerker. Welch lustiges Bild bot sich frühmorgens vor Schulbeginn. Da kamen die Schülerinnen vom Land mit dem Pferdegespann vorgefahren. Oftmals hatte sich unterwegs schon im Wagen eine lebhafte Auseinandersetzung angebahnt, wovon die kaputten Scheiben in der Wagentür Zeugnis gaben. Vom Bahnhof her sah man "sittsam" die Höheren Töchter mit der Schulmappe auf dem Rücken kommen, die entweder den Weg durch die Haynauer Straße nahmen, da der Weg an den beiden Schüleralumnaten vorbeiführte, oder sie wählten den Weg durch die Bahnhofstraße, um noch schnell am Gymnasium vorbeigehen zu können!
Im Hausflur stand manchmal Frau Winter, die durch das Klingelzeichen den Beginn der Stunde ankündigte. Es kam auch vor, daß Fräulein Harbers vom Balkon her die ankommende Schar beobachtete. Das Schulhaus war nicht sehr groß, die Klassenzimmer aber reichten aus. Vor jedem Klassenzimmer war ein Vorraum, in dem die Garderobe abgelegt werden konnte. Bei Klassenarbeiten konnte man bitten, "rausgehen" zu dürfen, wobei der in der Manteltasche versteckte Zettel gute Hilfe leistete. Nicht anders als heutzutage! So hatte diese Raumanordnung etwas Gutes für uns. Das Lehrerinnenzimmer war das Balkonzimmer: Es strömte immer etwas Respekt aus, denn wir wußten ja, daß dort drinnen auch manches Schicksal, manche Note entschieden wurde.
Die einzelnen Stunden waren durch eine kleine und in der Mitte des Vormittages durch eine große Pause getrennt. Der Schulbetrieb war trotz Kriegsausbruch (1914) nicht unterbrochen worden, da an dieser Schule weibliche Lehrkräfte wirkten. Uns Kindern wurden die Kriegereignisse nahegebracht, und sofern ein Sieg von der Front gemeldet wurde, bekamen wir schulfrei. Eine schöne Einrichtung war es auch, wenn es hitzefrei gab. Der Schulbetrieb lag in der Hauptsache in den Vormittagsstunden, nur Handarbeit war für verschiedene Klassen am Nachmittag.
Man sollte nicht glauben, daß die Schülerinnen einer Höheren Töchterschule nur sittsam gewesen seien. Sie hatten genau so viele verrückte Einfälle, um den Unterricht zu stören - weniger, um die Lehrkraft zu ärgern. Wer denkt noch daran, daß eine halbe Klasse "rausging", daß Zettelchen kursierten, daß Papierfetzen in der Klasse herumgeworfen wurden, die dann während der Stunde aufgehoben werden mußten, daß Tintenfässer plötzlich ohne Tinte waren und auf dem Katheder die nötigsten Sachen verschwunden waren, irgendeine wichtige Landkarte nicht auffindbar war, die Kreide alle war, die Badeanzüge zum Fenster hinausgehängt wurden - und selbst daß einmal ein Leierkasten vor den Fenstern auf der Schulpromenade die schönsten Walzer spielte, die eine ganze Klasse einfach zum Tanz während der Stunde im Klassenzimmer aufforderten; welche Mühe für die Lehrerin, die Klasse zum Aufhören zu bewegen und den "bezahlten" Leierkastenmann fortzuschicken! Und dass eines Tages in einer Mädchenklasse (!) eine Stinkbombe platzte, das war wohl das Tollste, was in einer "Höheren Mädchenschule" passieren konnte!
Gesang, den unser Kantor Kornetzky leitete, wurde viele Jahre im Saal, der im Hof lag, gegeben. Es war hier ein Jahr wie das andere, wir sangen Volkslieder je nach Jahreszeit. Seine Geige begleitete uns. Unser Schulhof war von Gebäuden eingezäunt und doch konnten wir - es war fast wie eine Belohnung - manche Pause auf der dahinterliegenden Wiese verbringen. Getollt wurde wie auf jedem Schulhof, und auch manche Schülerin stand noch irgendwo in einer Ecke mit dem Schulbuch, um für die kommende Stunde etwas aufzufrischen. Nach dem 1. Weltkrieg änderte sich einiges dadurch, dass wir durch junge Lehrkräfte einen etwas lockereren Unterricht bekamen. Ich glaube sicher, daß es im Lehrerinnenzimmer eine Art Aufruhr gab, als bekannt wurde, daß Fräulein Zingel ihre Klasse nicht mehr nur in den Bänken sitzen ließ, sondern auch mal auf den Bänken, und sie selbst mitten unter ihren Schülerinnen Platz nahm. Wir fanden diese Methode schön und bekamen zu der neuen jungen Lehrkraft einen engeren Kontakt. Die Klassenausflüge, teils kurze, teils Tageswanderungen, waren immer ein besonderes Erlebnis und gehörten zu den schönen Dingen. Als auch an dieser Schule das Zeichnen im Freien in Mode kam, war die Freude groß. Wir saßen dann in der Wasser- oder in der Schulpromenade und zeichneten die alten Häuser Lübens, unweit von uns saß aber meist auch eine Klasse des Gymnasiums! Es "soll" sogar vorgekommen sein, daß der hilfsbereite Zeichenlehrer des Gymnasiums, Oberlehrer Halfpaap, uns Mädchen "einige Striche" half! Die Höheren Töchter von Lüben suchten gern die enge Nachbarschaft mit den Insassen des Gymnasiums!
Erika Hoffmann-Rehmie in LHB 17/18/1959
Bilder der Lehrerinnen und Schülerinnen:
Jg. 1903-1906 -
Jg. 1904-1908 -
Jg. 1909-1912 -
Jg. 1915 -
Jg. 1921
Sogenanntes Mädchenschulhaus. Klose nennt es "das zweite städtische Schulhaus". Schon bald wurden darin auch Jungen aufgenommen. Es war also mehr eine allgemeine Volksschule als eine Mädchen- oder gar Höhere Töchterschule.