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Hummel [1939]
Ortsteil, Gemeinde Gläsersdorf, Kreis Lüben, Post Lüben-Land / 181 Einwohner, 41 Haushalte, nächster Personen-, Güterbahnhof Nieder Gläsersdorf 6 km / nächste Kraftposthaltestelle Nieder Gläsersdorf 4 km
Johannhof - bis 1913 Johannenhof genannt [1939]
Gut, Gemeinde Gläsersdorf, Kreis Lüben, Post Lüben-Land, 40 Einwohner, 9 Haushalte, nächster Personen-, Güterbahnhof Nieder Gläsersdorf, (Kleinbahn) 4 km / nächste Kraftposthaltestelle Gläsersdorf 4 km
Aus: Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939
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Hummel [1927]
Dorf Kreis Lüben Regierungsbezirk Liegnitz 172 Einwohner Gemeindevorsteher Sturm Postamt Eisenbahnstation Güterladestelle Nieder Gläsersdorf Entfernung 5 km Amtsgericht Lüben Landgericht Elektrizitätswerk Liegnitz (Licht 220 Volt) evangelische Kirche und Volksschule
Joachim, Wilhelm, Schuhmacher
Walde, Gustav, Maschinenhandlung
aus: Amtliches Landes-Adressbuch der Provinz Niederschlesien für Industrie, Handel, Gewerbe, Verlag August Scherl, Breslau, 1927
Hummel [1913]
Dorf + Rittergut (mit Forsthaus I, Forsthaus II, Ziegelei): Kreis Amtsgericht Lüben 16 km; Post Amtsbezirk Gläsersdorf (Bezirk Liegnitz) 4 km; Eisenbahnstation Kotzenau 8 km; Standesamtsbezirk Nieder und Mittel Gläsersdorf; evangelisches Kirchspiel Hummel; katholisches Kirchspiel Herbersdorf; 134 + 55 Einwohner
Johannenhof [1913]
Vorwerk [Hummel]: Kreis Lüben 16 km; Post Gläsersdorf (Bezirk Liegnitz) 4 km; Eisenbahnstation Kotzenau 8 km; [16 Einwohner]
Radeck [1913]
Vorwerk [Hummel]: Kreis Lüben 16 km; Post Gläsersdorf (Bezirk Liegnitz) 3 km; Eisenbahnstation Kotzenau 9 km; [23 Einwohner]
aus: Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Ortschaften der Provinz Schlesien, Verlag Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1913
Hummel in Nachschlagewerken von 1789 und 1845
Gruß aus dem Gasthof Hummel aus dem Jahr 1898 |
Die Grenzkirche zu Hummel
von Pastor Rudolf Irmler
Zu den Besonderheiten der schlesischen Kirchengeschichte gehören neben den Gnaden- und Friedenskirchen die sogenannten Grenzkirchen, von denen es 24 an der Zahl gab. Nach dem Friedensschluß von 1648 sicherte man den Fürstentümern Liegnitz, Brieg, Wohlau und Öls Religionsfreiheit zu, während außerhalb dieser Grenzen die Religionskämpfe noch weitergingen und evangelischer Gottesdienst verboten wurde. So baute man an der Grenze dieser Herzogtümer Kirchen, die natürlich von den Evangelischen "jenseits der Grenzen" außerordentlich stark besucht wurden. Das bewiesen die in den Kirchenbüchern registrierten hohen Zahlen von Kirchenbesuchern, Taufen und Abendmahlsgästen.
In meiner Superintendentur Lüben, die ich neben Steinau noch 1946 und 1947 verwaltete, hatte ich zwei solcher Grenzkirchen: Kriegheide und Hummel.
Die erstere ist durch den berühmten Palmbaum bekannt, den man aus Holz geschnitzt in der Mitte der Kirche errichtete und der mit seinen Blättern das Schalloch nach dem Kirchenboden verdeckte. Denn dort saß bei Überfüllung der Kirche die "obere Gemeinde", die hier der Predigt lauschte.
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In besonderer Weise bin ich aber mit der kleinen Grenzkirche in Hummel verbunden, da ich in ihr Invocavit 1930 meine erste Predigt vor einer Gemeinde und außerdem Ostern 1947 dort den letzten evangelischen Gottesdienst hielt.
Das kleine Dorf Hummel lag genau an der Grenze des evangelischen Fürstentums Liegnitz. Ober-Gläsersdorf dagegen, in unmittelbarer Nähe, schon im Fürstentum Glogau. Die Grenze bildete der sogenannte Fürstentumsgraben, der mir noch in guter Erinnerung ist. Glogau aber war wie Sagan, Schweidnitz und Jauer dem Kaiser unterstellt. Er konnte die Religion bestimmen.
Eine besondere Gnade widerfuhr den Evangelischen, daß in diesen kaiserlichen Gebieten die drei Friedenskirchen in Glogau, Jauer und Schweidnitz gebaut wurden. Doch das bedeutete viel zu wenig für die Bevölkerung, die ja auch in diesen Teilen fast ganz evangelisch war.
Am 16. Dezember 1652 erließ Kaiser Ferdinand II. sein Edikt, das bestimmte, die evangelischen Geistlichen sollten aus den Erbfürstentümern vertrieben werden. Es wurden in jener Zeit auch die Kirchen in Polkwitz, Perchau, Weißig und Gerbersdorf, also in unmittelarer Nähe von Hummel, weggenommen. So suchte man die Zuflucht in den Grenzkirchen des evangelisch gebliebenen Teiles Schlesiens. | |
Die Gründung der Grenzkirche in Hummel geht auf den Besitzer der Güter Hummel, Nieder-Gläsersdorf, Fellendorf bei Liegnitz und Schönau bei Guhrau, Hans Ernst von Hacke, zurück. Von Herzog Ludwig V. von Liegnitz erbat er sich die Erlaubnis, an der Grenze des Glogauer Fürstentums auf seine Kosten eine Kirche zu errichten. Am 13. März 1656 wurde ihm diese Erlaubnis in Form eines Gnadenbriefes gegeben - mit dem Bemerken "daß er von dem Seinigen die Kirche gehörigermaßen dotieren und mit auskommentlichen reditibus versorge". Danach folgten die Dotationsanweisungen, was "der Herr Pfarrer und Schulmeister an Gehalt und Naturalien bekommen sollen". Das meiste waren Naturalien, die erst in späterer Zeit abgelöst wurden. |
Die kleine Kirche bestand zunächst aus Holz. Erst am 6. Juni 1659 konnte sie eingeweiht werden, nach einer verhältnismäßig langen Bauzeit. Man ersetzte erst 200 Jahre später die Holzteile durch Ziegelfachwerk, so daß man bis heute die Entstehung der Kirche aus einem scheunenähnlichen Bau erkennen konnte. Der Glockenturm fehlte. Dafür lag um das Kirchlein aber von Anfang an ein Friedhof. Allmählich wurde die Kirche zu klein. Denn es hielten sich auch aus Heinzendorf, Polkwitz, Neuguth und Herbersdorf die evangelischen Gemeindeglieder zur Gemeinde Hummel. Polkwitzer Bürger bewirkten den Anbau, so daß nun die Kirche einen weiten Innenraum aufwies. |
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Das Innere der Kirche hat wohl kaum im Laufe der Zeit sein Bild verändert. Decke und Empore wurden von Holzsäulen getragen. Barockartige Flachornamente als Malerei waren zeitweilig mit Kalk übertüncht. Die Kirche hatte eine ebenfalls barocke Kanzel mit Rokokoaufbau. Der alte wertvolle Flügelaltar hing später in der Sakristei und ist dann unter Pastor Kanus wieder an seinen ursprünglichen Ort in die Kirche gekommen. Zwei große Gemälde zierten die Emporen: Auf dem einen wird der erste Pastor der Gemeinde dargestellt, wie er unterwegs auf der Flucht mit Weib und Kind die Hände zum Gebet erhebt. Das zweite zeigt den ersten Kirchenpatron mit seinen fünf Frauen und den Kindern. (s. auch Informationen über die Kirche in den Berichten der Provinzial-Konservatoren zwischen 1896 und 1934. H. T.) In der Sakristei stand bis in unsere Zeit ein mächtiger Beichtstuhl - ein Beweis dafür, daß die Privatbeichte auch im evangelisch-lutherischen Raum geübt wurde.
Nun noch etwas über die Geistlichen dieser Kirche. Ihr erster hieß Adam Koch, einst Feldprediger bei der schwedischen Armee in dem Kriege gegen Polen (1655-1660), am 6. 7.- 1659 eingeführt, also an dem Tage, da man das ganze Gotteshaus auch weihte. Der vierte Sonntag nach Trinitatis wurde so bis zuletzt als Kirchweihtag festlich begangen. Schon 1674 starb der Pfarrer.
Humorvoll hieß es auf seinem Stein-Epitaph am Eingang der Kirche:
"Ruht wol, Ihr Gottes Koch, Ihr habt Recht wol gekocht
Vor Gottes Hauss und Tisch, durchs Wort und Sakrament
Die Ehr gelehrt, geehrt biß an des Lebens End,
Ihr habt in Hummel Euch den Himmel Recht gesuchet."
Auf dem Grabstein seiner Frau Anna Koch geb. Opitz war zu lesen:
"Schaut diesen schlechten Stein
Ein Demanth soll er sein
Denn das, was er beschwert
Ist weit ein mehres wert
Hier liegt die Frömmigkeit
Und harrt auf Ewigkeit." |
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Von 1675 bis 1702 predigte Tobias Beringer in der Grenzkirche, in Liegnitz geboren, vielen Verfolgungen ausgesetzt, Konrektor in Landsberg (Warthe), 12 Jahre in Ungarn und dann 26 Jahre in Hummel Geistlicher.
Johann Bennewitz, 1702 bis 1724. Seine Frau wurde von der ganzen Gemeinde besonders geliebt und war des öfteren bei den Gemeindegliedern als Patin geladen, und zwar meist bei den ärmsten.
Gottlieb Conrad, 1725 bis 1731, stammte aus Freystadt. Sein Verdienst war der Bau eines frei im Friedhof stehenden hölzernen Glockenturmes mit nur einer gestifteten Glocke, die - in Liegnitz gegossen - zum Weihnachtstag 1726 zum erstenmal läutete.
Wolfgang von Hensel, 1731 bis 1737, in Goldberg geboren, wurde von dem damaligen Patron, dem Grafen Sigismund von Nostiz, zum Pfarrer von Hummel berufen. Mit 29 Jahren traf ihn ein Schlaganfall. Nach ihm kam schon die preußische Ära, in der nur fünf Jahre Johann Friedrich Fülleborn die Pfarrstelle innehatte. König Friedrich II. kam an die Regierung. Und 1740 rückte der preußische König mit seinen Soldaten in Schlesien ein - als Freund und Beschützer der Evangelischen. Die schwerste Zeit schien überstanden zu sein. In den Kirchenbüchern zu Hummel befanden sich leider keine Hinweise auf jenes freudige Ereignis. Mag sein, daß die Kriegseinwirkungen es überschatteten.
Längere Zeit, nämlich von 1743 bis 1765, verwaltete Elias Ermisch die Gemeinde Hummel, Sohn eines Schmiedes. Er schaffte eine neue Orgel an und erlebte auch die längst notwendige Teilung der großen Gemeinde. Durch die neue konfessionelle erleichterte Situation war dies möglich. So wurde die seit 1642 im 30jährigen Krieg zerstörte Heinzenburg am 3. Advent 1751 als neues Gotteshaus der Evangelischen feierlich seiner Bestimmung übergeben.
Die Einwohner von Heinzenburg hatten sich aber so sehr an die Hummeler Grenzkirche gewöhnt, daß sie zunächst nur widerwillig in die Burg zum Gottesdienst gingen.
Auf dem Grabstein von Ermisch stand zu lesen : "Von Hummel in den Himmel."
Die beiden Geistlichen Samuel Gottlieb Rupprecht, 1765 bis 1774, und Samuel Gottfried Nitschke, I774 bis 1792, haben nur relativ kurze Jahre an der Grenzkirche zu Hummel amtiert. Längere Zeit schon Karl Siegismund Warmuth (bis 1837). Letzterer erlebte während des Gottesdienstes 1813 den Durchzug der mit Preußen verbündeten Russen, die auf der Heerstraße Glogau - Haynau heranmarschierten und an der Grenzkirche am Sonntagvormittag vorüberzogen. Er hielt in der Predigt inne und fuhr erst fort, als die letzten Russen an dem Gotteshaus vorbeimarschiert waren. So berichtet der Chronist.
Über 50 Jahre wirkte dann Pfarrer Kurt Gustav Emil Schiller in der Gemeinde Hummel (1838-1891). Ein mit reichen Begabungen gesegneter Mann. Bittere Not hat er mit seiner großen Familie in finanzieller Hinsicht durchstehen müssen. In seiner langen Amtszeit nahm er niemals Urlaub. "Mein Badeort ist der Holzstall, dort erhole ich mich am besten", soll er geäußert haben. Schillers Verhältnis zum Kirchenpatron war leider kein gutes. Der Chronist klagt bitter über Rittergutsbesitzer Hoffmann und gibt ihm allein die Schuld. Das Konsistorium in Breslau übergab dem Hummeler Pfarrer die Superintendentur und die Kreisschulinspektion der Diözese Lüben I (also des restlichen Teiles vom Kreise Lüben). Beim 50jährigen Amtsjubiläum 1888 wurde er von Kaiser Wilhelm II. mit dem Kronenorden 3. Klasse ausgezeichnet für seinen treuen gewissenhaften Dienst. Das Lübener Stadtblatt Nr. 119 vom 9. 10. 1888 schrieb ausführlich von dem Festtag, an dem die ganze Gemeinde und alle bedeutenden Persönlichkeiten des Kreises Lüben teilnahmen.
Am 1. 10. 1891 übernahm Pastor Richard Kanus das Pfarramt. In seiner Zeit lag eine gründliche Renovierung der Kirche, die er mit großer Liebe zum Gotteshaus und mit viel Gewissenhaftigkeit durchführte. Ich erinnere mich noch der Stunde, in der er mich durch das Gotteshaus führte und mir alle Einzelheiten erklärte. 1909 feierte er mit der Gemeinde das 250. Kirchenjubiläum. Richard Kanus stammte aus Pitschen (Oberschlesien). Aus einfachen Verhältnissen - er erlernte zuvor das Bäckerhandwerk - hat er sich bis zum Abitur und zum Studium emporgearbeitet, was ich seinerzeit als Schüler mit großer Hochachtung bewunderte. Im übrigen war er ein Original, was auch sein Amt als Kreisschulinspektor anbelangte. So erschien er unangemeldet um 7 oder 8 Uhr zu Beginn der Schulstunde mit Pferd und Wagen vor dem Schulhaus zur Inspektion. Mir war er ein lieber Freund, dem ich manche Hilfe verdanke. Am 10. 3. 1940 starb Kanus als Emeritus in Glogau, wo ich ihn kurz vorher noch besuchte. Die Gemeinde Gläsersdorf-Hummel ist nach dem Weggang von Pastor Kanus von Heinzenburg mit verwaltet worden.
Am 30.8.1919 schrieb Pastor Richard Kanus an die
Pfeifenfabrik von
Herrn Otto Henze
Hannoversch Münden:
"Auf Empfehlung des Herrn Pastor Baltzer in Kriegheide bitte ich mir zu senden:
1) eine halblange Pfeife aus weiß poliertem Ahorn Nr. 101,
2) Zwei kurze Pfeifen Bruyèreholz mit Herzformspitze, geb. Fasson Nr. 167,
3) Eine kurze Pfeife mit Porzellankopf und Abguß, Weichselrohr, die Auswahl überlasse ich Ihnen aus den Nummern 601-609.
Hummel Post Glaesersdorf Bezirk Liegnitz
den 30. August 1919
Kanus
Pastor und Kreisschulinspektor"
Das Interessante an solchen Funden ist, dass Menschen aus längst vergangenen Zeiten plötzlich mit ihren Besondernheiten lebendig werden. Pastor Baltzer war also ein leidenschaftlicher Pfeifenraucher! Und noch heute findet man die Kataloge der Pfeifenfabrik Henze und darin alle von Pastor Baltzer bestellten Tabakpfeifen!
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Wie durch ein Wunder blieb die Grenzkirche nach 1945 erhalten, obwohl die Gemeinde zum größten Teil flüchten mußte. Auch die Orgel spielte noch - eine besondere Seltenheit in dieser Zeit. Mehrmals predigte ich 1946 und 1947 noch dort. Das letzte Mal fanden sich nur noch einige Familien ein. Inzwischen war der Ort von Polen bewohnt. Die Grenzkirche wurde der polnischen katholischen Gemeinde übergeben. Trotzdem hielt ich noch in der Osterzeit 1947 den Abschiedsgottesdienst und die Feier des heiligen Abendmahles in der mir so ans Herz gewachsenen Kirche mit ihrer langen und bewegten Geschichte. Ich hatte dabei der kleinen Gemeinde in dem altehrwürdigen Raum etwas von den wunderbaren Fügungen gesagt, die Gott mit seiner Kirche geht.
Pfarrer Rudolf Irmler, LHB 4,6/1972 |
Unsere Kirche ... Hoffentlich habt Ihr das neue Jahr gesund angetreten, auf bessere Zeiten ist ja wohl vorläufig nicht zu hoffen. Viele herzliche Grüsse Eure Cläre |
Zu den Personalkarten der Lehrer von Hummel
auf der Website der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung
des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung
Das Copyright der Bilder liegt bei BBF/DIPF-Archivdatenbank. |
Alfred Herzog |
Fritz Krzysack |
Reinhard Roder |
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