Michael "Unterwegs zu meinen Vorfahren - Teil 3"
Unterwegs zu meinen Vorfahren - Teil 4














3. Ankunft und Schicksal in Amerika

Die Todesanzeige vom Dez. 1905 erwähnte, dass August Biessel vor 33 Jahren in Saginaw, Michigan, angekommen sei. Das könnte bedeuten, dass er um 1872 oder vielleicht kurz zuvor in die USA eingereist wäre. Diese Überlegung führte zur Suche in der "New York Passenger List 1820-1957" bei Ancestry. Eine Exakt-Suche nach dem Nachnamen "Biessel" blieb erfolglos, aber bei einer erweiterten Soundex-Suche d.h. nach allen ähnlich klingenden Namen, erschien eine Seite von besonderem Interesse. Hier der Auszug:

Hier wurde verzeichnet, dass ein August "Biesel", 33 Jahre alt, von "Prussia", also Preußen, eingewandert war. Von dem Beruf ("Occupation") ist durch einen Riß in der Urkunde nur das "Fa--" lesbar, jedoch durch Vergleich mit ähnlich geschriebenen Einträgen derselben Spalte, kann man dieses Wort für "Farmer" (Bauer) halten. Als Einreiseziel wurde New York angegeben, und dieser August "Biesel" reiste in der "Steerage" Klasse d.h. im Unterdeck, die billigste Möglichkeit einer Überseereise. Eine Überraschung war die Entdeckung des Namens "Heinrich Biesel". Da dieser Name auf der darauffolgenden Zeile eingetragen wurde, ist dies ein Hinweis darauf, dass er nicht nur mit August gleichzeitig ausgereist, sondern sehr wahrscheinlich auch mit ihm eng verwandt war. Bei solchen Passagierlisten muss man sich auch immer die erste Seite anschauen, denn darauf befinden sich Informationen, die sich auf alle Reisenden beziehen. Hier dieser Auszug:

Das Schiff war die "Thorwaldsen" unter Kommando des Kapitäns P. Barandon. Von Stettin ausgelaufen, hatte das Schiff in Copenhagen und [Le] Havre angelegt, und nach Überquerung des Atlantiks war es am 1. Nov. 1872 im Hafen von New York City angekommen. Aus dem Ankunftsdatum und den Altersangaben lassen sich die Geburtsjahre für den August "Biesel" als 1838 oder 1839, bzw. für den Heinrich "Biesel" als 1846 oder 1847 errechnen. Ein Geburtsjahr von 1839 würde natürlich genau mit dem vom August Biessel übereinstimmen, und man würde dann "Biesel" als Schreibfehler betrachten. Aber ohne weitere übereinstimmende Datenpunkte zu finden, bliebe diese Schlußfolgerung unsicher. Glücklicherweise hatte mich Herr Biessel inzwischen mit seiner Cousine Karin in Verbindung gesetzt. Als Leiterin an der Universität Michigan zu Ann Arbor angestellt, machte sie mich auf zwei Grabsteine aufmerksam, die sich in unterschiedlichen Friedhöfen in der Stadt Saginaw befinden. Aus Familienüberlieferungen wusste sie, dass es sich bei den Beerdigten um Biessel-Einwanderer handelte, von denen sie sowie Herr Biessel abstammten. Nachstehend ein Foto eines dieser Grabsteine, dank der Organization Find-a-Grave.

Die Inschrift auf dem Grabstein des August Biessel stimmt mit den schon bekannten Geburts- bzw. Sterbejahren überein. Die sehr verwitterte und deshalb kaum lesbare Inschrift auf dem Grabstein des Heinrich Biessel habe ich durch roten Text verdeutlicht.

Sie gibt als Geburtsdatum den 14. Mai 1847 an, und ein Sterbedatum, das man vielleicht als den 11. Juni 1877 lesen könnte. Berechnet man anhand dieses Geburtsdatums nun das Alter des Heinrich bei der Einreise am 1. Nov. 1872, so stimmt es mit dem angegebenem Alter von 25 auf der oben gezeigten Passagierliste genau überein.

Dies führt zur Schlußfolgerung, dass es sich bei den zwei "Biesel" geschriebenen Einwanderern nicht um zwei gänzlich andere Personen handelte, sondern um einen Schreibfehler in der Passagierliste, es waren August und Heinrich Biessel!

Die Sterbedaten für den Bundesstaat Michigan reichen bei Ancestry bis 1867 zurück, jedoch für die frühen Jahre im Format eines Sterberegisters, nicht als Totenscheine. Hier befindet sich der Eintrag für Heinrich Biessel, der Vorname nun verenglischt als "Henry", und der Nachname dem Gehör nach als "Beizel" geschrieben. Im Alter von 30 Jahren, also fünf Jahre nach der Einreise in Amerika und als Fleischer in Saginaw tätig, nahm sich der jüngere Einwanderer das Leben, nach Familienerzählungen durch Erhängen in der Scheune.