Riesengebirgsverein Ortsgruppe Lüben
Wandervogel-Gruppe unter Leitung von Dr. Martin Treblin














Wenn Sie auf der Startseite dieser Website in das Google-Suchfeld den Begriff "Riesengebirgsverein" eingeben, werden Ihnen viele Seiten genannt, auf denen der Verein eine Rolle spielt. Oft sind es nur kleine Informationen, deren Wiedergabe hier nicht lohnt. Zusammengenommen ergeben sie jedoch einen kleinen Eindruck von der Gründung der Lübener Ortsgruppe des Vereins, seinen Mitgliedern, Zielen und Aktivitäten.

Einige Informationen über die Lübener Ortsgruppe sind der Vereinszeitschrift Der Wanderer im Riesengebirge (1881-1943) zu entnehmen. Die Gruppe wurde am 24.10.1885, fünf Jahre nach der Gründung des Hauptvereins in Hirschberg, gegründet. Zu den Gründungsvätern in Lüben gehörten: Rechtsanwalt Fritz Floris, Maurermeister Zschau, Amtsrichter Conrad Thümmel, Provisor Kayser, Kaufmann Paul Uhlich, Kaufmann Hermann Schäfer, Kaufmann Adolf Eckhardt, später Buchdrucker Paul Kühn, Lehrer und Turnvater Gustav Wolf, Sanitätsrat Dr. Oswald Baer, Bürgermeister Hugo Feige, Dr. med. Gerhard Anders, Lehrer Oskar Hinke, Studienrat Paul Fiedler:

Der Wanderer im Riesengebirge 4/1886 S. 14


Einladung des Riesengebirgsvereins 1892

Eine frühe Erwähnung der RGV-OG Lüben findet sich in der Anzeige im Lübener Stadtblatt vom 4.6.1892, das Bernd M. freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Darin lädt der Verein zu einer Eisenbahnfahrt nach Vorderheide zur Einweihung der Schutzhütte ein, die unter der Bezeichnung "Olgahütte" auf alten Ansichtskarten abgebildet ist.

Todesanzeige des RGV für Dr. Oswald Baer 1937

Seit Anfang der 1920er Jahre plante der Verein die Herausgabe eines Führers durch die Lübener Landschaft mit Aufsätzen des damaligen Vorsitzenden Dr. med. Gerhard Anders und des Schriftführers Oskar Hinke. Über die Gründe der Verzögerung berichtet Oskar Hinke 1924 in der RGV-Zeitschrift "Der Wanderer" (siehe unten). Das Büchlein erschien erst 1931, drei Jahre nach Oskar Hinkes Tod.

Viele Lübener Geschäftsleute unterstützten die Finanzierung des Büchleins durch Geschäftsanzeigen. In mehreren Inseraten wird die Mitgliedschaft im Verein ausdrücklich hervorgehoben, so von Fritz Geisler, Richard Gründer, Erich Kurzke, Reinhold Liebich, Richard Schirner, Emil Spittler, Max Stasinowsky, Max Urban. Das Vereinslokal der RGV-Ortsgruppe Lüben war Uhlichs Weinstube. Studienrat Paul Fiedler, Lehrer am Lübener Gymnasium und 1. Vorsitzender der Ortsgruppe des RGV, schrieb die Worte zum Geleit:


Werte Leser! Wenn wir dies Büchlein lesen, das von der Geschichte, den Naturschönheiten und Sehenswürdigkeiten der engeren Heimat erzählt, dann sind wir uns zunächst gewiß einig in dankbarer Erinnerung an den Freund unserer Heimat, der die Hauptarbeit an diesem Büchlein geleistet hat: leider zu früh von uns geschieden, hat Konrektor Oskar Hinke die Herausgabe nicht mehr erleben können. Der Dank für sein unermüdliches Schaffen ist ihm gewiß. Doch auch dem andern Mitarbeiter, Dr. med. Gerhard Anders, sei an dieser Stelle der Dank der Ortsgruppe für seine Bemühungen ausgesprochen.

Dies Büchlein soll und will aber noch mehr erreichen. Es will hinweisen auf die großen Ziele, die der RGV sich gesteckt hat und die er nur durch tatkräftige Unterstützung aller Kreise durchführen kann. Daher wendet sich die hiesige Ortsgruppe an alle Natur- und Wanderfreunde mit der Bitte, dem RGV als Mitglied beizutreten.

Der Hauptverein des RGV, der zur Zeit 94 Ortsgruppen mit rund 13.000 Mitgliedern zählt, hat in unermüdlicher, jahrzehntelanger Arbeit die Wege zu den bevorzugten Aussichtspunkten und den Gebirgsbauden geschaffen. Er erhält diese Wege, sorgt für ihre ausreichende Markierung im Sommer und Winter, schützt die Tier- und Pflanzen-welt. Er unterhält in Hirschberg ein Heimat-Museum mit reichen naturwissenschaftlichen und kunstgewerblichen Sammlungen. Mit dem Museum ist eine reichhaltige Bücherei verbunden, die jedem zur Verfügung steht. Im Jahre 1930 wurden für das Museum und die Bücherei 3200 Mark ausgegeben, weitere namhafte Beträge wurden zur Förderung der heimischen Kunst und des Kunstgewerbes verwandt.

Eine weitere Aufgabe stellt sich der Verein durch Beihilfen zu Schülerreisen. In zahlreichen Herbergen finden Knaben und Mädchen ohne Unterschied des Standes auf froher Wanderung eine trauliche Heimstätte, wo sie der RGV als hilfsbereiter Freund mit Rat und Tat unterstützt.

Auch für seine Mitglieder sorgt der RGV durch Vergünstigungen im Gebirge. Er ist ein treuer Hüter des Deutschtums in unsern Bergen. In Verbindung mit anderen Vereinen ist der RGV bemüht, Verkehrserleichterungen und Verkehrs-verbesserungen herbeizuführen, sowie die Schwierigkeiten im Grenzverkehr zu mildern. Er erstrebt in gemeinsamer Arbeit mit diesen Verbänden die Einführung einheitlicher Wegekarten und Wegemarkierungen.

Neben diesen und anderen gemeinnützigen Zielen des Hauptvereins pflegen die Ortsgruppen auch die Geselligkeit, indem sie ihre Mitglieder zu bequemen Ausflügen und weiteren Wanderfahrten froh vereinen. Vornehmlich im Winter bietet der RGV seinen Mitgliedern wissenschaftliche Vorträge, meist mit Lichtbildern.

Die mit reichem Bilderschmuck ausgestattete Zeitschrift Der Wanderer im Riesengebirge, welche monatlich jedem Mitgliede kostenlos zugeht, bietet durch ihren reichhaltigen und wertvollen Inhalt viele Anregungen. Der "Wanderer" zählt zu seinen ständigen Mitarbeitern hervorragende Schriftsteller, Gelehrte und Künstler der engeren und weiteren Heimat.

Außerdem genießen die Mitglieder - gegen Vorzeigung der Mitgliedskarte - noch folgende Vergünstigungen:
Nachtquartier: In den Gaststätten des Riesen- und Isergebirges, einschließlich der Bauden auf deutscher Seite, sowie in Kammerswaldau/Krs. Schönau, 10 Prozent Nachlaß außerhalb der Hauptsaison, der großen Ferien, sowie außer Weihnachten und Neujahr.
Kurtaxe: In Schreiberhau und Schwarzbach im Isergebirge 10 Prozent Nachlaß für obige Zeit.
Wintersportbahn Spindlerbaude-Hain: Unentgeltliche Benutzung.
RGV-Museum in Hirschberg: An Sonntagen freier Eintritt für die Zeit von 11 bis 12.30 Uhr.
Auf böhmischer Seite: Ermäßigter Eintrittspreis von 80 Pfg. in die Felsenstadt von Adersbach und die gleiche Vergünstigung bei Besuch von 6 Personen in die Felsenstadt von Weckelsdorf.

Das alles sind Vorteile, die jedermann gerne annimmt. Aber wichtiger sind gewiß die oben erwähnten Ziele und Aufgaben des Vereins. Daher sollte jeder Heimatfreund den RGV unterstützen, denn dieser ist ein Kulturträger und Beschützer deutschen Volkstums im schlesischen Gebirge.

Darum, liebe Leser: Werdet Mitglieder des RGV!
Lüben, im April 1931, Fiedler, Studienrat, 1. Vorsitzender der Ortsgruppe Lüben


Das Digitale Forum Ost- und Mitteleuropas hat in dankenswerter Weise alle Ausgaben der RGV-Zeitschrift "Der Wanderer
im Riesengebirge" von 1881 bis 1943 digitalisiert. Eine Durchsicht brachte auch eine ganze Reihe von Artikeln der Lübener Ortsgruppe zum Vorschein, die ich im Folgenden wiedergebe:


Jeder Schlesier kennt die mundartliche Redewendung suste nischt ock heem, aber kaum einer wird wissen, dass sie aus einem Gedicht stammt, das ein Kantor Baum Pfingsten 1899 (nicht 1945!) zum XIX. Vereinstag des Riesengebirgsvereins in Schönau a. Katzbach gedichtet, komponiert und vorgetragen hat! Ich fand es in Zusammenhang mit Recherchen zum Lübener Riesengebirgsverein.


Heem will ich, suste nischt ock heem!
Ach glebt mer'sch, uf der ganzen Erde,
Do gibt's kee Land, so wie's Schläsing is.
Die Barge, Wiesen, sulche Thäler,
Ihr find't se nernte, doos is ganz gewiß.
Und wenn mer'sch ei der Fremde war weiß wie gutt och gieht,
S' is eegen, wie's een immer so noach Derheeme zieht.
Ehb ich nu wache, oder eb ich treeme;
Heem will ich, suste nischt ock heem,
Heem will ich, suste nischt ock heem.

Heem will ich, suste nischt ock heem!
Die Madel sust eim deutschen Lande,
Schmuck sein se oh, ich wills bestreiten nich;
Ock wie mei Lisel, do gibt's keene,
Die bleibt mei Een, mei Olles sicherlich.
Ach, ollerliebste Lise, Du eenzig guder Schotz,
Wie hätt ich a su gerne, vo Dir an ticht'gen Schmotz.
Oa Dich gedenk ich, wach ich oder treeme:
Heem will ich, suste nischt ock heem!

Heem will ich, suste nischt ock heem!
Du lieber Gott, su lang mer leben,
Mer kumm'n zer Ruhe nich hie uff der Welt.
Bei Dir irscht wer'n mer Ruhe finden,
Bei Dir ock droben ei dam Himmelszelt.
Du lieber, treuer Hergott, Du guder Voater Du,
Ach schenk mer, wenn ich starbe, bei Dir de ew'ge Ruh.
Hilf Du mer Voater, doast ich nischt verseeme:
Heem will ich, suste nischt ock heem!
Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Oktober 1903, S. 160

Bericht über einen Schüler-Ausflug der OG Lüben

Die Ortsgruppe Lüben des RGV hatte sich die Aufgabe gestellt, die nötigen Mittel zu beschaffen, um in diesem Jahre eine Schülerreise ins Riesengebirge in Ausführung zu bringen. Der Hauptverein gewährte für diesen Zweck eine außerordentliche Beihilfe, viele Mitglieder der hiesigen Ortsgruppe folgten diesem Beispiele, und so konnten denn 10 Knaben (es waren aus allen Klassen hiesiger Schulanstalten die fleißigsten ausgewählt worden) unter Zutritt von 5 anderen, die auf eigene Kosten lebten, die Reise am 13. August beginnen. Die kleine Reisegesellschaft, ausgerüstet mit Bergstöcken, Rucksäcken etc., wurde von Herrn Lehrer Wolf, dessen Heimat das Riesengebirge ist, geführt. Es war eine Lust zu sehen, wie die Reisenden mit glückstrahlenden Augen unter dem Gesange des Liedes: "Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt", ihren auf dem Bahnhofe weilenden Eltern ein "Lebewohl" zuwinkten. Die Bahn führte sie über Liegnitz, Goldberg, Schönau und Hirschberg. Überall gabs etwas zu sehen, und der Führer ließ es sich angelegen sein, die Wißbegierde der kleinen Reisenden zu stillen. Hjier ein prächtiges Getreidefeld, dort ein mit Früchten schwer behangener Obstbaum, da ein schön bewaldeter Berg und daneben ein prächtiges Schloß. Großes Interesse erweckten die Kalköfen bei Kauffung, die Förderung der gewonnenen Kalksteine usw. Das Katzbachgebirge war ganz in Nebel eingehüllt, die einzelnen Bergkuppen wurden nur zeitweise sichtbar. Zwischen Schönau und Merzdorf regnete es gewaltig, auf die Stimmung der Reisenden hatte dies aber keinen Einfluß, ein Lied nach dem anderen wurde aus ihren Turner-Liederbüchern gesungen. Endlich wieder blauer Himmel! Die oftmalige Überschreitung des Bobers erweckte Freude. Das Bolzenschloß wurde sichtbar, und die Fahrt durch den Tunnel bei Jannowitz gab Veranlassung zu ungeheurem Jubel. Nun zeigte sich das Riesengebirge in wunderbarer Klarheit; da gabs ein Fragen hin und her, jeder wollte etwas wissen. So wurde Hirschberg erreicht, und bald führte "die Elektrische" die Reisenden nach Warmbrunn. Bis dahin hatten die von Muttern erhaltenen Stullen vorgereicht, nunmehr mußte der Reisemarschall auch für die leibliche Befriedigung Sorge tragen. Nachdem dies geschehen, wurde der von Kranken und Gesunden stark besuchte Badeort eingehend besichtigt. Große Freude erweckte das Zusammentreffen mit dem "Alten Lübener Kämmerer" in den Warmbrunner Kuranlagen. Die Rücksäcke wurden aufgeschnallt, die Reisestöcke in die Hand genommen und die Wanderun begann. Es ging über Hermsdorf nach dem Kynast. Hier bekamen die Reisenden schon einen Vorgeschmack des Bergsteigens. Die alte Ritterburg erregte Verwunderung; im Geiste schauten sie in der Burgküche den spießdrehenden Wolf und blickten mit Schauern in das Burgverlies. Die Besteigung der Bismarckhöhe ist nicht leicht, und man sah schon, wie einzelne Knaben stetig zurückblieben, denen das Steigen etwas Schwierigkeiten machte. Endlich abends ½ 9 Uhr gelangte man in Petersdorf an. Hier wurde schnell das Nachtlager aufgesucht. Am 2. Reisetag wurde schon früh 5 Uhr geweckt; denn es galt, mit dem ersten Zuge auf der großartig angelegten "Zackenbahn" nach Schreiberhau zu fahren. Der Glasbereitung wurde eine längere Zeit gewidmet, dann gings durch die Zackelklamm zum Zackenfall, über die Neue schlesische Baude, bei den Quark- und Sausteinen vorüber nach den Schneegruben. Wie erstaunten die kleinen Reisenden über die gewaltigen Felsmassen, die vulkanische Kräfte hier aufgetürmt. Am liebsten hätten einzelne gewandte Turner einen Abstieg in die zerklüfteten Gruben unternommen, um sich von der Echtheit es noch ort lagernden Schnees zu überzeugen. Die Portion Rindsbraten mit einer Kartoffel, die in der Elbfallbaude eingenommen wurde, erschien allen zu klein und vermochte dem starken Appetit nicht zu genügen. Herrlich war der Abstieg durch den prächtigen Elbgrund. Mit heimlicher Scheu wurde den dort die Elbe eindeichenden Strafgefangenen und den sie scharf bewachenden österreichischen Aufsichtsbeamten zugeschaut. So war der 2. Reisetag beendet. Ein recht gutes Quartier fand die Gesellschaft im Hotel zur Wilhelmshöhe in Spindelmühle. Der 3. Tag brachte den Wanderern die Glanzpunkte des Riesengebirges zu Gesicht: das Weißwassertal und die Schneekoppe, verlangte aber auch die größte Anstrengung. Hoffmannstropfen mußten zuweilen die erschlaffenden Kräfte neu beleben. Nicht minder wirksam erwiesen sich auch die durch einen der jugendlichen Reisenden sehr getreu nachgeahmten Töne eines Automobils, die stets mit dem Ausruf "Ein Auto kommt" begleitet wurden. Eine wahre Völkerwanderung konnte man an diesen Tagen auf dem Gebirge beobachten; die Bauden waren so überfüllt, daß zuweilen kein Platz zu finden war. So ging es den Reisenden auf der Schneekoppe, sie mußten sich mit einer Wanderung durch die Speisesäle der preußischen und österreichischen Baude genügen lassen. Dafür aber war die Aussicht von diesem höchten Punkte Norddeutschlands entzückend schön und für die leibliche Stärkung sorgte nach erfolgtem Abstieg in reichlichem Maße die freundliche Wirtin der Riesenbaude. Überall, wo die jugendliche Reisegesellschaft sich blicken ließ, erwachte die Neugier der anderen Gebirgsbesucher. Jedermann freute sich über ihr bescheidenes und gesittetes Verhalten und erwiderte gern ihre freundlichen Grüße. Viel Lobsprüche wurden auch der Ortsgruppe Lüben zuteil, die solches Unternehmen zur Ausführung gebracht. Nach mehrstündiger Rast in der Riesenbaude ging es fort über die Koppenwiese zu den Teichen und der Prinz-Heinrich-Baude, am Donatdenkmal vorüber zur Schlingelbaude, um endlich im "Deutschen Kaiser" zu Brückenberg Quartier zu finden. Der Abend bot noch genügend Zeit, dem einfachen, aber hochinteressanten evangelischen Kirchlein, das König Friedrich Wilhelm IV. hier aufbauen ließ, einen Besuch abzustatten. Am 4. und letzten Reisetage wurde noch die St. Anna-Kapelle und das prächtig gelegene Dörfchen Hain mit seinem Wasserfall besucht, dann ging es über Giersdorf nach Warmbrunn. Die jungen Reisenden hatten tüchtig marschieren müssen, hatten auch viel, ja sehr viel gesehen, jetzt trat das Bedürfnis nach Ruhe ein. Viele Postkarten hatten den Eltern und Freunden Kunde von ihren Erlebnissen gegeben, die letzte aber hatte gemeldet, daß ihre Ankunft Donnerstag, abend ½ 11 Uhr zu erwarten sei.

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Mai 1906, S. 78

Das Faschingsvergnügen der Ortsgruppe Lüben
Wilke: Ortsgruppe Lüben
(Lehrer Oskar Hinke kam erst 1907 an die Volksschule nach Lüben. Der Name Wilke taucht in meiner Einwohnerliste Lüben nicht auf. Vielleicht der Barschauer Müller Wilke?)

Einen prächtigen Verlauf nahm das in den Räumen des "Schießhauses" veranstaltete Faschingsvergnügen der hiesigen Ortsgruppe des RGV, welches sogar von einem "hohen Gast" besucht war, nämlich vom Berggeiste Rübezahl in höchst eigener Person, der in malerischer Stellung schlafend auf einem von ruhenden Zwergen umgebenen Berge saß, doch von den letzteren durch liebreiche Püffe und frohen Gesang geweckt wurde, um darauf eine sehr poetische Ansprache an die Ortsgruppe Lüben zu halten. Erwähnen müssen wir jedoch hierbei, daß sich der Berggeist von einem mit dichterischer Ader begabten Mitglied des RGV die Worte zu seiner Begrüßung lieh. Der Prolog stammt nämlich aus der Feder des Herrn Rendant Anders hierselbst, und Herr Lehrer Zingel brachte ihn als Rübezahl sehr ausdrucksvoll zum Vortrag. Nach einigen Musikstücken gelangte dann der Schwank von Moser und Lehnhard "Im Riesengebirge" zur Aufführung. Das an Humor und drolligen Szenen reiche Stück erfuhr eine treffliche Wiedergabe. Recht gut gefielen Frl. Panier als Grete, des Baudenbesitzers Töchterlein, Frl. Müller als Frau Postsekretär Fröhlich und Frau Hecht als Frau Pieseke. Aber auch die Rollen der Herren waren in guten Händen; so spielten z. B. Herr Haerttwig den Baudenwirt Böhmer, Herr Wilke den Postsekretär Fröhlich, Herr Hecht den ulkigen Berliner Rentier Pieseke und Herr Richard den Hans, Führer im Gebirge, ausgezeichnet. Das Spiel ließ Dilettantenhaftes durchaus nicht erkennen, die Gesangseinlagen des Frl. Panier sowie der Herren Richard und Hecht gefielen sehr gut, und da auch die Regie nichts außer acht gelassen hatte, war der Eindruck ein überaus guter. Auch die Ausstattung der Bühne entsprach weitgehenden Wünschen, sodaß der reichlich gespendete Beifall ein voll berechtigter war. Ein Tanzkränzchen, im Laufe dessen Herr Gerhard Anders einige Kuplets zum besten gab, und das eine hübsche Polonaise und einen abwechslungsvollen Kotillon bot, beendigte das wohlgelungene Fest, das die Teilnehmer bis zu recht vorgerückter Stunde in fröhlichstem harmonischen Beisammensein vereinte. Als man sich doch endlich trennen mußte, schied jeder mit dem Bewußtsein, es sei ein hübscher, unterhaltungsreicher Abend im RGV gewesen, für welchen namentlich auch dem Vorsitzenden, Herrn Lehrer Wolf, Dank zu sagen ist.

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Februar 1907, S. 31

Familienabend der Ortsgruppe Lüben

Im November 1906 veranstaltete die hiesige Ortsgruppe einen Familienabend, der sich eines sehr guten Besuchs erfreute und in seinen Veranstaltungen vortrefflich gelang, sodaß er dem Verein viel neue Freunde erworben hat. Seit vorigem Jahre scheint es überhaupt, als hätte Rübezahl hier ein neues Wunder getan und hätte Dornröschen aus langjährigem Schlummer geweckt; eine freudige Begeisterung für den RGV ist eingezogen und erfüllt nicht nur die Herren vom Vorstande,sondern auch weitere Kreise der Vereinsmitglieder mit regem Eifer, so daß man bereitwillig mit seiner Kraft eintritt, um der guten Sache des Herrn der Berge im allgemeinen, wie auch dem Freund und Bruder zu dienen, ihm und sich selbst Freude zu schaffen. Die rechte, gesunde Lebenslust ist obenauf, der Krämergeist verpönt. - Eröffnet wurde der Abend nach einigen Musikstücken durch ein kleines Vorspiel, das ein hiesiges Vereinsmitglied verfaßt hatte. Es versetzte die Zuschauer in eine beliebte Sammelstelle in unserem Stadtforste, an die "Herrentische". Befreundete Stammgäste und Sangesbrüder aus der Stadt finden sich hier unverhofft in großer Zahl zusammen und feiern im grünen Holz den schönen Nachmittag mit Sang und Klang und heiterem Gespräch. Flott und ungezwungen spielte sich das alles ab und belustigte die Zuhörer durch den urwüchsigen Humor. Daran reihten sich zwei kleine Lust- und Liederspiele: "Versalzen" von G. v. Moser und "Seine Dritte" von E. Pohl. Die Darsteller, Männlein und Fräulein, übrigens meist erprobte Kräfte aus den Eingeborenen, gaben ihr Beste in frischem Zusammenspiel. Offenbar waren sie selbst mit voller Seele dabei. Man wurde durch sehr ansprechende, natürliche und auch gut geschulte Stimmittel überrascht, und die Komik der Situation löste oft die herzlichste Heiterkeit aus. Die Opfer, welche die Mitwirkenden gebracht, wurde, abgesehen von den Freuden, die das "Bretterwerk" an sich schon so mit sich bringt, durch reichen Beifall gelohnt, und alles mochte angesichts des Gebotenen gern einstimmen in den wiederholten Ausruf des Trägers der Hauptrolle "Es ist enorm!". Ein fröhliches Tänzchen hielt die junge Welt und deren Angehörige noch bis in die frühen Morgenstunden vereint. Wilke
Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Juni 1908, S. 94

Baudenfest der Ortsgruppe Lüben des RGV

Wenn ein Fest bei allen Teilnehmern aufrichtigste Befriedigung hervorgerufen hat, so darf dies von dem am vergangenen Sonnabend im "Schießhause" veranstalteten Baudenfest unseres Riesengebirgsvereins gesagt werden. Ein ungekünsteltes und ungezwungenes Beisammensein, wie es sich für unsere Gebirgstouren ergibt, war das Stichwort für Ausschmückung und Kleidung. Die feschen Gebirgshüte, die am Eingang sowohl Männlein wie Weiblein erhielten, kleideten männiglich recht hübsch und gaben dem Ganzen gleich den richtigen Anstrich, sodaß von vornherein eine gute Stimmung herrschte. Eröffnet wurde das eigentliche Fest durch einen von Herrn Kantor Matzker gedichteten Prolog, der durch Frl. Jeschke gesprochen wurde.

Dem Prolog folgte das einaktige Rittersche Lustspiel "Inkognito", welches von den Damen Frl. Jeschke, Frl. Liebich und Frl. Wolf sowie den Herren Albrecht, Böhm, Härttwig und Wilke in flottester Weise gegeben wurde. Die nächsten Vorträge verrieten uns ein vielversprechendes musikalisches Kompositionstalent. Ließen de beiden Lenauschen Schilflieder, die von Herrn Eberhard Anders gesungen waren, eine innige Gefühlstiefe erkennen, so war es in seiner nächsten zum Vortrag gebrachten Komposition: "Die rote Triglavrose" aus "Zlatorog" von Rudolf Baumbach das dramatische Feuer, das uns gleich zu Anfang wirklich überraschte. Einen ernsten Gedichtvortrag spendete Frl. Jeschke, und Frl. Raschke erfreute durch ein heiteres Lied. Eine angenehme Unterbrechung erfuhren die Darbietungen durch den äußerst gelungenen Vortrag zweier Bänkelsängerinnen (Frau Justizrat Floris und Frau Kaufmann Uhlich). So war auf dem Baudenfeste alles in frohester Laune, die die ganze Nacht anhielt. Dem Vergnügungsdirektor, der das ganze Fest geleitet hatte, gebührt der größte Dank aller Festteilnehmer.

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Oktober 1911, S. 156

Schülerreise der OG Lüben

Unter Leitung des Herrn Lehrer Baumgärtner (Lüben) sandte der hiesige RGV 11 Schüler der Oberklassen der hiesigen Volksschulen vom 5.-7. Juli ins Riesengebirge. 2 Schüler hatten sich auf eigene Kosten angeschlossen. Von vornherein sei hervorgehoben, daß die Reisenden eine wißbegierige Schar bildeten, die hohes Interesse für das sich ihnen Darbietende zeigte. Das bekundeten die vielen Fragen, die sie an den Leiter stellten. Schon die Eisenbahnfahrt über Liegnitz, Jauer, Bolkenhain, Merzdorf nach Hirschberg bot eine Menge Stoff zur Erweiterung des Gesichtskreises der Schüler, z. B. der Eisenbahnwagen, der Zug, Schienengleise, Brücken, Tunnel und vor allem das, was sich durchs Fenster den erstaunten Blicken darbot. Die Begeisterung wuchs, als in Hirschberg der Zug verlassen wurde. Auf einem Rundgange durch die Stadt erregte das Profil des Riesengebirges auf dem Kavalierberg, die Laubengänge des Ringes, vor allem die Gnadenkirche mit ihren Kunstschätzen und dem Sprachgewölbe die Aufmerksamkeit der Schüler. Die elektrische Straßenbahn führte die Teilnehmer der Fahrt nach einer kurzen Mittagspause in Warmbrunn an den Kynast. Jetzt begannen die ersten Steigeversuche, die so gut ausfielen, daß dem Leiter für die Fortsetzung der Reise die kühnsten Hoffnungen erwuchsen. Dank dem weitesten Entgegenkommen des Wirtes der Burg war es möglich, Burg und Turm zu besichtigen. Noch lange wurden die Scherze des Burgführers belacht. Durch den Höllengrund gings nach Agnetendorf. Fast andächtig standen die Jungen auf der Höhe des vorgenannten Ortes; fanden sie doch die Gegend als beste Illustration zu "Schäfers Sonntagslied". Der Aufstieg nach der Bismarckhöhe war eine ganz hübsche körperliche Leistung, die aber gut belohnt wurde, da man oben angelangt, den Kamm mit der Schneegrubenbaude in der Mitte in plastischer Schärfe erblickte. Nach kurzer Rast führte der Weg die Schüler durch prächtigen Fichtenwald über die Wilhelmshöhe nach Petersdorf ins Nachtquartier, den "Gasthof zum Zacken". Nach einem kräftigen Imbiß wurde ein Gang durchs Dorf bis zur Einmündung des kleinen in den großen Zacken unternommen. Die Moltkehöhe mit dem Bahnhof Niederschreiberhau erregte das Erstaunen der Kinder. Sie warfen auch einen Blick in eine Papier-(Zellulose-)Fabrik. Mit den vom RGV Grünberg gesendeten Schülern, die ebenfalls im "Gasthof zum Zacken" übernachteten, wurde, nachdem den freundlichen Wirtsleuten für die gute Verpflegung herzlich gedankt worden war, am nächsten Morgen nach Ober-Schreiberhau gefahren. Was gab es da zu sehen! Und nun erst die Josephinenhütte und Zackelklamm- und Fall! Der zum Kammaufstieg nötige Humor war reichlich vorhanden, so daß eigentlich überraschend schnell die Neue schlesische Baude erreicht war. Eine tüchtig belegte Schnitte und Kakao schmeckte vorzüglich und stärkte zur Wanderung nach der Elbquelle und dem Elbfalle Zur Vesperzeit wurde die Schneegrubenbaude erreicht. Nur auf kurze Zeit verhüllte Nebel das Tal, so daß gute Aussicht war. Als nach dem Kaffeetrinken weiter gewandert wurde, gabs nichts mehr zu sehen. Rübezahl belehrte die Reisenden, wie das Gebirge im Nebel aussieht. Ein fröhlicher Turnmarsch führte die kleine Schar an Peter- und Spindlerbaude vorbei nach der Prinz-Heinrich-Baude. Leider war von den Teichen auch nicht das Geringste zu sehen. Nach einer Erfrischung wurde die Wanderung fortgesetzt und um 7 Uhr die Wiesenbaude erreicht. In unglaublich kurzer Zeit war eben erst bestelltes Abendbrot auf dem Tische. Nach kurzem Verweilen im Gastzimmer der sanggewöhnten Baude wurde das Nachtlager aufgesucht. Um 7 Uhr am Morgen des dritten Tages ging die Wanderung über den Koppenplan nach der Schneekoppe. Das schönste Wetter begünstigte den steilen Aufstieg (Zickzackweg). Auch die Rundsicht von oben war äußerst lohnend. Der Abstieg über Hampel- und Schlingelbaude, Brückenberg (Kirche Wang) Krummhübel war bei dem herrlichen Sonnenschein reich an unzähligen Reizen. Über Goldberg und Liegnitz gelangten die kleinen Reisenden, ohne den geringsten Unfall gehabt zu haben, mit Gesang in Lüben an. Sie wurden vom Vorsitzenden des RGV, Herrn Lehrer a. D. Wolf, Herrn Rektor Dreßler und den Eltern empfangen. Dank sei an dieser Stelle allen Wirten des Gebirges, bei welchen eingekehrt wurde, gesagt. Sie hatten in entgegenkommender Weise die Preise oft bis auf die Hälfte der sonst üblichen reduziert, ohne die Qualität des Gebotenen zu vernachlässigen. Nur auf der Koppe gab es keine Ermäßigung. Der Bericht ist lang und doch viel zu kurz, um denen, die da meinen, auf Schülerreisen würden nur die Kilometer abgelaufen und man dürfe dafür keinen Pfennig übrig haben, einmal so recht die Wahrheit zu sagen. Wenn die Schüler der Reise recht ausgewählt worden sind, dann hat ein jeder nicht nur eine Reihe von Kenntnissen für sein ganzes Leben gewonnen, sondern man wird es ihm auch vom Gesicht ablesen können, daß er zum "frohen Wandersmann" geworden ist, der mit Eichendorff singt!

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Januar 1913, S. 12

Schülerreise der OG Lüben am 22./23. Juli 1913

Morgen marschieren wir, das war das Motiv, das in vielen Variationen wiederkehrend, die Stimmung der kleinen Gebirgsreisenden am Sonntag vor der Abfahrt kennzeichnete. Ach, wenn es doch schön bliebe! Montag früh 6 Uhr waren die Ausflügler, 19 Volks-schüler an der Zahl, am Bahnhof. Der Zug fährt ein. Noch einige elterliche Ermahnungen - lebt wohl! Abfahrt! Mützen- und Hüteschwenken! Wir richten uns häuslich ein, denn bis Jauer brauchen wir nicht umzusteigen. Rüstern ist vorüber. Drüben auf den Rehbergen erscheint das Denkmal der Schlacht bei Liegnitz. Dort stand der "Große König", den Österreichern ein "Loch in den Sack" reißend, in dem er gefangen werden sollte. Hier das sumpfige Bruch, vom Schwarzwasser durchflossen, hinderte den von Nordwesten kommenden Teil der Österreicher weiter vorzudringen. Dort an der Schwarzwasserbrücke hielten Husaren die Wacht gegen den Marschall Daun (den Zauderer), der trotz des vernehmbaren Kanonendonners doch wieder nach Süden abzog. - Plötzlich schleudern die Wagen, weil wir über die vielen Weichen der Station Liegnitz fahren. Eine Eigentümlichkeit des Bahnhofes sind die vielen Möwen. Sie haben ihre Brutstätte auf der Insel im Kunitzer See. Wir fahren über die Katzbach. Ach, ist die klein, man kann ja trocknen Fußes hindurchgehen. Doch wird sie furchtbar infolge längerer Regengüsse oder eines Wolkenbruches im Quellgebiet. Das mußten die Franzosen am 26. August 1813 erfahren. Fahrt wohl, ihr Franzosen, zur Ostsee hinab, und nehmt, ohne Hosen, den Walfisch zum Grab. Dort liegen die beiden Kirchtürme des Klosters Wahlstatt (jetzt Kadettenanstalt) (Mongolenschlacht - die Liegnitzer Retter Schlesiens.) Auf der Hochebene von dort bis an die Katzbach stand Blüchers Armee in der Schlacht an der Katzbach. - Jauer aussteigen! Abfahrt nach Bolkenhain. Da drüben liegen die Striegauer Berge, die Heimat mancher Granitplatte, manches Pflastersteines. Rechts der Zugrichtung sind die einzelnen Erhebungen des Bober-Katzbach-Gebirges zu sehen. Da die Bolkoburg, Burg Schweinhaus. Bolkenhain ist erreicht. Umsteigen! Viel zu langsam geht der neue Zug; denn durch den Riß des Nebels haben einige der kleinen Reisenden etwas vom Hochgebirge gesehen. Merzdorf! Aussteigen! Sind alle da?
1, 2, 3, 4... 19. Der Zug nach Hirschberg, in den wir einsteigen, ist wahrscheinlich überfüllt, wir müssen in verschiedene Wagenabteile einsteigen. Wohlgemerkt, in Hirschberg alle erst aussteigen! Der Zug rast mit Windeseile dahin. Immer wieder ist das Hochgebirge zu sehen. Dort hinaus müssen wir, so hoch? Ja, so hoch. Schwapp wirds finster. Der Rohrlacher Tunnel wird unter großem Hallo durchfahren. Endlich hält der Zug. - Hirschberg. - Gedrückt, geschoben und gehoben wird der Ausgang erreicht. Gebirgsstöcke und Ansichtspostkarten werden in einer Bude erstanden. Nun schnell einsteigen, zur letzten Fahrt nach Josephinenhütte. Links der Zugrichtung werden die Wagen besetzt. Ein großer Teil der Schüler mit ihrem Leiter bleiben auf der Plattform, die für den gefahrlosen Aufenthalt während der Fahrt besonders eingerichtet ist. Jetzt rücken wir dem Gebirge immer näher. Vorüber gehts an dem "Schwefelbad" Warmbrunn, und schon erblicken wir den in Geschichte und Sage genannten Kynast. Die berühmte Schleife hinter Petersdorf, durch die allein es möglich wurde, den in schwindelnder Höhe liegenden Bahnhof Nieder-Schreiberhau zu erreichen, wird durchfahren. Immer wieder erscheint Petersdorf und das liebliche Dörfchen Kiesewald. Wir genießen die herrlichen Durchblicke auf Mittel- und Ober-Schreiberhau und erreichen endlich das Ziel Josephinenhütte 11 Uhr 20 Minuten. Der Zug wird als unbrauchbar für die weitere Reise verlassen. Der übliche Gang durch die Glasbläserei und die Zackelklamm führt uns zum Zackelfall. Das Schauspiel der herabfallenden Wassermassen übt einen tiefen Eindruck auf die Kinder aus. Nach kurzer Rast in der Zackelfallbaude beginnt der Aufstieg. O, das ist ein böser Weg. Doch wird nach einigen Ruhepausen, die zu Ausblicken auf den sich immer deutlicher zeigenden Hochstein und das Tal benützt werden, die Neue Schlesische Baude erreicht. Sie ist wenig besucht. Ein Imbiß und ein Trunk laben nach den Mühen. Aber das Ziel ist noch weit und die Zeit nicht zu lang bemessen. Auf nach den Schneegruben. Rübezahl ist uns heute gewogen. Herrliche Aussicht ins Hirschberger Tal und darüber hinaus läßt uns die Anstrengungen des Marsches vergessen. Wie eine Trutzburg erscheint da die Schneegrubenbaude. Noch eine Viertelstunde und wir stehen am Rande der Schneegruben. Für Schülerreisen ist hier die erste gefährliche Stelle. Jeden lockt es, den Grubengrund zu sehen und nur das strikte Verbot des Leiters hindert ihn, bis an den Rand zu treten. Der Gehorsam überwindet die Neugier, und wir können alle fröhlich die Wanderung fortsetzen. Wir lassen unsere Äugelein um und um gehn. Zwischen Peter- und Spindlerbaude sehen wir im Böhmischen Spindelmühl liegen. Endlich hat uns der Weg zu dem Großen Teiche geführt. In der vornehmen Prinz-Heinrich-Baude halten wir Einkehr und trinken zu billigem Preise Kaffee. Die Jungen können aber den Weitermarsch kaum erwarten. Bald ist der Rucksack wieder an der für ihn bestimmten Stelle, und da der Nebel zieht, kommt auch der Wetterkragen zu seinem Rechte. Im Gänsemarsch, mit der strengsten Weisung, rechts des Weges zu gehen, bewegen wir uns, der Leiter am Schluß, an der zweiten gefährlichen Stelle, den Teichränder, entlang. Um ¾ 8 ist die voll besetzte Wiesenbaude erreicht. Da wir angemeldet sind, ist keine Not. Herr Bönsch, der rührige Besitzer, richtet für uns sein Wohnzimmer her. Kaum sitzen alle, so dampft auch schon die Suppe auf dem Tische, ein tüchtiger Teller Schmorbraten folgt. Alles mundet vortrefflich. Alles wird mit derselben Sorgfalt aufgetragen wie den übrigen Gästen. Das Nachtlager war für Schüler und Lehrer dasselbe, nämlich der Heuboden, nur daß letzterer 50 cm höher schlief. Gefroren haben wir aber nicht. Am Morgen gabs ein tadelloses Frühstück. Besonders hervorheben möchte ich, daß wir für Abendbrot, Nachtlager und Frühstück nur 1,35 M. bezahlten für die Person. Wer machts billiger? Mancher Junge hatte am Tage vorher Rübezahl, trotz des Hinweises auf die Tücken des Berggeistes, im Übermute geärgert, heute rächte er sich. Dichter Nebel hüllte den Koppenplan ein. Trotzdem ging es in den Wolken nach der Koppe. Nach kurzer Einkehr in der Preußischen Baude und einer kleinen Erläuterung dessen, was man in dieser und jener Richtung sehen konnte - wenn eben der Nebel nicht wäre, begann die "Talfahrt". Hampelbaude und Kleine Teichbaude war bald erreicht. Etwa 100 m hinter derselben wurde rechts des Weges gelagert. Da auf dem Kamme jeder Tropfen Wasser fehlte, sollte hier das erste Mal abgekocht werden. Die Probe darauf, Reisen von Volksschülern auf diese Weise zu verbilligen, ist tadellos ausgefallen. Jedesmal 4 Jungen hatten einen Spirituskocher, einen Blechlitertopf und eine kleine Flasche Spiritus zu tragen. Jeder hatte eben etwas. Das Wasser wurde schnell aus dem Abfluß des kleinen Teiches geschöpft, die Kochgeschirre waren inzwischen aufgestellt, und bald dampfte es in den 5 Töpfen. Es war ein interessantes Bild. Die Rucksäcke waren geöffnet. Der eine "säbelte" mit bekannter Kunstfertigkeit eine Schnitte ab, der andere versuchte, zerdrückte hartgekochte Eier zu schälen, mit Bedacht mühte sich ein dritter ab, etwas hart gewordenes Brot zwischen den Zähnen klein zu beißen, wieder andere bauten aus Bergstöcken und Wetterkragen ein Zelt usw. Vorübergehende Touristen hatten ihre Freude an den munteren "Wandervögeln". In den mitgebrachten Trinktöpfchen wurde Kakao und Zucker in Empfang genommen und bald schmauste alles. Jeder versicherte nachher, es hätte köstlich geschmeckt. Die noch mitgeführten Konserven kamen diesmal nicht zur Verwendung. - Das Lager wurde abgebrochen und mit Gesang ging es im Marschtempo nach Brückenberg und Krummhübel, von welchem Orte die Heimreise angetreten wurde. - Die Reise war billig. Teuer ist immer noch die Bahnfahrt. Ein Volksschüler, der ganz gern einmal auf dem Heuboden schläft, fährt auch sehr gern in der 4. Wagenklasse. Wäre es der Bahnverwaltung nicht möglich, in dieser Klasse Volksschüler zum halben Fahrpreise zu befördern? Dann könnten sie erst von einer Ermäßigung der Fahrt sprechen. Leider ist es bei uns immer noch nicht möglich gewesen, Mädchen zur Reise ins Gebirge zu gewinnen. Leiter der Schülerfahrt war wie im Vorjahr Lehrer Baumgärtner, Lüben.

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. März 1924, S. 174

Vorhaben für 1924 der OG Lüben

In der am 17. Januar abgehaltenen Monatsversammlung gab der Vorsitzende Dr. Anders einen Bericht über die am 13. Januar in Hirschberg stattgefundene außerordentliche Hauptversammlung, der mit Interesse entgegengenommen wurde. Die wichtige Frage des "Wanderer im Riesengebirge" ist nunmehr endgültig geregelt und in Zukunft wird jedes Mitglied denselben erhalten. Es ist das sehr zu begrüßen, weil die Verbandszeitschrift doch das eigentliche Bindeglied für alle Mitglieder darstellt, und weil der "Wanderer" in seiner neuen Form eine geradezu künstlerische Lektüre bietet. Für diesen Winter sind an Veranstaltungen geplant ein Herrenausflug über Agnetendorf nach Peterbaude am 26. Januar. Im Februar findet das Wintervergnügen in Form eines "Warmbrunner Tallsackmarktes" statt. Im März ist der von Herrn Beyer/Dresden in Hirschberg gehaltene Vortrag über die Dolomiten und die oberitalienischen Seen auch für unsere Ortsgruppe vorgesehen. Im Sommer will der Verein allmonatlich einen Ausflug in die nähere und weitere Umgebung von Lüben unternehmen, um das Interesse auch an der engeren Heimat zu erwecken. Zu diesem Zwecke ist auch die Herausgabe eines Führers durch die Lübener Landschaft geplant, der die schönsten Orte unserer Gegend in Wort und Bild bringen soll. Es wurde auch die Gründung einer Schneeschuhabteilung beschlossen und die Arbeiten hierfür einem sofort gegründeten Ausschuß übergeben. Auf Anregung von Bürgermeister Feige soll der Weg nach dem größten Findlingsstein Niederschlesiens, der in der Lübener Heide bei Rinnersdorf liegt und nicht so leicht zu finden ist, markiert werden. Durch Anmeldung neuer Mitglieder ist die Ortsgruppe pekuniär leistungsfähiger, um die gesteckten Vorhaben zur Ausführung bringen zu können, und sieht mit den größten Hoffnungen dem neuen Jahr entgegen. Bergheil! Dr. Anders

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Mai 1924, S. 205

Der Tallsackmarkt der OG Lüben

Wohl noch nie ist ein Jahrmarkt in Lüben so besucht gewesen, wie der vom RGV veranstaltete Tallsackmarkt am 9. Februar. Und jeder, der dabei gewesen ist, wird bestätigen müssen, daß es ein wirklicher Jahrmarkt gewesen ist. Es war merkwürdig, gleich von Anfang an herrschte die Stimmung, die zu einem Volksfest nötig ist. Eröffnet wurde der im "Grünen Baum" abgehaltene Markt von dem Warmbrunner Gemeindeschulzen (Dr. Anders), der die historische Bedeutung der Tallsackmärkte hervorhob. Seine Ausführungen gipfelten in dem Wunsch, daß die Bestrebungen des RGV, die Liebe zur engeren Heimat zu pflegen, immer mehr gehuldigt werden mögen. Mit einem kräftigen Hoch auf den RGV wurde das Signal zum Beginn des Jahrmarktes gegeben. Bald erfüllte ein farbenprächtiges Gewühl die gemütlichen Räume des "Grünen Baums". Alles, was zu einem regelrechten Jahrmarkt gehört, war vorhanden: Pasch-, Würfel-, Pfefferkuchenbuden, fliegende Händler, ein Raritätenkabinett und nicht zu vergessen eine richtiggehende Wahrsagerin. Bald war alles in bester Laune. Es folgten Darbietungen in bunter Reihenfolge. Zunächst Volks- und Bauerntänze, die von 8 jungen Damen außerordentlich natürlich und anmutig ausgeführt wurden. Ein Herrenduett (Herr Anders und Herr Gadebusch jun.) erfreute die Zuhörer mit zwei vom Gemeindeschulzen verfaßten Liedern, von denen das eine "Ist denn Lüben ein Verbrechen?" wahre Lachsalven hervorrief. Herr Schägner erfreute mit einigen schlesischen Dialektvorträgen und erwarb sich die Sympathie aller Zuhörer. Den Höhepunkt erreichte die Stimmung, als die "Tschenschern von Braunau" und die "Nielschen von Eisemost" (Frl. Scharf und Frl. Neumann) die Bretter betraten, um einen launigen Dialog (verfaßt von Dr. Anders) über Lübener Verhältnisse vorzutragen. Zum Schluß des offiziellen Teiles trat noch Herr Gadebusch jun. auf, der mit einer selbstgefertigten Jazzbandmusik ein wahres Gaudium auf der ganzen Linie hervorrief. Es braucht nicht gesagt zu werden, daß die im Gerichtskretscham aufgestellte Likörstube "zum Habmichlieb" recht guten Besuch aufwies, woselbst nach den Klängen einer Zither fleißig dem Tanz gehuldigt wurde. Herr Studiendirektor Tscharntke ließ es sich nicht nehmen, im Namen aller Anwesenden dem Vorsitzenden, Herrn Dr. Anders, für die viele Mühe zu danken, mit der er das Fest hergerichtet hatte und erbat als besondere Ehrung einen Extratanz für ihn und seine Gattin, der auch flott unter lebhaftem Händeklatschen der Jahrmarktgemeinde vor sich ging. So enteilten die Stunden im Fluge und allzuschnell nahte das Ende, obwohl es recht früh war, als man sich trennte. Möge jeder Teilnehmer den Eindruck mit nach Hause genommen haben, daß es ein Abend voll schlesischer Gemütlichkeit gewesen ist, und möge der RGV neue Freunde und Gönner gefunden haben. Hinke

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Mai 1925, S. 105

Jahresbericht 1924 der OG Lüben

Die Ortsgruppe hielt im verflossenen Vereinsjahr fünf Monatsversammlungen ab und unternahm fünf Ausflüge: am 27. und 28. Januar ins Riesengebirge, am 28. Mai zum erratischen Block nach Rinnersdorf, am 25. Juni Herrenausflug nach Ossig, an Peter-Paul nach dem Probsthainer Spitzberg, am 13. und 14. September über Schmiedeberg, die Grenzbauden zur Koppe. Am 9. Februar veranstaltete die Ortsgruppe das Wintervergnügen in Form eines Warmbrunner Tallsackmarktes. Am 26. März hielt der Vorsitzende des Landesvereins Dresden, Herr Oskar Beyer, einen Lichtbildervortrag über die bayerischen Alpen und oberitalienischen Seen, der stark besucht war. Am 18. Dezember wurde eine Herren-Weihnachtskneipe mit Verlosung abgehalten und von dem Ertrag der Lotterie dem zum Ehrenmitglied ernannten Geheimen Sanitätsrat
Dr. Baer (Hirschberg), der aus Lüben stammt, ein Weihnachtsgeschenk in Form eines gefüllten Korbes übersandt, wofür er den den Akten beigefügten Dankesbrief sandte. Eine fidele Kneipzeitung, verfaßt vom Vorsitzenden
Dr. Anders, brachte frohe Stimmung unter die Mitglieder. Im Mai wurde die Markierung zum erratischen Block in Rinnersdorf, dem zweitgrößten Niederschlesiens, von zwei Mitgliedern ausgeführt, der seitdem viel besucht wird.
Bei der 44. Hauptversammlung am 14. und 15. Juni in Schmiedeberg war die Ortsgruppe durch den Vorsitzenden und Schriftführer vertreten. Leider werden die vom Vorsitzenden gezeichneten und in der Kühnschen Druckerei hergestellten RGV-Postkarten unserer Ortsgruppe wenig gekauft, wie auch der Absatz der Touristenkarte des Riesengebirges und der photographischen Aufnahmen vom Spitzbergausflug ein geringer ist. Die vom Geheimen Sanitätsrat Dr. Baer verfaßte Gedichtsammlung ist von Mitgliedern viel gekauft worden und vom Kassierer noch zu beziehen. In die in Umlauf gesetzte Liste zum Ankauf von Schneeschuhen haben sich nur wenige Mitglieder eingezeichnet, wohl weil das Interesse für diesen Sport infolge des Schneemangels noch nicht recht geweckt ist. Der für dieses Jahr geplante Führer von Lübens Umgebung mußte des Druckes der Lübener Chronik wegen auf das Jahr 1925 verschoben werden, soll aber im Frühjahr dieses Jahres erscheinen. Für den Jahresbeitrag von 5 M haben alle Mitglieder den jetzt so schön ausgestatteten "Wanderer" erhalten. Die Mitgliederzahl ist von 86 auf 117 gestiegen, ein Zeichen, welcher Beliebtheit sich die Ortsgruppe erfreut. So kann das verflossene Vereinsjahr 1924 als ein recht arbeitsames für die Ortsgruppe bezeichnet werden. Möge der Verein auch im neuen Jahre Wanderlust und Freude an unserer engeren Heimat durch seine Arbeit und Veranstaltungen schaffen. Hinke

Der Wanderer im Riesengebirge

Der Wanderer im Riesengebirge
1. Februar 1926, S. 32

Jahresbericht 1925 der OG Lüben

Die Ortsgruppe hielt am 11. Januar ihre Haupt-versammlung ab. Aus dem Jahresbericht sei folgendes hervorgehoben: Acht Monatsversammlungen, vier Ausflüge und zwei Vorträge wurden veranstaltet.
Bei der 45. Hauptversammlung in Glogau war die Ortsgruppe durch zwei Mitglieder vertreten. Zur Erschließung unserer schönen Heidegegend wurden
an drei günstig gelegenen Punkten Eichenbänke aufgestellt. Zu einer Schülerreise, die der Schriftführer mit 35 Schülern ins Vorgebirge unternahm, gab die Ortsgruppe einen beträchtlichen Zuschuß. Das Wintervergnügen wurde am 14. Februar in Form einer schlesischen Durfhuxt [Dorfhochzeit] abgehalten. Die Mitgliederzahl ist auf 120 gestiegen; durch Tod verloren wir zwei Mitglieder. Für den Mitgliedsbeitrag von 5 Mk. jährlich wird jedem Mitglied durch die Post die Zeitschrift "Der Wanderer" zugestellt, der monatlich mit Interesse und Spannung erwartet wird. Die runden RGV-Mitgliedsabzeichen sind eingeführt. Am 24. Oktober beging die Ortsgruppe ihr 40. Stiftungsfest durch einen Kommers, der von 60 Mitgliedern besucht war.

Das diesjährige Wintervergnügen soll am 20. Februar als "Kutscher- und Gesindeball in Spindelmühl" im "Grünen Baum" abgehalten werden. Die Gründung einer Ortsgruppe Polkwitz wird in Aussicht genommen und ebenso die Herausgabe des Führers durch die Lübener Umgebung. Im März wird ein auswärtiger Redner anhand reichen Urnenmaterials einen Vortrag über die "Besiedlung Schlesiens" halten. Bezüglich Erneuerung der gestohlenen Bronzeplatte am Findlingsstein im Schillerpark und der schon einmal eingereichten Eingabe um Umbenennung des "Ringes" in "Markt" wird an die Stadtverwaltung herangetreten werden. Bei der Erörterung über den Turmbau im Koslitzer Revier gibt ein Mitglied nähere Ausführungen über den geschmackvoll aufgeführten Aussichtsturm auf der Weißkoppe bei Eisersdorf im Kreise Habelschwerdt, und sollen von dort nähere Auskünfte eingeholt werden. Das neue Heimatbuch des Kreises Löwenberg lag zur Ansicht aus.

Möge die Ortsgruppe auch weiterhin die Ziele des RGV, Erschließung der Naturschönheiten der engeren Heimat und Wanderung in unsere schöne Gebirgsgegend in Wort und Tat verfolgen. In diesem Sinne "Bergheil" für weitere Fahrt im neuen Jahrzehnt! Hinke



Wenige Jahre noch konnte der Verein selbständig agieren. 1933 wurde er "gleichgeschaltet" und dem "Führerprinzip" unterworfen.    "Berg heil!" und "Ski heil!" wichen dem "Anführer heil"...

Die Zeitschrift erhielt ein neues Layout und informierte im April 1934 die Mitglieder des nunmehr an den "Reichsverband deutscher Gebirgs- und Wandervereine" angeschlossenen Riesengebirgs-verein über Forderungen, Aufgaben, Pflichten und die Verwendung der Bezeichnung "Der Führer", die "lediglich Adolf Hitler" vorbehalten sei (s. rechts).

Von der Ortsgruppe Lüben erscheinen von da an keine Berichte mehr. In den Jahren 1934-1936 wurden Studienrat Fiedler, Rentier Andersohn und Dr. med. Hübner mit der silbernen Ehrennadel des RGV ausgezeichnet. Danach ist auch damit Schluss.